Schaut euch diesen Sieg gut an
Borussia macht 2025 da weiter, wo sie im Vorjahr aufgehört hat. Die Mannschaft gewinnt die Spiele, die sie gewinnen muss und wird damit nach menschlichem Ermessen die Klasse sicher halten. Das ist das Wichtigste, das sich aus dem ungefährdeten 3:0-Erfolg über den VfL Bochum vom Samstagabend mitnehmen lässt. Der Abstand nach unten ist beruhigend groß und es spricht viel dafür, dass sich das Team gegen Mannschaften vom Tabellenende auch weiterhin nicht blamieren wird. Es ist eine Ernsthaftigkeit eingekehrt, die es offenbar ausschließt, die vermeintlich einfacheren Aufgaben mit Schlendrian anzugehen, wie es das in der näheren Vergangenheit allzuoft gab. Die vielzitierte "Mentalität", hier zeigt sie sich tatsächlich.
Alles andere, was der Blick auf die aktuelle Bundesligatabelle hergibt, ist unwichtig. Vor Dortmund oder dahiner? Folklore! In Schlagdistanz zu den internationalen Plätzen? Traumtänzerei! Borussia 2025 ist nicht gut genug, um wirklich noch weiter vorne mitzuspielen. Dazu bedürfte es auch unerwarteter Erfolge, die gelingen aber bisher nicht. Gegen nominell bessere Mannschaften holt die aus Gladbach nichts Zählbares. Sie schlägt sich teilweise achtbar (Heimspiel Bayern, beide Partien Leverkusen), das Auseinanderfallen beim 1:5 in Wolfsburg war bisher eine Ausnahme und möge eine solche bleiben.
Der Sieg gegen Bochum zeigt, dass die Fähigkeiten einiger Spieler, die sowohl fußballerische als auch mentale Stärke auf den Platz bringen, ausreicht, um einen nur bedingt bundesligatauglichen Gegner wie Bochum zu beherrschen. Reitz, Hack, Kleindienst - die Torschützen waren auch die "Unterschiedsspieler" an diesem regnerischen Abend. Anfangs tat sich Borussia noch etwas schwer, ins Spiel zu finden. Mit dem schönen und intelligent kreierten Führungstreffer war der Bochumer Widerstand aber schon gebrochen. Der Ausfall von Ko Itakura fiel angesichts überschaubarer Bochumer Offensivgefahr kaum ins Gewicht, zumal Nico Elvedi diesmal recht soverän den Abwehrchef gab. Dennoch war längst nicht alles Gold bei Borussia. Joe Scally offenbarte immer wieder erstaunliche Defizite im Stellungsspiel, Kevin Stöger, dem die Aufgabe, das Spiel zu gestalten, zugedacht war, versuchte viel, viel misslang dem Österreicher aber auch. So spielte er einen fast fatalen Fehlpass und servierte dem Nichts gelegentlich erstaunliche Chip-Bälle. Der Ausfall von Franck Honorat macht sich weiter deutlichst bemerkbar. Über rechts war Borussia lange Zeit völlig ungefährlich. Tomas Cvancara konnte sich so gut wie nie in Szene setzen. Ein Flügelspieler ist er nicht, seine Laufwege wirken gelegentlich erratisch und der Tscheche hadert merklich mit sich und der Situation. Fast schon bezeichnend, dass Robin Hack vor dem 2:0 den eigentlich aussichtsreich postierten Cvancara ignoriert und selbst abschließt, wohl ahnend, dass der Mitspieler tatsächlich am Ende einen Schritt in die falsche Richtung machen würde. Was tatsächlich geschah. Nutznießer war Nathan Ngoumou, der zu einem für ihn extrem günstigen Zeitpunkt in die Partie kam. Die war im Grunde gelaufen, der Franzose hatte viel Raum und konnte seinen USP hier und da tatsächlich ausspielen, indem er seinen Gegenspielern wegzulaufen schaffte. Eine dieser Sprints führte über den Umweg eines Fouls, eines verschossenen Elfmeters und eines verwandelten Nachschusses zum 3:0, quasi ein indirekter Assist für Ngoumou. Dass nun von einem "fulminanten Auftritt" Ngoumous zu lesen ist, ist eine unzulässige Verkürzung. Halten wir aber fest: Von zwei schlechten Lösungen, solange Honorat fehlt, ist Ngoumou möglicherweise die etwas weniger schlechte.
Die beste Lösung wäre wohl ein Spieler X gewesen, der vor dem Schließen des Wintertransferfensters noch seinen Weg nach Mönchengladbach gefunden hätte. Allein es kommt niemand. Borussia wird auf dem Transfermarkt nach den leihweisen Abgängen von Olschowsky und Ranos nichts mehr tun. Nach dem Sieg gegen Bochum ist man einigermaßen zu Recht sicher, dass es auch 2025/26 in der ersten Bundesliga weitergeht. Entsprechend gering ist die Neigung, finanziell ins Risiko zu gehen. Mit Kevin Diks hat man sich einen ablösefreien Spieler für die kommende Saison gesichert, für alle weiteren Geschäfte ist Voraussetzung, dass es Einnahmen gibt - Ko Itakura ist demzufolge als fast sicherer Abgang für den Sommer betrachten. Bis dahin muss Borussia darauf hoffen, dass sich nach Honorat kein weiterer Leistungsträger verletzt. Vor allem Tim Kleindienst ist quasi unersetzbar.
So sind ist der Wert der drei Punkte gegen Bochum in vielerlei Hinsicht nicht überzubewerten. Es folgen drei Spiele, in denen ein Punkt jeweils schon als Erfolg gelten darf. In Stuttgart und gegen Frankfurt ist der jeweilige Gegner vermutlich zu stark, bei Union Berlin steht das Naturgesetz einem Erfolg im Weg. So wird es gegen Augsburg wohl wieder ein bisschen Druck geben, weil die Stimmung erneut in etwa dort ist, wo sie am Samstagabend vor 18:30 auch schon war. Aber existenziell wird dieser Druck nicht mehr sein.