China: Strafzölle treffen Milchindustrie Europas hart
China greift im Handelsstreit mit der EU jetzt auch europäische Milchprodukte an: Mit hohen Strafzöllen setzt Peking Käse- und Sahneexporteure unter Druck. China verschärft den Handelskonflikt mit der Europäischen Union und nimmt gezielt die Milchindustrie ins Visier. Seit Dienstag erhebt die Volksrepublik vorläufige Sonderzölle von bis zu 42,7 Prozent auf bestimmte Milchprodukte aus der EU. Betroffen sind unter anderem Käse- und Sahneexporte – ein Schritt, der in Deutschland und Frankreich mit großer Sorge aufgenommen wird. Der Milchindustrie-Verband in Berlin sprach von einem "harten Schlag" für die Unternehmen. Wenn künftig "das Doppelte oder gar Fünffache an Zollgebühren fällig werde", sei das für viele Exporteure schwer zu verkraften, erklärte Verbandssprecher Roderik Wickert. Studie zeigt Ausmaß: So groß ist der Schaden durch Trumps Zölle "Trump-Klasse": US-Präsident zeigt Pläne für neue Kriegsschiffe Zwischen Deutschland und China hätten sich in der Vergangenheit "zuverlässige und vertrauensvolle Handelsbeziehungen über hochwertige Milcherzeugnisse und Zutaten für den chinesischen Markt entwickelt", erklärte Wickert weiter. "Diese sind nun ein wenig eingetrübt." Er verwies auf die ohnehin schon angespannte Lage auf dem Markt. Zugleich betonte er, es seien "nur wenige Milchprodukte betroffen". Auch Frankreichs Milchindustrie reagierte alarmiert. Der Chef des französischen Branchenverbands, François-Xavier Huard, nannte die Zölle einen "Schock", insbesondere für große Exporteure wie den Konzern Savencia. "Fragwürdige Behauptungen und unzureichende Beweise" Nach Angaben des chinesischen Handelsministeriums sind die Abgaben das Ergebnis einer seit August 2024 laufenden Anti-Subventionsuntersuchung. Vorläufige Erkenntnisse hätten gezeigt, dass staatliche Förderungen in der EU der heimischen Milchwirtschaft in China "erheblichen Schaden" zufügten. Für Produkte wie Frischkäse oder Blauschimmelkäse müssen Exporteure künftig "Sicherheitsleistungen" zwischen 21,9 und 42,7 Prozent hinterlegen. Molke und Milchpulver, die einen großen Teil der EU-Ausfuhren nach China ausmachen, sind davon allerdings ausgenommen. Die EU-Kommission wies die Vorwürfe zurück. Die chinesische Untersuchung beruhe auf "fragwürdigen Behauptungen und unzureichenden Beweisen", erklärte ein Sprecher in Brüssel . Die Maßnahmen seien ungerechtfertigt und unangemessen, die EU werde ihre Landwirte und Exporteure schützen. Ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums betonte indes, man handle "besonnen" und sei weiterhin zu Gesprächen mit der EU bereit. Jahrelanger Handelsstreit zwischen China und der EU Hintergrund der Zölle ist der seit Jahren schwelende Handelsstreit zwischen Peking und Brüssel. China hatte die Untersuchung zu Milchprodukten als Reaktion auf das von der EU eingeleitete Antidumping-Verfahren zu staatlichen Subventionen für chinesische Elektroautos gestartet. Die vorläufigen Zölle können noch angepasst werden – wie zuletzt bei Schweinefleisch aus der EU, bei dem China die Abgaben zwar verlängerte, aber senkte. Betroffen sind unter anderem bekannte Käsesorten wie Camembert und Roquefort. 2024 importierte China solche Milchprodukte aus der EU im Wert von rund 589 Millionen Dollar. Besonders hohe Zölle treffen laut chinesischem Handelsministerium Unternehmen, die sich nicht an der Untersuchung beteiligt haben, etwa die belgische und niederländische Sparte von FrieslandCampina. Ein Dutzend französische Unternehmen werden mit 29,7 Prozent belegt, während für rund 50 weitere Firmen aus Ländern wie Italien, Frankreich und Deutschland ein Satz von 28,6 Prozent gilt. Die EU ist nach Neuseeland der zweitgrößte Lieferant von Milchprodukten für China, zugleich hat das Land seine eigene Milchwirtschaft stark ausgebaut und ist inzwischen der drittgrößte Milchproduzent weltweit. Sinkende Nachfrage – etwa durch die rückläufige Geburtenrate – und steigendes Angebot setzen den Markt zusätzlich unter Druck. Vertrauenskrise in China Mit dem raschen Wachstum der Branche ging lange eine aggressive Niedrigpreisstrategie vieler Handelsunternehmen und Molkereien einher. Um die Gewinne dennoch hochzuhalten, begannen einzelne Produzenten, Milch zu verfälschen – zunächst durch einfache Verdünnung mit Wasser, berichtet die Entwicklungs- und Umweltorganisation "Germanwatch". Der Höhepunkt dieser Entwicklung war der sogenannte Melamin-Skandal im Jahr 2008. Damals wurde die Industriechemikalie Melamin der Milch beigemischt, um einen höheren Eiweißgehalt vorzutäuschen und höhere Preise zu erzielen. Das gesundheitsschädliche Mittel gelangte auch in Babynahrung: Zahlreiche Kinder erkrankten, mehrere starben. Der Skandal setzte die chinesische Regierung massiv unter Druck. Als Reaktion förderte sie eine stärkere Konzentration der Molkereien. Wenige große Betriebe sollten sich leichter kontrollieren lassen als viele kleinere. Das Vertrauen der chinesischen Verbraucherinnen und Verbraucher in heimische Milchprodukte gilt bis heute als erschüttert, so "Germanwatch". Durch die neuen Zölle dürften die Preise in China für einige Käsesorten deutlich steigen.
