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Das merkwürdige Ende einer langen Beziehung

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Noch schneller als erwartet wurde wahr, was wir schon ahnten: Die Pressemitteilung zur Trennung Borussias von Christoph Kramer ist schneller erschienen, als dessen für den Herbst avisierter Debutroman. Der Vertrag ist aufgelöst, im Einvernehmen, wie es heißt. Wirklich glücklich wirkt dabei keine der beiden beteiligten Seiten. Borussia nennt den Mann, den sie gerne von der Gehaltsliste haben wollte, "Identifikationsfigur", Kramer kommen bei der Verkündung der Trennung auf den vereinseigenen (!) Kanälen die Tränen. Irgendetwas ist in den vergangenen Jahren schief gegangen und keiner kriegt so richtig den Finger dran, was es war.

Die Fakten: Christoph Kramer spielte in den sportlichen Plänen von Trainer Gerardo Seoane keine Rolle mehr. Um diese Auskunft hatte der Spieler selbst bei der sportlichen Führung gebeten und er hatte sie bekommen. Ein "normales" Verkaufsgeschäft schien für alle Seiten nicht in Frage zu kommen. Kramer gehörte nach seiner Vertragsverlängerung 2023 weiter zu den Gutverdienern, dass er noch einmal einen Verein finden würde, bei dem er annähernd das bekommen hätte, wie in Gladbach, scheint angesichts seines Alters und seiner zuletzt gezeigten Leistungen mehr als unwahrscheinlich. Aber offenbar war man bei Borussia nicht gewillt, Kramer den Vertrag erfüllen zu lassen und zahlt lieber eine Abfindung in unbekannter Höhe, um die "Identifikationsfigur" aus dem Kader zu bekommen.

Alles Weitere gehört dann in den Bereich der Spekulation. Warum war diese Personalie dem Verein so wichtig, dass die geplante Vertragsauflösung schon vor vielen Wochen bekannt wurde? Ist der Imageschaden, den Borussia durch die Trennung von einem der populärsten Fußballer im Kader erleidet, mit eingepreist? Hat man bedacht, wie wichtig Kramer auch als Teilzeitkicker wegen seiner Medienpräsenz für den Verein sein könnte oder wird diese Medienpräsenz vereins- oder gar mannschaftsintern als Problem gewertet? Wie schwer wogen überhaupt die zahlreichen extrakurrikularen Tätigkeiten des Spielers, der - wir spöttelten erst vor wenigen Tagen darüber - den Profifußball nur als eines von vielen Standbeinen seines Berufslebens versteht und explizit erklärt hat, er mache nur noch Sachen, die ihm Spaß machen? Ist es ernst gemeint, wenn Borussia Kramer jetzt alle Türen öffnet, um sich außerfußballerisch weiter einzubringen? Begriff man Kramers Meinungsführerschaft innerhalb der Mannschaft als kontraproduktiv? Und wenn ja, warum baut man ihm dann goldene Brücken, auf denen er in eine andere Abteilung des Vereins schreiten könnte, wenn er nur will?

Vermutlich gibt es auf viele dieser Fragen gar keine schwarz-weiß Antwort, möglicherweise stellen wir nicht einmal die richtigen. Sicher ist: Man hätte das ganze kommunikativ ein bisschen glücklicher lösen können. Sicher ist auch, dass hier ein Ungleichgewicht besteht: Auf der einen Seite ein Medien- und Kommunikationsprofi, auf der anderen Seite Borussia Mönchengladbach. Wie zuletzt geschrieben: Die Geschichte hat kein Happy End aber Christoph Kramer ist in der Lage, jedes Ende so zu verkaufen, dass man ihm freundschaftlich auf die Schulter klopfen möchte. Das ist, um es klar zu sagen, keine Kritik: Kramer macht die Dinge, die er außerhalb des Fußballplatzes macht, sehr sehr gut. Von daher war es auch kein Scherz, als wir schrieben, dass sein Roman feine Lektüre sein könnte. Kramer hat sich nie offen illoyal verhalten. Er hat nichts illegitimes getan. Auch seinen Vertrag "abzusitzen" wäre sein gutes Recht gewesen, ebenso wie es sein Bestehen auf eine hoffentlich angemessene Abfindung war. Allerdings hat sich Christoph Kramer durch seine permanente Präsenz an Orten, die weder Platz, noch Bank, noch Kabine sind, gepaart mit einer abnehmenden Leistungskurve, angreifbar gemacht. Die Identifikationsfigur Kramer ist das eine, aber auch unter den Anhängern des Vereins gab es hier und da deutlich vernehmbares Murren, wenn jemand "Baller-League" sagte oder wenn Kramer auf dem Platz nurmehr ein Schatten seines früheren Selbst zu sein bewies.

Unter dem Strich endet mit dem heutigen Tag eine über lange Zeit sehr erfreuliche und durchaus auch erfolgreiche Zusammenarbeit. Der Verein verliert - sofern Kramer nicht doch in irgend einer Form Borusse bleibt -  einen Sympathie- und Werbeträger. Wir werden sehen, ob Kramers Abgang sich merklich auf mannschaftsinterne Prozesse und die innere Dynamik auswirken wird. Im Kader wird ein Platz frei, vielleicht ist jetzt finanziell sogar etwas möglich, was bisher nicht möglich zu sein scheint: Die großen Defizite im Defensivbereich, die Borussia aus der vergangenen in die neue Saison mitzunehmen scheint, durch die eine oder andere Verstärkung noch zu beheben oder zumindest zu verkleinern.