Estland: Russische Soldaten nähern sich Grenze – Behörden schließen Straß
Am Freitag nähern sich offenbar russische Soldaten der estnischen Grenze. Die dortigen Behörden reagieren schnell und schließen eine wichtige Straße. Mittlerweile ist die Lage wieder ruhig. Wegen mutmaßlicher russischer Militäraktivitäten haben die estnischen Behörden am vergangenen Freitag eine wichtige Verbindungsstraße im Südosten des Landes gesperrt. Grund dafür war das Auftauchen mehrerer bewaffneter russischer Soldaten im sogenannten Saatse-Stiefel, einem etwa einen Kilometer langen Abschnitt russischen Territoriums, der in estnisches Gebiet hineinragt. Laut der Polizei- und Grenzschutzbehörde (PPA) war dort "mehr Bewegung als üblich" zu beobachten. Die Sperrung betrifft die Straße 178 zwischen den Dörfern Värska und Ulitina, die durch das 115 Hektar große russische Gebiet führt. Eine Umleitung über Värska, Treski, Matsuri und Sesniki wurde eingerichtet und bleibt mindestens bis Dienstag bestehen. Ziel der Maßnahme sei es, "mögliche Provokationen und Vorfälle zu verhindern", erklärte die PPA in einer Mitteilung. Für den Fall von russischem Angriff: Balten bereiten mögliche Massenevakuierung vor Fahnenflucht in Russlands Armee: Ihnen droht die "Karussell-Strafe" Offenbar keine Grenzbeamte Ein am Samstag veröffentlichtes Video der Behörde zeigt sieben uniformierte Personen mit Waffen und verdeckten Gesichtern auf der Straße im Saatse-Stiefel. Laut Meelis Saarepuu, dem Leiter des Grenzschutzbüros der Südpräfektur, handelte es sich dabei "basierend auf ihren Uniformen" nicht um russische Grenzbeamte. Die Gruppe sei ab Freitagnachmittag "zunächst entlang der Straße und später in einer Linie quer über die Fahrbahn" unterwegs gewesen. Auf dem geteilten Video sind keine Abzeichen auf den Uniformen zu erkennen. Diese Bewegung habe für die estnischen Behörden eine eindeutige Bedrohung dargestellt. Fahrzeuge wurden gestoppt, Fahrer gewarnt und ein vorübergehendes Passierverbot verhängt. Auf eine Anfrage an die russischen Stellen reagierte Moskau laut Saarepuu mit der Aussage, es handele sich um "eine routinemäßige Operation". "Das ist bisher noch nie passiert" Auch Estlands Innenminister Igor Taro äußerte sich zu dem Vorfall. Zwar sei die Präsenz bewaffneter russischer Kräfte im Saatse-Stiefel nicht grundsätzlich ungewöhnlich, sagte er der Zeitung "Postimees". Doch "neu ist, dass sie mitten auf der Straße standen – das ist bisher noch nie passiert". Taro betonte, dass die Lage inzwischen "ruhig" sei und keine unmittelbare Kriegsgefahr bestehe. Das hätten auch die estnischen Verteidigungskräfte bestätigt. Rekrutierungen für den Krieg: Das offenbart ein Problem der russischen Armee Russlands Haushalt 2026: Jetzt bittet Putin die Bevölkerung zur Kasse Gleichzeitig wies er auf langfristige Pläne hin, die Straße künftig ganz aus dem russischen Gebiet herauszuführen. "Ich möchte nicht, dass jemand, der durch den Saatse-Stiefel fährt, am Ende beispielsweise in einem Gefängnis in Pskow landet", so Taro. Saarepuu betonte, dass die estnischen Grenzschützer regelmäßig mit russischen Provokationen konfrontiert seien – etwa dem Diebstahl von Grenzmarkierungen oder der Störung von GPS-Signalen. Auch wenn sich der Zwischenfall nicht auf das generelle Bedrohungsniveau ausgewirkt habe, bleibe die Lage an der Grenze angespannt. Die PPA bestätigte am Samstag, dass sich die bewaffnete russische Einheit mittlerweile wieder aus dem Gebiet zurückgezogen habe. Außenminister rechnet mit weiteren Provokationen Noch am Samstag hatte der estnische Außenminister Margus Tsahkna der Nachrichtenagentur dpa erklärt, dass er mit weiteren russischen Provokationen rechne. Dabei bezog er sich jedoch auf das Eindringen von Drohnen und Kampfjets in den Luftraum der Nato . "Ich bin mir sicher, dass Russland diese Provokationen fortsetzen wird. Es geht nicht um Estland, sondern um die Einheit der Nato sowie darum, unsere Fähigkeiten und auch die transatlantische Einheit zu testen", sagte Tsahkna. In Estland waren im September drei russische Kampfjets etwa zwölf Minuten lang in den Luftraum des EU- und Nato-Landes eingedrungen. Die Regierung in Tallinn hatte deswegen sowohl eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats als auch Beratungen nach Artikel 4 des Nato-Vertrags mit den Verbündeten beantragt. In der anschließenden Erklärung warnte die Militärallianz Russland unter Androhung von Gewalt vor weiteren Grenzverletzungen. Die neuesten Entwicklungen an der estnischen Grenze sind vermutlich Teil der russischen hybriden Kriegsführung gegen den Westen. Dazu gehören etwa Desinformationskampagnen, der Einsatz von Soldaten ohne Hoheitsabzeichen oder Angriffe auf kritische Infrastruktur. Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim mittels Putins "grüner Männlein" im Jahr 2014 ist ein Paradebeispiel dafür, wie Russland hybride Kriegsführung nutzt. Der Fall in Estland weckt wegen der fehlenden Abzeichen Erinnerungen an dieses Vorgehen.