Brandstiftungen: Vierfacher Feuermord von Solingen vor Urteil
Im Prozess um den vierfachen Feuermord von Solingen und Mordversuchen an 20 Menschen sind die letzten Plädoyers gehalten worden. Dann meldete sich der geständige Angeklagte zu Wort.
Vor der Urteilsverkündung ist es im Prozess um den vierfachen Feuermord von Solingen zu einem Schlagabtausch von Verteidigern und Nebenklage gekommen. Hinweise auf eine rechte Gesinnung des Angeklagten seien verheimlicht worden, sagte Nebenklage-Vertreterin Seda Başay-Yıldız. Erst auf Druck der Nebenklage habe die Polizei umfangreich nachermitteln müssen.
Ein volksverhetzendes Gedicht in der Garage des Angeklagten sei für jeden sichtbar gewesen, nur nicht für die Ermittler, sagte sie. Ein Vermerk der Polizei, die die Tat anfangs als rassistische Tat eingestuft habe, sei durchgestrichen und abgeändert worden. "Alles, was rechts sein könnte, wird kleingeredet", kritisierte die Rechtsanwältin.
Das Feuer in einem Wohnhaus der Wuppertaler Normannenstraße im Januar 2022 sei als technischer Defekt abgetan worden, obwohl ein Gutachter drei Jahre später nach wenigen Minuten zu dem Ergebnis gekommen sei, dass es sich um einen vorsätzlichen Brandanschlag gehandelt habe. "Wenn man damals seine Arbeit gemacht hätte, hätten diese Menschen nicht sterben müssen." Wegen des Brandes wird inzwischen gesondert gegen den Angeklagten ermittelt.
"Tritt in den Hintern" der Ermittler
Der Angeklagte habe einschlägig rechtsradikale Seiten besucht. Er habe sich mehrfach ein Lied mit dem Text "Deutschland den Deutschen – Ausländer raus" angehört, das verbotene Horst-Wessel-Lied sowie Propagandareden von Hitler und Himmler. Das sei als "sporadisches Interesse" vom Staatsschutz abgetan worden. "Der Angeklagte hat ein Doppelleben geführt, er hat ein zweites Gesicht", sagte die Anwältin.
Die Verteidiger hielten der Nebenklage zugute, dass sie Schlampereien aufgedeckt habe und die Polizei schließlich gezwungen war, weitere umfangreiche Ermittlungen zu führen. Der "Tritt in den Hintern" habe aber ihren Mandanten eher entlastet. Bei 14.000 Internetsuchen habe man lediglich in zwölf Fällen rechte Inhalte entdeckt. Es gebe keine unmittelbaren Anhaltspunkte für einen rechtsradikalen Anschlag.
Im Übrigen hätte es für den Angeklagten keinen Unterschied gemacht, dies zuzugeben. "Er kassiert ohnehin die Höchststrafe, das hätte er auch einräumen können", sagte sein Verteidiger.
Urteil am Nachmittag erwartet
In seinem Schlusswort sagte der Angeklagte Daniel S.: "Durch mein Handeln habe ich unvorstellbares Leid verursacht. Ich bin dafür verantwortlich, dass Angehörige ihre Liebsten verloren haben. Ich kann die Zeit leider nicht zurückdrehen, sondern nur sagen, dass es mir aufrichtig leidtut."
Die Strafkammer des Landgerichts zog sich zur Beratung zurück. Vor 15.30 Uhr sei nicht mit dem Urteil zu rechnen, sagte der Vorsitzende Richter Jochen Kötter.
Höchststrafe gefordert
Die Staatsanwaltschaft hatte bereits am Montag die Höchststrafe für den Solinger beantragt. Mehrere Nebenkläger haben sich dem angeschlossen. Der 40-Jährige hatte den vierfachen Mord, weitere Brandstiftungen in Wohnhäusern und eine Macheten-Attacke auf einen langjährigen Freund gestanden. Trotz des raschen Geständnisses kamen im Prozess immer wieder neue Details ans Licht.
Bei dem tödlichen Feuer am 25. März 2024 starb in Solingen eine bulgarische Familie im Dachgeschoss - die 28 und 29 Jahre alten Eltern und ihre beiden Töchter im Alter von drei Jahren sowie wenigen Monaten. Mehrere Menschen wurden bei verzweifelten Sprüngen aus dem brennenden Haus schwer verletzt. Der Angeklagte wohnte selbst früher im Hinterhaus des Brandhauses. Nach einem Streit mit seiner Vermieterin musste er ausziehen.