"Einen schönen Abend, drei Punkte und viel Bier"
50 Jahre alt wird unser neuer Sportchef aka "Head of Sports", Rouven Schröder, am Samstag. Nur wenige Stunden nach dem Auswärtsspiel bei Union Berlin. Es könnte ein sorgenvoller "runder" Geburtstag für den Sauerländer werden. Oder Schröder feiert den perfekten Einstand in ein schwieriges Unterfangen. Einstellung. Auswärtssieg. Party - und das nicht "nur" wegen seines Geburtstags. Jeder Borusse auf der Welt sehnt sich nach einem Ende der Durststrecke, die längst historisch ist - und mit Ansage herbeigeführt wurde. Von einem Verein, der in jeder Hinsicht erst spät den Ernst der Lage erkennt und bräsiges Wirken zuletzt zu einer Art neuen Vereins-DNA hat wirken lassen. Hoffen wir, dass die Änderungen auf Trainer- und Sportchef-Position nicht zu spät kommen.
Was macht Hoffnung? Zuallererst der letzte Auftritt vor der Länderspielpause. Trainer Eugen Polanski hat erfolgreich die Grundtugenden einer Bundesliga-Mannschaft aus jedem einzelnen Spieler herausgekitzelt. Gegen den SC Freiburg erarbeitete sich Borussia verdient ein Unentschieden. Es kann nur über Stabilität gehen. Diesem Mantra scheint sich auch der neue Trainer verpflichtet zu fühlen. Und ist genau deshalb in dieser Situation der Richtige. Stand jetzt, um die beliebteste Sportdirektoren-Phrase zum Besten zu geben. Denn auch Polanski braucht den ersten Sieg lieber früher als später. Und nächste Woche ist gegen mal wieder übermächtige Bayern keiner zu erwarten.
Auf der Verletztenseite gibt es vor dem Spiel in Berlin-Köpenick noch keine Entwarnung zu vermelden. Immerhin hat sich das Lazarett vor dem Spiel an der Alten Försterei aber ein bisschen gelichtet. Franck Honorat (ganz sicher) und Giovanni Reyna (wahrscheinlich auch) werden zumindest wieder zum Kader gehören. Während Borussia bei Reyna auf eine langsame Eingliederung in den Spielbetrieb setzt (aus Gründen), dürfte Honorat in jedem Fall Minuten bekommen.
Die Chance auf seinen zweiten Bundesliga-Einsatz hat auch Jan Urbich. Der U23-Stürmer könnte, wenn Polanski ganz mutig ist, sogar in der Startelf stehen. Mit dem Ball am Fuß wirkte der Ex-Offenbacher im Spiel gegen Freiburg leichtfüßiger als der kopfballfixierte Haris Tabakovic. Ohne Honorat in der Startelf sahen die Flanken zuletzt meist mau aus - egal, ob von Joe Scally, Luca Netz, Rocco Reitz oder Lukas Ullrich. Warum also nicht Urbich von Anfang an ins Spiel werfen? Viel falsch machen kann der 21-Jährige nicht - und Tabakovic könnte im Zusammenspiel mit Franck Honorat (nach einem Doppelwechsel) Mitte der zweiten Halbzeit die Brechstange auspacken, sollte Borussia knapp hinten liegen oder es Remis stehen.
Viele andere offene Fragen gibt es in Sachen Aufstellung nicht. Hinten links stellt sich Polanski die Frage nach dem passenden Berliner: Lukas Ullrich oder bekommt wieder Luca Netz das Startelfmandat? Ansonsten stellt sich die Viererkette vor Schlussmann Moritz Nicolas von selbst auf. Erfreulich, dass Neu-Sportchef Schröder die fehlende Quantität in der Abwehrkette schon auf seiner Ernennungs-PK am Donnerstag kritisch erwähnt hat. Kaum auszumalen, wie die Situation aussähe, wenn sich in der Abwehr so viele Spieler verletzen würden wie in der Offensive?
Kommen wir jetzt zu denen, die für Tore sorgen sollen (außer wir bekommen einen Elfmeter und Diks darf verwandeln oder Elvedi nach einer hoffentlich endlich mal wieder vernünftigen Ecke einköpfen): Sollte Honorat nicht blitzartig von der Krankenstation in die Startelf rutschen, dürfte sich auch das Mittelfeld von selbst aufstellen. Rocco Reitz wird vermutlich wieder nach Außen rutschen und für das Sechser-Duo Yannik Engelhardt/Philipp Sander den Weg frei machen. Jens Castrop dürfte es Reitz gleich tun und ebenfalls wieder Außen spielen. Hat er weniger Jetlag als Gladbachs legendär-herausragender Freistoßkönig Juan Arango nach Venezuela-Länderspielreisen, dürfte Polanski am neuen südkoreanischen Nationalspieler nicht vorbeikommen.
Neben bzw. knapp hinter Tabakovic/Urbich muss höchstwahrscheinlich Florian Neuhaus für die spielerischen Akzente in vorderster Front sorgen. In einem Spiel gegen die Union-Zerstörer ist das die nächste, wahrscheinlich viel kompliziertere Bewährungsprobe für den Ex-Malle-Urlauber. Hoffnung machen die verbesserten Trainingsleistungen und sein ordentlicher Auftritt gegen Freiburg.
Bleibt zu hoffen, dass Borussia in Berlin nicht wieder in alte Muster verfällt. Wie so oft in der jüngeren und etwas älteren Vergangenheit nach einem passablen Spiel in der Vorwoche. Idealerweise geht Polanskis Wunsch in Erfüllung, den Fans "einen schönen Abend mit drei Punkten und viel Bier" zu bieten. Das Geburtstagsbier zum 50. schmeckt Schröder dann garantiert auch besser.
Die Tipps der SEITENWAHL-Redaktion:
Michael Heinen: Der Schröder-Effekt bleibt leider aus. Borussia verliert in Berlin unglücklich mit 0:1.
Mike Lukanz: Fragt mich nicht, warum. Aber Borussia gewinnt in Berlin mit 1:0. Vielleicht will ich auch einfach nur, dass unser Autor dieses Vorberichts einen guten Abend im Stadion hat.
Christian Spoo: Kampf annehmen, dagegenhalten, intensives Spiel. Am Ende werden sich alle wundern, wie Borussia trotz dieser Warnungen des eigenen Trainers 0:4 verlieren konnte.
Claus-Dieter Mayer: Mit einem zähen 1:1 bleibt die Borussia dem "weder Fich noch Fleich" (wie der Niederrheiner sagt) Kurs treu.
Kevin Schulte: Fragt mich nicht, warum. Aber ich muss sofort an ein Spiel unter ähnlich düsteren Vorzeichen denken: 17.10.2008 in Bochum. Vor exakt 17 Jahren. Freitagabend. Interimstrainer Christian Ziege. Das Spiel endete 2:2. Zwei Tage später "fuhr Max Eberl mit dem Fahrrad vorbei". Diesmal haben wir bereits einen neuen Sportchef, spielen aber erneut Remis. 1:1.
