Brigitte Bardot: Geliebt und umstritten – das Leben einer Ikone
Sie war Schauspielerin und Sängerin, Stilikone und Sexsymbol, Tierliebhaberin – und eine der meistgeliebten sowie umstrittensten Persönlichkeiten Frankreichs. Brigitte Bardot hat nicht nur das Frauenbild radikal verändert, sondern auch radikale Ansichten geäußert. Unlängst blickte sie von Plakaten einer bekannten Haarkosmetikmarke. Die blonde Wuschelmähne, der berühmte "Choucroute-Look", die "Sauerkraut-Frisur" – das ist doch Brigitte Bardot ! Oder etwa nicht? Nein, sie war es nicht – doch die ehrerbietige Anspielung war unverkennbar. Generationen von Models hat sie mit ihrem Aussehen und ihrer Ausstrahlung inspiriert, unzählige Male wurde sie kopiert: Die BB war eine Stilikone. Aber da war weit mehr als das verführerische Äußere: Das Sexsymbol setzte seine Reize ein, um das Frauenbild zu revolutionieren. Dass Brigitte Bardot bis zuletzt solche Berühmtheit genoss, ist einigermaßen erstaunlich, denn sie hatte ihre Karriere bereits im Jahr 1973 beendet und sich aus der Filmwelt zurückgezogen. Nicht aber aus der Öffentlichkeit: Dort machte sie Schlagzeilen, und nicht immer die schmeichelhaftesten. Eine Kindheit als "hässliches Entlein" Doch zunächst einmal war da eine wohlgeordnete Kindheit im großbürgerlichen Rahmen. Am 28. September 1934 als Tochter eines Industriellen und seiner musisch veranlagten Frau geboren, nahm das Kind standesgemäß Ballettstunden – und beklagte, ein "hässliches Entlein" zu sein. Zeit ihres Lebens haderte sie – ausgerechnet sie – mit ihrem Aussehen, obschon sie bereits im Alter von 14 Jahren als Covergirl von einer französischen Modezeitschrift entdeckt worden war. Kein Wunder, dass bald schon das Kino auf die Nymphe mit dem Schmollmund aufmerksam wurde. Ihren ersten Film, die Komödie "Le trou normand", drehte sie 1952 im zarten Alter von 18 Jahren – und erhielt im selben Jahr ihre erste Hauptrolle, in "Sommernächte mit Manina". Allerlei harmlose Filme entstanden in den Fünfzigerjahren, in denen ihre körperlichen Reize in Szene gesetzt wurden. So wurde sie zum Pin-up-Girl der Grande Nation, konkurrierte mit internationalen "Busenstars" wie Marilyn Monroe oder Gina Lollobrigida. Die Reize der BB aber waren anderer Natur, mehr à la française. So rieben sich nicht nur die vergleichsweise prüden Amerikaner die Augen (und bemühten die Zensur), als Brigitte Bardot mit Roger Vadims Sexfantasie "Und immer lockt das Weib" (1956) ihren internationalen Durchbruch feierte – und sich mit dem Regisseur, einem notorischen Frauenhelden, zu ihrer ersten Ehe zusammenfand. Ein ganz neuer Typus Frau Die scharfe Mischung aus frivoler Sexualität, Nonkonformismus und unschuldiger Kindlichkeit wurde zu ihrem Markenzeichen. Sie repräsentierte einen ganz neuen Typus Frau: verführerisch, aber selbstbestimmt, die Nacktheit feiernd, aber sich aus den Fesseln des Lustobjekts befreiend, Jägerin und Beute zugleich. "Ich bin eine Katze in Frauengestalt. Ich schnurre, ich kratze, und manchmal beiße ich", sagte die leidenschaftliche und kompromisslose Tierliebhaberin einmal über sich. Sie war von vulkanischem Temperament, konnte fluchen wie ein Bierkutscher und brach gezielt gesellschaftliche Tabus, nicht zuletzt durch ihr Bekenntnis, eine Schwäche für "hübsche junge Männer" zu haben (ihr zweiter Mann, der Schauspieler Jacques Charrier, war zwei Jahre jünger als sie). Schließlich wurden die Regisseure der Nouvelle Vague auf sie aufmerksam, als diese sich ab den späten Fünfzigerjahren anschickten, die Konventionen des Kinos herauszufordern. Mit ihnen drehte sie ihre besten Filme. Etwa die sexy Revolutionskomödie "Viva Maria!" (1965) von Louis Malle, wo sie an der Seite ihres Co-Stars