Fotografie: Endlich oben! Die Magie der Alpenpässe
Jeder Alpenpass ist ein magischer Ort, mancher eine Herausforderung. Fotograf Berthold Steinhilber und Alpenkenner Eugen E. Hüsler widmen den Hochwegen einen Fotoband.
Irgendwann muss er kommen, nach all den Serpentinen, irrwitzigen Anstiegen, Panoramen und lauernden Abgründen hinter der Leitplanke: der Pass. Geografischer Höhepunkt und Sehnsuchtsort jeder Alpenreise. Endlich sind wir oben! Ob noch Schnee liegt? Und wie weit man wohl sieht? Bis ins nächste Tal – oder vielleicht bis zum Gletscher?
Und während der Autotourist schon Parkplatz und Gasthof ansteuert, heben überhitzte Radler noch die klammen Beine von ihren Rennmaschinen und schnaufen erst mal durch: 900 Höhenmeter am Stück, der Wahnsinn – doch die nächste Tour ist schon geplant. Über den Col du Galibier – wie bei der Tour de France. Aber jetzt Bier und Kaiserschmarrn – und vorher noch ein Panoramafoto.
Magische Orte von Autobahn bis Schotterweg
Alpenpässe sind mehr als Straßen und Pfade: Sie sind magische Orte, uralte Verbindungen von Tal zu Tal. Mehr als 200 der spektakulären Hochwege gibt es in den Alpen. Ihnen haben der Landschaftsfotograf Berthold Steinhilber und Eugen Eduard Hüsler, einer der besten Kenner der Alpen, einen großartigen Bildband gewidmet. Darin finden sich bekannte Namen wie Brenner, Gotthardt oder Reschenpass, deren Geschichte von der Römerzeit bis zu mehrspurigen Autobahnen und Bahntrassen reicht. Aber auch schmale Pfade und Schotterwege, die bis heute Dörfer, Mensch und Tier mit dem Rest der Welt verbinden – und ansonsten Wanderern und Mountainbikern vorbehalten bleiben.
Die Geschichte der Alpenpässe reicht Jahrtausende zurück: Felszeichnungen belegen, dass schon vor 3000 Jahren Esel und andere Tragtiere Lasten über den Splügenpass schleppten, wo Graubünden die Lombardei Italiens berührt. Später befestigten die baufreudigen Römer ein Netz von Routen wie den Reschen- oder Julierpass, damit auch Karren diese Wege nehmen konnten.
Welchen Alpenpass wählte Hannibal?
Passwege bahnten Schafherden und Heerscharen den Weg. Noch immer ringen Historiker darum, wo Hannibal mit Tausenden Soldaten und mehr als 30 Elefanten die Westalpen überstieg, um der Attacke der Römer zuvorzukommen: War es am Col du Mont Cenis, am Col de Clapier oder am Col de la Traversette? Sicher ist dagegen, dass fast die gesamte Alpenwirtschaft bis heute an den Pässen hängt: Südtiroler Bauern treiben ihre Schafe und Ziegen wie seit Jahrhunderten vom Vinschgau über die Berge auf die saftigeren Ötztaler Almen. Und in jedem schneereichen Winter hoffen Hoteliers in Lech, Zürs und Sankt Anton darauf, dass die Passstraßen möglichst lange befahrbar bleiben.
Denn am Pass trifft der Mensch hart auf die Kräfte der Natur: Zum Schutz vor Schnee, Lawinen, Erdrutsch und Steinschlag verlaufen viele Routen inzwischen teils als Tunnel tief im Berg oder als massiv überdachte "Galerien" an den Hängen. Auch das ist Teil der Alpenpass-Geschichte: Das Bezwingen der Berge fordert Ingenieurskunst und Bauwut immer wieder heraus und verwandelte – oder verschandelte – die Gipfelidylle an vielen Stellen in eine Ödnis aus Beton und Asphalt.