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Wir haben den Schnäuzer voll!

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Auch das dritte Heimspiel dieser Saison endete für Borussia Mönchengladbach in einem peinlichen Desaster. Nach dem 0:0 gegen den indisponierten HSV und der 0:4-Klatsche gegen bestenfalls mittelmäßige Bremer wurde die Fohlenelf von der Frankfurter Eintracht über 70 Minuten lang vorgeführt wie eine Schülerelf. Erst als Dino Toppmöller seine Elf mit Blick auf das bevorstehende Champions-League-Spiel zurückpfiff und diese ein paar Gänge zu weit zurückschaltete, fand Borussia ins Spiel und zu vier Toren.
 
Das skurrile Ende dieser absurden Bundesligapartie darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Leistung an diesem Abend mit professionellem Fußball nichts gemein hatte. Die letzten 25 Minuten sprechen für den Trainer und dafür, dass zumindest die Moral in der Mannschaft noch intakt ist. Dies sind aber nicht unbedingt nur gute Nachrichten. An der Mentalität ließe sich arbeiten. Borussias Probleme im Herbst 2025 sitzen aber weitaus tiefer und werden sich nicht auf wundersame Weise in Luft auflösen. Sie sind die logische Konsequenz einer jahrelangen Entwicklung, vor der nicht nur SEITENWAHL in zahlreichen Artikeln immer wieder gewarnt hat. 
 
Es ist müßig, darüber zu philosophieren, welchen Anteil etwaige Ex-Verantwortliche an der Situation haben mögen. Es gibt niemals nur einen Alleinschuldigen und es ist immer auch das große Ganze zu hinterfragen. Seit mittlerweile aber fast vier Jahren gibt es einen Hauptverantwortlichen für die sportliche Situation, dessen Ablösung schon seit langer Zeit mehr als überfällig ist. Schon sein Aufstieg zum Geschäftsführer Sport war ein kaum nachzuvollziehender Schritt, der die leistungsverweigernde Grundausrichtung des harmoniebesoffenen Vereins unterstrich. Nach vielen Jahren chronischer Erfolglosigkeit im Jugendbereich wäre in jedem gutgeführten Bundesligaverein die Abberufung des Leiters des Nachwuchsleistungzentrums diskutiert worden. Nicht so im hyperjovial geführten Familienverein aus Mönchengladbach, wo Menschen nicht nach Leistung, sondern allein nach Vereinstreue bewertet werden. Statt ihn standesgemäß zu entlassen, wurde Roland Virkus auf die wichtigste Position im Klub befördert, wo er - welch Überraschung - fortan noch offensichtlicher herumstümperte als im vorherigen Job. 
 
Seine fremdschamauslösende Außendarstellung ist dabei noch das geringere Problem seines Wirkens. Kernproblem dieser Tage ist ein indiskutabel zusammengestellter Kader, der schon beim Ausfall von zwei bis drei Stammspielern nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Dabei ist Virkus nicht mal abzusprechen, von der Materie Fußball inzwischen etwas Ahnung zu haben. Die Transfers von Kleindienst und Hack belegen, dass er ein Auge für gute Fußballer hat. Nur ist ein Sportdirektor nicht zuvorderst an einzelnen Transfers zu messen, sondern an der Zusammenstellung des Kaders im Gesamten. Überspitzt formuliert: Hätte er in den letzten Jahren ausschließlich 10 Kleindienste verpflichtet, so wäre seine Transferbilanz überragend. Die fehlende Ausgewogenheit im Kader hätte dieses Urteil aber bei weitem überlagert. 

Aktuell fehlt es Borussia hinten wie vorne an Qualität. In der Offensive ist das mit dem Ausfall der drei besten Spieler noch erklärlich, wenngleich ein gut aufgestellter Bundesligist auch darauf besser vorbereitet sein müsste. Es ist aber ohnehin abstrus, die Verletzten als Ausrede für ein 4:6-Debakel anzuführen. In einer Bundesligasaison muss stets mit dem gleichzeitigen Ausfall von drei bis vier Stammkräften gerechnet werden. Wenn man um den langfristigen Ausfall zweier Offensivspieler weiß, ist es nicht unbedingt die cleverste Idee, ausgerechnet Gio “Reha” Reyna als Alternative zu verpflichten und sich dann zu wundern, dass dieser bereits nach zwei Spielen zum ersten (und bestimmt nicht letzten) Mal verletzt ausfällt. 
 