Jeanne Moreau eine hinreißende Vorstellung als irische Terroristin in Strapsen gab. Vor allem aber überzeugte sie in Jean-Luc Godards Meisterwerk "Die Verachtung" (1963). Berühmt ist schon die Eröffnungsszene: Brigitte Bardot, bäuchlings nackt im Bett mit Michel Piccoli, der ihren Ehemann spielt, lässt ihn all ihre Reize würdigen, von den Kniekehlen bis zum Busen. Im Zentrum des Bilds: ihr blanker Po, wie in so mancher Einstellung. Der doppelbödige, anspielungsreiche Film ist zugleich Feier und Negation des Körperlichen, und wenn hier die Initialen BB genannt werden, ist – ein schelmischer Seitenhieb des Regisseurs – Bertolt Brecht gemeint. Sie sang die Originalversion eines Musikklassikers Singen konnte sie übrigens auch und machte in den Sechzigerjahren mit teils frechen Chansons auf sich aufmerksam, etwa dem Song "Harley Davidson", zu dessen Darbietung sie sich in Minirock und hohen Stiefeln lasziv am Motorrad rekelte. Doch nachdem sie mit Serge Gainsbourg dessen schwülen Klassiker "Je t'aime … moi non plus" aufgenommen hatte, zog sie ihre Zustimmung zur Veröffentlichung zurück, weswegen er den Song mit Jane Birkin neu einspielte. Selbst ihr war diese gesungene Bettszene wohl zu eindeutig. Zu dieser Zeit war sie mit ihrem dritten Mann, dem Playboy Gunter Sachs, verheiratet und genoss das Jetset-Leben in Saint-Tropez an der Côte d‘Azur. Tierschutz statt Schauspielerei Und dann beendete sie jäh ihre Schauspielkarriere im Alter von nur 39 Jahren und verschrieb sich mit Haut und Haaren ihrer wahren Leidenschaft: dem Tierschutz. Schon in den Sechzigerjahren hatte sie sich für ihn engagiert und durch Intervention in höchsten Regierungskreisen erreicht, dass die sanftere Tötungsmethode des Bolzenschusses bei Schlachttieren gesetzlich verankert wurde. Es ist auch ihrem Einsatz zu verdanken (etwa durch ihr öffentliches Verbrennen von Pelzen), dass der damalige französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing den Import von Robbenfellen verbot und die Jagd auf sogenannte Heuler geächtet wurde. Später wurde auch Emmanuel Macron Adressat ihrer offenen Briefe in Sachen Tierschutz. Geldstrafen und Vorwürfe Allerdings schoss sie bei ihrer bedingungslosen Liebe zu Tieren, deren Gesellschaft sie zunehmend der von Menschen vorzog, weit übers Ziel hinaus. So verstieg sie sich angesichts der Praxis des Schächtens zu einer Universalkritik an Muslimen und beklagte eine "Überfremdung" Frankreichs. Sie ließ auch wissen, dass sie "Rassenmischung" verurteile. Mehrfach wurde sie wegen des Vorwurfs der Anstiftung zum Rassenhass angeklagt und zu Geldstrafen verurteilt. 2003 holte sie mit ihrem Buch "Ein Ruf aus der Stille" zum kulturkritischen Rundumschlag aus und lamentierte über eine "Islamisierung" ihrer Heimat, die moderne Kunst im Allgemeinen, die Fast-Food-Kultur im Besonderen sowie angeblich verweichlichte Männer. Ihr vierter Ehemann, der Industrielle Bernard d’Ormale, den sie 1992 geheiratet hatte, war stets eng mit der rechtspopulistischen Familie Le Pen verbandelt. Dennoch verwahrte sich Bardot gegen den Vorwurf, eine Galionsfigur der Rechten zu sein. Würde ihr Mann nicht drei bis vier Tiere im Ehebett akzeptieren, wäre er nicht ihr Gefährte, sagte sie einmal und bekannte, eine "leichte Verachtung" für Menschen zu empfinden. Von ihrem 1960 geborenen Sohn, der bei den Großeltern aufwuchs und in Norwegen lebt, hatte sie sich längst entfremdet. Schon die Schwangerschaft hatte sie traumatisiert, mehrere Selbstmordversuche waren die Folge. "Es ist traurig, alt zu werden, aber schön, zu reifen" – sagte sie einmal. Wie sehr es für sie selbst gilt, sei dahingestellt. Am 28. Dezember ist Brigitte Bardot im Alter von 91 Jahren gestorben.
