ZDF-Talkshow: Grünenpolitiker bei Markus Lanz: "Herr Merz hat sich an die Macht gelogen"
Der Grünenpolitiker Anton Hofreiter teilt am Dienstagabend in der Talkshow von Markus Lanz ordentlich aus. Nicht nur Friedrich Merz wird von ihm scharf kritisiert.
Markus Lanz' Sendung ist am Dienstagabend hochkarätig besetzt. Zum Beispiel sitzt der Wirtschaftsprofessor Rüdiger Bachmann im Studio. Oder der Verteidigungsexperte Carlo Masala. Ein gutes Duo, um das historische Finanzpaket zu diskutieren, auf das SPD und Union sich geeinigt haben.
Zur Erinnerung: Die Schuldenbremse soll nach dem Willen von Union und SPD für Verteidigungsausgaben gelockert werden. Die beiden Parteien haben sich außerdem auf ein Sondervermögen für die Instandsetzung der Infrastruktur geeinigt – ganze 500 Milliarden Euro schwer. Die Beschlüsse sollen noch vom alten Bundestag getroffen werden. Doch die künftige, mögliche Koalition aus Union und SPD hat dort nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Grundgesetzänderung. Sie brauchen daher Stimmen von Grünen oder FDP.
Ein Problem hat Markus Lanz: Er hat zwar den Grünen Anton Hofreiter im Studio, aber niemanden aus der Union oder der SPD. Zu Hofreiter gesellen sich noch der Politiker Jan van Aken (Die Linke) und die Journalisten Sabine Rennefanz und Elmar Theveßen.
Die "Spiegel"-Redakteurin Rennefanz kritisiert, dass noch der alte Bundestag über die Maßnahmen abstimmen soll: "Die Leute haben gewählt, und jetzt wird mit einem anderen Parlament noch schnell was durchgeboxt." Sie stellt auch zwei rhetorische Fragen in den Raum: "Wozu haben wir dann gewählt? Hätten wir uns das vielleicht sparen können?" Rennefanz erinnert auch auf die ablehnende Haltung der Unionsparteien vor der Wahl, zusätzliche Schulden aufzunehmen. Vor der Wahl sei das ganz anders postuliert worden, sagt die Journalistin.
Wirtschaftsprofessor bei Markus Lanz: "’Ne dreckige Nummer"
Der Wirtschaftsprofessor Rüdiger Bachmann ist weniger kritisch. Er findet, die künftigen Koalitionspartner hätten das "schon gut gemacht". Ökonomisch zumindest sei das sinnvoll, denn die Verteidigungsindustrie brauche langfristige Ansagen. Da helfen Entscheidungen, die früh kommen und für mehr als nur ein paar Jahre gelten.
Auch gesamtwirtschaftlich seien die Beschlüsse clever, denn Deutschland sei mit einer schrumpfenden Autoindustrie konfrontiert. Die könne nun aber auch andere Güter herstellen, die auch militärisch nutzbar seien. Drohnen zum Beispiel. Es handele sich insgesamt also um ein Wachstumsprogramm. "Ökonomisch gut designt", so das Fazit des Professors. Allerdings: "Dass das demokratietheoretisch ’ne dreckige Nummer war – vermutlich."
Dann ist Anton Hofreiter an der Reihe. Der Grünenpolitiker ist für markige Statements bekannt. Und er enttäuscht auch am Dienstagabend nicht: "Herr Merz hat sich an die Macht gelogen." Markus Lanz unterbricht ihn: "Harter Satz!" Damit ihn auf jeden Fall niemand verpasst, wiederholt er den Satz.
Hofreiter wirkt jetzt aufgebracht: "Es war von Anfang an klar. Wer auch nur ein bisschen rechnen konnte … Wenn [Merz] an die Macht kommt, dann wird [die Ablehnung der Schuldenbremse] nicht mehr haltbar sein." Da erinnert der Politiker an ein Statement des Generalsekretärs der CDU, Carsten Linnemann. Der war in der vergangenen Woche im Studio bei Markus Lanz. "Das war lachhaft", kommentiert Hofreiter. "Es stimmt nicht, es kann nicht stimmen." Aber was meint er?
Eingefleischte Markus Lanz-Zuschauer werden sich erinnern: Linnemann hatte verkündet, er werde dafür kämpfen, dass die Schuldenbremse bleibt: "Die Erfahrung zeigt, dass wenn die Schulden gemacht werden können, dann gibt es kein Halten mehr. Politiker haben immer Ideen, wie sie das Geld ausgeben", sagte Linnemann noch vor wenigen Tagen.
Hofreiter: "So doof ist auch Herr Linnemann nicht"
Markus Lanz versucht, den CDU-Generalsekretär ein wenig in Schutz zu nehmen und meint, er sei "guten Willens" gewesen. Hofreiter sagt dazu nur: "Nein, er war nicht guten Willens. So doof ist auch Herr Linnemann nicht." Allgemeine Erheiterung im Studio.
Aber wie werden die Grünen abstimmen? Hofreiter erinnert daran, dass SPD und Union eine Zwei-Drittel-Mehrheit brauchen, aber keine haben. Die Grünen müssten also unter anderem zustimmen. Bisher habe man aber nur eine Pressemitteilung gesehen. Eins sei klar: "Wir werden verhandeln müssen."
Denn im Grundsatz sei man in der grünen Partei davon überzeugt, dass Geld zur Verfügung gestellt werden müsse. Aber man wolle sicherstellen, dass die Beschlüsse nicht am Ende vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern. Außerdem wolle man eine grundlegende Reform der Schuldenbremse. Man brauche mehr Flexibilität und Ausgaben für Satelliten und Cyberabwehr, zum Beispiel: "Da werden wir Unmengen Milliarden brauchen", erklärt Hofreiter. Auch, um Krankenhäuser und Kraftwerke vor Angriffen zu schützen. "Über all das müssen wir reden, sonst sind wir wieder zu kurz gesprungen."
Am Ende seiner Rede fallen Anton Hofreiter dann noch ein paar Kernthemen der Grünen ein: Transformation und Klima: "Das geht auch nicht einfach weg." Einer der Sätze, über die die Runde bei Markus Lanz nicht streiten muss.