Entspannter in die Pause
Vier Punkte aus zwei Spielen und die Welt in Mönchengladbach ist gefühlt eine andere. Die Untergangsstimmung rund um den Borussia-Park ist fürs erste weg. Das 0:0 bei RB Leipzig wird in vieler Hinsicht anders wahrgenommen als das 1:1 in Mainz zwei Spieltage zuvor. Und tatsächlich, nach dem bisherigen Tiefpunkt, dem Pokal-Aus in Frankfurt, gibt es Anzeichen für eine Trendwende. Allerdings dauert die erst zwei Spiele an. Fußballfans sind Mimosen – und so sind die emotionalen Ausschläge in beide Richtungen naturgemäß groß. Ein Europapokal-Aspirant ist Borussia immer noch nicht und wir alle sollten uns bewusst sein: Zwei weitere Spiele und es kann schon wieder völlig anders aussehen.
Fürs erste aber können wir erfreut feststellen: Borussia hat sich nach Frankfurt am Riemen gerissen. Die jeweils ersten Halbzeiten gegen Werder Bremen und in Leipzig sind das Beste, was die Mannschaft unter Gerardo Seoane bisher auf den Platz gebracht hat – inklusive der vergangenen Saison. Das Vertrauen ins eigene Können war da genauso zu bestaunen wie ein planvolles Spiel nach vorne, schnelles Umschalten und konzentriert gegen den Ball. So kann Fußball funktionieren. War gegen Bremen auch die Effizienz vor dem Tor groß, hatte Borussia in Leipzig weniger Glück. Die Chancen waren da – Kleindienst und Honorat hätten das Team in Führung schießen können, vielleicht sogar müssen. Nichtsdestoweniger sah es gut aus, was Borussia den knapp 4000 nach Sachsen mitgereisten Fans zeigte.
Man muss es nicht kritisieren, anmerken aber schon: In beiden Partien gab es in der zweiten Halbzeit ein anderes Bild. Das war jeweils der Tatsache geschuldet, dass der jeweilige Gegner verändert aus der Kabine kam, zeigt aber, dass Borussia weiterhin verwundbar ist. Auf eine Umstellung zu reagieren, fällt der Mannschaft weiterhin schwer. In Leipzig hätte das ins Auge gehen können. Das dortige Projekt verfügt über ausgezeichnetes Personal. Die letzte halbe Stunde war aus Borussen-Sicht schwere Kost, alldieweil die Mannschaft es überhaupt nicht mehr schaffe, sich des Leipziger Drucks zu entledigen. Entlastung gab es nicht mehr. Borussia verteidigte mit alle Mann. Das allerdings tat sie gut. Trotz Dauerdrucks gab es nur wenige wirklich große Chancen und die entschärfte der famos aufgelegte Moritz Nicolas. Borussia wies eine gewisse „Kompaktheit“ auf, vor allem die linke Abwehrseite wirkt deutlich widerstandsfähiger, als das in der Vergangenheit der Fall war. In der Innenverteidigung machen Ko Itakura und Marvin Friedrich einen soliden Job. So fühlt sich der Punkt unter dem Strich richtig an.
Alles gut also? So weit sind wir noch lange nicht. Die Länderspielpause kommt ein wenig zur Unzeit, angesichts der Tatsache, dass die Mannschaft sich zu finden scheint. Danach steht das Spiel gegen St. Pauli an: Ein guter Gradmesser, um zu zeigen, wo man wirklich steht. Ist man gegen vermeintliche Abstiegskandidaten in der Lage, souverän zu gewinnen oder ist man weiterhin eher einer von ihnen? Erst einmal aber ist es beruhigend, als Tabellenneunter in die Pause zu gehen. Noch ist die Saison jung und die Mannschaften nah beieinander, aber alles in Allem ist Borussia tabellarisch im Soll und bietet fußballerisch Grund zu vorsichtigem Optimismus.