Das Hauptproblem ist angesichts von sechs Gegentoren in 46 Minuten in der Defensive zu suchen, wo Borussia seit Jahren qualitativ unterbesetzt ist. Die regelmäßig rund 60 Gegentore pro Spielzeit werden vom Sportdirektor konsequent ignoriert. Selbst als der beste Defensivspieler vor dieser Saison verkauft wurde, sah es Roland Virkus nicht als geboten an, weitere Qualitätsspieler hinzuzukaufen. Kevin Diks mag ein ordentlicher Einkauf gewesen sein. Selbst bei guter Entwicklung wird er aber maximal die Lücke füllen können, die Itakura hinterlassen hat. Eine nachhaltige Verbesserung der chronisch löchrigen Defensive wurde dagegen einmal mehr nicht angegangen. 
 
Obwohl derzeit kein einziger Abwehrspieler fehlt, darf ein latent fehleranfälliges Talent wie Chiarodia in der Startelf stehen, dem der Sprung in den Profifußball auch in seiner dritten Spielzeit nicht zu gelingen scheint. Borussias Defensive ist aktuell zu desolat besetzt für derartige Experimente. Auf der Ersatzbank wartet mit Friedrich nur noch ein weiterer Spieler, dem die Verantwortlichen offensichtlich noch weniger zutrauen. Man mag sich gar nicht ausmalen, was erst passieren würde, wenn auch in diesem Mannschaftsteil einmal zwei bis drei Stammspieler ausfallen, der schon in Bestbesetzung jegliche Bundesligatauglichkeit vermissen lässt. 
 
Dem bemitleidenswerten Eugen Polanski wird mindestens noch in der kommenden Woche die undankbare Aufgabe zukommen, aus diesem untauglich zusammengestellten Kader das Optimum herauszuholen und sich so irgendwie durchzuwurschteln. Nach fünf Spieltagen steht die Mannschaft trotz eines durchschnittlich schweren Auftaktprogramms mit drei Heimspielen völlig zurecht auf dem letzten Tabellenplatz und es fällt aktuell schwer, sich vorzustellen, welche zwei bis drei Mannschaften Borussia in dieser Verfassung hinter sich lassen möchte. 

Nicht erst die 10 Gegentore in den letzten beiden Heimspielen sollten endlich auch den größten Optimisten im Verein die Augen geöffnet haben. In den kommenden Wochen kann es nur um Schadensbegrenzung gehen, um den Anschluss an den Rest der Liga nicht schon frühzeitig zu verlieren, wie es bei den beiden vorangegangenen Abstiegen der Fall war.
 
Allein auf die Rückkehr des vermeintlichen Heilsbringers Kleindienst zu vertrauen, wäre fahrlässig. Nach einer solch langen Verletzung braucht es gewöhnlich einige Zeit, bis die alte Topform wieder erreicht wird. Und da wird es wenig helfen, in eine verunsicherte Mannschaft zurückzukehren. Mit Plea und Itakura hat der Verein diesen Sommer erheblich an Klasse verloren, die bislang in keiner Weise kompensiert werden konnte. Schon jetzt muss genauestens geprüft werden, wie sich dies im Winter durch zwei bis drei Qualitätstransfers zumindest halbwegs wird begradigen lassen. In der Defensive wird unbedingt mindestens ein Führungsspieler benötigt. Idealerweise einer der Kategorie Stranzl oder Galasek - allermindestens aber in Form von Stabilitätsspielern wie einst Strobl oder Marx.
 
Mit dieser Aufgabe sollte schnellstmöglich eine Person betraut werden, die dieser Aufgabe tatsächlich gewachsen ist. Jeder Tag, an dem weiterhin Roland Virkus in der Verantwortung steht, erhöht die Wahrscheinlichkeit für den akut drohenden Abstieg. Schon jetzt wird es schwierig genug, diesen zu vermeiden. Zu schwer wiegen die Fehlentwicklungen der letzten Jahre, die nicht innerhalb weniger Wochen zu korrigieren sein werden. Es ist aber unverzichtbar, diese Entwicklung erst einmal zu stoppen und den viel zitierten Borussen-Weg wieder in die richtige Richtung umzukehren. Der erste unverzichtbare Schritt besteht darin, sich von dem Hauptverantwortlichen zu trennen, der den Borussen-Bus mit Volldampf vor die Wand gefahren hat. 
 
Wer das ignoriert und den Busfahrer ungebremst weiter in Richtung Abgrund steuern lässt, der macht sich mitschuldig. Für die Vereinslegende auf dem Präsidentenstuhl wäre es tragischerweise bereits der zweite Abstieg, den er dann mitzuverantworten hätte. Von daher, sehr geehrter Herr Bonhof, handeln Sie jetzt, solange es hoffentlich noch nicht zu spät ist. Oder überlassen Sie das Feld bitte anderen Personen, die noch handlungsfähig sind. Es ist höchste Zeit, sich endlich Sorgen um Borussia Mönchengladbach zu machen.