Spremberg: Bürgermeisterin schlägt wegen Neonazis Alarm
Rechtsextreme Vorfälle häufen sich in Spremberg. Bürgermeisterin Herntier warnt vor einem Klima der Angst – und fordert Unterstützung von Außen. Während "Baseballschlägerjahre" brach der Rechtsextremismus in vielen ostdeutschen Städten an die Oberfläche. Neonazis konnten in den 1990er-Jahren, in denen diese Epoche der deutschen Geschichte spielt, vielerorts tun und lassen, was sie wollen. Ob wegen langer Haare, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Subkultur oder der falschen Hautfarbe: Wer den Neonazis nicht gefiel, wurde verprügelt – oder sogar ermordet, wie der Brandanschlag in Mölln oder der Mord an Nguyễn Văn Tú in Berlin-Marzahn zeigen. Heute ist der Rechtsextremismus nicht nur, aber vor allem in den Ländern Ost- und Mitteldeutschlands zurück. So auch in Spremberg , einer Kleinstadt mit etwas mehr als 20.000 Einwohnern in Brandenburg. Hier hat Bürgermeisterin Christine Herntier (Parteilos) in einem öffentlichen Schreiben an die Bürger ihrer Stadt Alarm geschlagen. Sie warnt vor rechtsextremen Umtrieben in ihrer Stadt: "Heute kleben sie Sticker – was machen sie morgen?", erklärt sie der Deutschen Presse-Agentur. Bürgermeisterin beschuldigt Neonazi-Kleinstpartei Die Zahl rechtsextremer Vorfälle sei in den vergangenen Monaten "dramatisch gestiegen", warnt die Bürgermeisterin. Rechtsextreme Anhänger der Neonazi-Partei "Der III. Weg" hätten Hakenkreuze, Verherrlichungen von Adolf Hitler und fremdenfeindliche Parolen an Hausfassaden gesprüht. Auch Schüler und Lehrer der örtlichen Schulen hätten ihr von Vorfällen berichtet – teils mit Angst, teils mit Wut. "Wie kann es sein, dass Lehrer und Schüler voller Wut und Angst zu mir kommen und mir Dinge erzählen, die ich nicht für möglich gehalten hätte?", fragt Herntier in ihrem Schreiben, das im Amtsblatt der Stadt veröffentlicht wurde. Rechtsextremismus ist in der Lausitzer Kleinstadt kein neues Problem: Laut Beobachtern sind Neonazis schon länger im Ort aktiv. Bereits vor über zehn Jahren gab es Berichte über rechtsextreme Gewalttaten in Spremberg. 2023 wurde ein Brandsatz gegen eine Regenbogenfahne an einer Kirche geworfen. Laut Verfassungsschutz ist Südbrandenburg seit Jahren eine Hochburg rechtsextremer Aktivitäten. Die Kleinstpartei "Der Dritte Weg", die laut Behörde ein verfassungsfeindliches Gesellschaftsbild vertritt, wird auch in Spremberg genannt. Sozialarbeiter berichten von Jugendlichen, die durch Freizeitangebote wie Lagerfeuer oder Sportveranstaltungen in rechte Kreise gezogen werden. "Wenn nur noch die Rechten die Freizeitangebote bestimmen, ist klar, wo es hingeht", sagte der Berater Joschka Fröschner von der Beratungsstelle Opferperspektive. Radikalisierung beginnt in jungen Jahren Besonders alarmierend sei, dass sich inzwischen bereits 12- bis 15-Jährige offen rechtsextrem äußerten. Auch in sozialen Netzwerken kursierten Videos mit rechtsextremen Gesten. "Irgendwann kommt vielleicht der Punkt, an dem sie anfangen, sich Randgruppen rauszusuchen", warnt der Spremberger Sozialarbeiter Benny Stobinski. Herntier kündigte an, die Stadt wolle mit Sicherheitsdiensten und neuen Begegnungsräumen reagieren. Konkrete Maßnahmen nannte sie noch nicht. Klar sei jedoch: "Das kann die Stadt nicht alleine lösen." Sie fordert Unterstützung von Polizei und Verfassungsschutz – und appelliert an ein breites gesellschaftliches Engagement: "Ich hoffe darauf, dass man erkennt, dass es nicht nur ein Thema von Spremberg ist."