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Ilvesheim: Heinrich-Vetter-Stiftung feiert Jubiläum

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Von Heike Warlich-Zink

llvesheim. 25 Jahre Heinrich-Vetter Stiftung: Das wird am Samstag, 28. Mai, ab 13 Uhr unter dem Motto "Vielfalt erleben" mit einem großen Jubiläumsfest rund um den Stiftungssitz in Ilvesheim (Goethestraße 11) gefeiert. Neben der Gemeinde unterstützen unter anderem der Allgemeine Schnauferl-Club, die Goethegesellschaft Mannheim/Rhein-Neckar, das Technoseum und Marchivum aus Mannheim oder auch Caritas und Diakonie die Feierlichkeiten mit Aktions- und Informationsständen.

Vereine und Organisationen sorgen für die Bewirtung. Von der Stiftung unterstützt, fließt der Erlös daraus in die Kassen der teilnehmenden Gruppierungen. Die Gäste erwarten Ausstellungen im Vetter-Haus sowie im benachbarten Kinderhaus "Zauberlehrling". Spiel- und Museumsmobil, Hüpfburg, Bastel- und Experimentierstationen richten sich an die jungen Gäste. Auf der Bühne im Vetter-Garten wird ab 13 Uhr ein abwechslungsreiches Programm geboten. Mit dabei sind unter anderem der Kinderzirkus Paletti und der Lesedi Show Choir von den Heidelberger Afrikachören.

Auf der Goethestraße, die an diesem Tag für die Durchfahrt gesperrt ist, tritt unter anderem die Blasmusikkapelle Musik3 auf. Den Abschluss des Jubiläumstages gestalten ab 18 Uhr Künstler von Nationaltheater und Popakademie mit einem gemeinsamen Auftritt. Der Eintritt ist frei. Die Heinrich-Vetter-Stiftung bittet darum, nicht mit dem Auto zu kommen und den Shuttle-Service vom Festplatz an der Neckarbrücke sowie vom Parkplatz "Hallenbad" zu nutzen.

Heinrich Vetter, der am 3. Februar 2003 im Alter von 92 Jahren verstarb, gründete die Stiftung 1997 und setzte sie als Alleinerbin ein. Vorstand und Stiftungsrat fördern seither ausschließlich gemeinnützige Einrichtungen sowie den Stiftungszwecken entsprechende Aufgaben. In 25 Jahren wurden nach eigenen Angaben 3500 kleine, mittlere und größere Spenden mit insgesamt rund 20 Millionen Euro satzungsgemäß für Maßnahmen und Unterstützungen aufgewendet. Man sorgt aber auch dafür, dass andere sich mit engagieren, da Heinrich Vetter sich selbst als Anstifter verstand und mit gutem Beispiel vorangehen wollte.

Er förderte unter anderem die Universität Mannheim und die Duale Hochschule Baden-Württemberg, die Kunsthalle und das Nationaltheater, Mannheims christliche Kirchen, die Jüdische Gemeinde sowie Wissenschafts- und Kunsteinrichtungen. Für dieses Mäzenatentum verliehen ihm 1990 Ilvesheim und 1999 Mannheim die Ehrenbürgerwürde.

Vetter war Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande sowie Ehrensenator und Ehrendoktor der Universität Mannheim. Die jüdische Gemeinde Mannheim zeichnete ihn 1998 mit der Ehrenmedaille aus, entzog ihm die Auszeichnung jedoch 2013 posthum wieder. Grund war die Rolle der Unternehmerfamilie Vetter in der NS-Zeit. Sie hatte nachweislich von der "Arisierung" jüdischen Vermögens profitiert.

Erste Erkenntnisse dazu wurden nach Vetters Tod durch den Arbeitskreis Justiz, eine kleine Gruppe politisch engagierter Menschen aus Mannheim, öffentlich. Mitte des Jahres 2009 begann die Historikerin Christiane Fritsche ihre Forschung zur Aufarbeitung der Arisierung und Wiedergutmachung in Mannheim. Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit dem heutigen Marchivum. Die Vetter-Stiftung unterstützte die aufwändige Studie finanziell.

Ihre wissenschaftlichen Ergebnisse veröffentlichte Fritsche 2013 in dem Buch "Ausgeplündert, zurückerstattet und entschädigt – Arisierung und Wiedergutmachung in Mannheim". Die Historikerin konnte dokumentieren, dass die Familie Vetter während der NS-Diktatur acht jüdische Grundstücke und Betriebe in Mannheim, Karlsruhe und Ilvesheim "arisierte" – rein quantitativ gesehen mehr als jeder andere für Mannheim nachgewiesene "Ariseur".

Die Wissenschaftlerin ordnet Heinrich Vetter und seine Schwester Friedel sowie deren Eltern Carl Heinrich und Frieda in die breite Masse der aktiven Opportunisten ein. "Sie wickelten die ‚Arisierungen’ äußerlich korrekt ab und setzten die jüdischen Verkäufer nicht persönlich unter Druck, profitierten aber gleichwohl von ihrer Notlage", stellt sie dazu fest.

Heinrich Vetter erbte zusammen mit seiner Schwester das elterliche Vermögen, das er als Kaufmann in den 1950er- und 1960er-Jahren vermehren konnte. Mit der Namensgebung des von der Stiftung in Ilvesheim errichteten, 2017 fertiggestellten Seniorenpflegezentrums, das als "Regine Kaufmann Haus" vom Caritasverband Mannheim betrieben wird, sowie Veranstaltungen, Vorträgen und Publikationen will man an das Schicksal jüdischer Mitbürger erinnern.