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Laura Dahlmeier: Tödlicher Bergunfall im Juli rekonstruiert

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Laura Dahlmeiers tödlicher Unfall bewegte in Deutschland Hunderttausende Menschen. Eine Rekonstruktion. Es ist der 29. Juli 2025. Vor zwei Tagen ist die Fußball-EM der Frauen zu Ende gegangen. England besiegte Spanien im Elfmeterschießen, Deutschland war bereits im Halbfinale ausgeschieden. Auch die Tour de France ist Geschichte, Florian Lipowitz nach seinem dritten Platz landesweit bekannt. Klub-WM und U21-EM sind, ebenso wie Wimbledon , längst vorüber. Die Nachrichtenlage im Sport ist nach turbulenten Wochen ruhig. Am Nachmittag macht dann aber eine Meldung die Runde, die diese Ruhe schlagartig beenden sollte: "Laura Dahlmeier beim Bergsteigen verunglückt". Das Management der deutschen Biathlon-Olympiasiegerin teilt mit, dass Dahlmeier bereits am Montag beim Bergsteigen am Laila Peak in Pakistan schwer verunglückt ist. Ein Steinschlag habe sie am Kopf getroffen. Die 31-Jährige sei "mindestens schwer verletzt", eine Rettungsaktion im Gange. Lebenszeichen seien bei einem Überflug nicht zu erkennen gewesen. Fans und Wegbegleiter bangen in den Stunden danach um Dahlmeiers Leben. "Ich denke an dich, Laura", schreibt Biathletin Magdalena Neuner auf Instagram. Rodlerin Natalie Geisenberger fleht: "Laura! Kämpfe!!" Der erste Versuch einer Rettung wird am Dienstagabend aufgrund der Dunkelheit eingestellt. Das bedeutet: Es ist die zweite Nacht in der Kälte auf rund 5.700 Metern Höhe für Dahlmeier. Die Sorgen werden größer. Ein Lichtblick: Ihre Seilpartnerin lebt, befindet sich mit anderen Bergsteigern auf dem Abstieg. Die traurige Gewissheit Am Mittwochmorgen wird die Rettungsmission wieder aufgenommen. Diese kann aber nur am Boden stattfinden, weil Helikopter aufgrund der schlechten Wetterbedingungen nicht starten können. Auch wenn erfahrene Bergsteiger für die Bodenrettung eingeteilt sind, sinken die Hoffnungen auf eine erfolgreiche Bergung Dahlmeiers. Hans Kammerlander beschreibt ihr Überleben im t-online-Interview sogar als "leider kein realistisches Szenario". "Eine Bodenrettungsaktion ist aussichtslos – zu Fuß dauert es schlicht zu lange. Der Weg würde Tage kosten. Bei Verletzungen sehe ich keine Überlebenschance mehr", lautet die Analyse des erfahrenen Bergsteigers. Die traurige Gewissheit folgt am Mittwochnachmittag um kurz nach 14 Uhr. Laura Dahlmeiers Management teilt mit, dass die 31-Jährige tot ist. Trauer. Entsetzen. Das kann nicht sein. Felix Neureuther ist "fassungslos und tief traurig", Skispringer Andreas Wellinger "fehlen die Worte", Rennrodlerin Dajana Eitberger fühlt sich "wie gelähmt". Selbst Bundeskanzler Friedrich Merz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier melden sich zu Wort. Dahlmeiers Verlust wiegt schwer. Das tagelange Zittern und Hoffen, es blieb erfolglos. Ihre Seilpartnerin Marina Krauss gibt nach ihrer Rückkehr vom Abstieg eine Pressekonferenz. An ihrer Seite: Thomas Huber, ein erfahrener Bergsteiger, der Teil des Teams für die Bodenrettungsaktion war. Krauss teilt mit, dass die Olympiasiegerin beim Abseilen von einem "riesengroßen Stein am Kopf" getroffen wurde. Dahlmeier habe sich nicht mehr bewegt, auf Krauss' Rufe folgte keine Antwort. Stundenlang habe Krauss versucht, Dahlmeier zu erreichen. "Aufgrund der Schwere des Geländes und des weiterhin anhaltenden Steinschlags" sei das aber unmöglich gewesen, heißt es in einer Mitteilung des Managements der Olympiasiegerin. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Ex-Biathletin sofort tot war. Unaufgeregt und klar sprechen Huber und Krauss über das Erlebte. Die Pressekonferenz gibt Medien nicht nur neue Informationen, sondern einigen Fans offenbar auch Anlass zur Diskussion. Das Auftreten Hubers und Krauss' ist einigen offenbar zu kühl, es hagelt Kritik. Huber wehrt sich deutlich. "Viele eurer anschließenden Kommentare waren respektlos, und ihr habt keine Ahnung, was in uns allen vorgeht, wenn wir diese Geschichte vor laufender Kamera erzählen. Hätten wir weinen sollen? Ich hatte selbst kaum Zeit, es wirklich zu verarbeiten", schreibt er tags darauf in einem Instagram-Post. Er betont, er habe in der Notsituation funktionieren müssen. "Erst als ich aus den Bergen ging, konnte ich über vieles nachdenken, loslassen, über das mit Laura Erlebte lachen, bekam wässrige Augen, konnte es nicht fassen, dass das alles wahr ist." Huber ist froh, wieder in die Berge zu können, die Fankritik, den Medienrummel und das Erlebte hinter sich zu lassen. "Wenn ich dorthin gehe, bin ich nie allein" Eine Bergung des Leichnams findet nach einigem Hin und Her nicht mehr statt. Dahlmeier bleibt am Laila Peak. "Laura ist dort begraben, wo sie glücklich war und sich frei fühlte", soll ihr Vater Andreas später der "Sport Bild" sagen. "Ich stelle mir vor, wenn Laura in einem Grab auf einem Friedhof liegen würde, und den ganzen Tag über kommen Leute vorbei – sie würde aufschauen und denken: Meine Güte, schon wieder ist jemand da. Lasst mir doch endlich mal meine Ruhe! Ich glaube, Laura hätte es so gewollt, in den Bergen ihren Frieden zu finden", ist ihr Vater überzeugt. Knapp zwei Wochen nach ihrem Tod findet eine Trauerfeier in der Wallfahrtskirche St. Anton in ihrer Heimatstadt Garmisch-Partenkirchen statt. Rund 200 Gäste sind geladen, darunter ihre ehemalige Teamkollegin Maren Hammerschmidt und Biathlon-Olympiasieger Sven Fischer. Über die Gäste hatte Dahlmeier vor ihrem Tod selbst entschieden. "Sie hat gesagt, es sollen nur die kommen, die sie gerne mochte. Die sie nicht mochte, sollten nicht kommen. Auch da war sie gradlinig", sagt ihr Vater. Im September entscheidet sich die Stadt Garmisch-Partenkirchen dazu, den örtlichen Kurpark in "Laura-Dahlmeier-Park" umzubenennen. Bürgermeisterin Elisabeth Koch erklärt: "Dass wir den Park, in dem Laura oft gefeiert wurde und den sie mit ihrer Heimat eng verbunden hat, nun dauerhaft nach ihr benennen, ist ein klares Bekenntnis unserer Gemeinde." Der Kurpark solle ein "Ort des Gedenkens, der Dankbarkeit und der Inspiration sein – für heutige und kommende Generationen". Vater Andreas ist davon überwältigt. "Wenn ich dorthin (Kurpark, Anm. d. Red. ) gehe, bin ich nie allein. Die Anteilnahme ist immer noch riesengroß", sagt er der "Sport Bild" drei Monate nach der Umbenennung des Parks. Aber nicht nur in Garmisch-Partenkirchen wird Laura Dahlmeier nicht vergessen. Auch bei der Festveranstaltung zur Wahl der Sportler des Jahres in Baden-Baden findet ein Gedenken statt. Es wird ein Video gezeigt mit Bildern von Laura Dahlmeier in den Bergen, Gregor Meyle singt im Anschluss ein dazu passendes Lied. Es gibt stehende Ovationen, im Publikum fließen Tränen. Auch bei Magdalena Neuner, Dahlmeiers Vorgängerin im deutschen Biathlon und enger Wegbegleiterin. Es ist auch gleichzeitig der Abschluss eines aufwühlenden und emotionalen Jahres für den deutschen Wintersport. Der eine Ikone verloren hat, die überall beliebt war. Dahlmeier hat den deutschen Biathlonsport über Jahre geprägt. Ihr Name wird bleiben – im Kurpark ihrer Heimatstadt, in der Sportgeschichte, in den Erinnerungen vieler.