Rente und Öffnungsklausel: Wann Rentner weniger Steuern zahlen müssen
Jeden Tag beantwortet ein Experte aus der t-online-Ratgeberredaktion eine Leserfrage rund ums Geld. Heute: Wer kann die Öffnungsklausel bei der Rente nutzen? Bei der Rente gibt es viele Regeln – und häufig eine Ausnahme davon. Eine solche ist die sogenannte Öffnungsklausel, die bei der Besteuerung von Renten greift. Ein t-online-Leser möchte wissen, wer die Klausel nutzen kann. Um das zu beantworten, muss man zunächst verstehen, wie die Rentenbesteuerung überhaupt funktioniert. Denn: Im Jahr 2005 hat sich die Art, wie Deutschland Steuern auf Renten erhebt, grundlegend geändert. Seitdem gilt die sogenannte nachgelagerte Besteuerung. Das bedeutet: Arbeitnehmer setzen ihre Rentenbeiträge während des Berufslebens von der Steuer ab, im Gegenzug zahlen sie später Steuern auf ihre Rente. Bis die Rente voll steuerpflichtig wird, dauert es aber noch: Erst ab 2058 müssen Rentner ihre Bezüge zu 100 Prozent versteuern. Bis dahin gelten niedrigere Prozentsätze, deren genaue Höhe von dem Jahr abhängt, in dem Sie erstmals gesetzliche Rente erhalten. 2025 liegt dieser Rentenfreibetrag zum Beispiel bei 16,5 Prozent. Das heißt: 83,5 Prozent der Rente sind steuerpflichtig. Was für andere Jahre des Rentenbeginns gilt, lesen Sie hier. Dieser schrittweise Übergang soll – zusammen mit der steuerlichen Absetzbarkeit der Rentenbeiträge – eine Doppelbesteuerung vermeiden. Es soll also verhindert werden, dass Sie eine größere Summe Ihrer Rente versteuern müssen, als Sie während des Arbeitslebens an Beiträgen in die Rentenversicherung von der Steuer absetzen konnten. Denn dann würden Sie als Rentner auf einen Teil des bereits versteuerten Einkommens noch einmal Steuern zahlen. Lesen Sie hier, wie Sie prüfen, ob Ihre Rente doppelt besteuert wird. Rente: Öffnungsklausel verhindert zu hohe Besteuerung Probleme mit der nachgelagerten Besteuerung kann es geben, wenn Sie in der Vergangenheit sehr hohe Rentenversicherungsbeiträge gezahlt haben. Genauer: Wenn Sie viele Jahre Beiträge geleistet haben, die über dem Jahreshöchstbetrag in der gesetzlichen Rentenversicherung lagen – also über der maximal möglichen Summe aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil. Dieser Höchstbetrag richtet sich nach der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze. Sie gibt an, bis zu welcher Höhe Ihres Einkommens Sie Rentenbeiträge zahlen müssen ( mehr dazu hier ). Beiträge oberhalb der Höchstbeiträge kamen nur vor, "wenn in der Vergangenheit Höherversicherungsbeiträge gezahlt wurden – das war bis 1997 möglich – oder Beiträge zu weiteren Alterssicherungssystemen wie beispielsweise berufsständischen Versorgungswerken oder zur landwirtschaftlichen Alterskasse", sagt Katja Braubach von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Diese erhöhten Beiträge führen dann zwar zu einer höheren Altersrente, aber auch zu einer zu hohen Besteuerung, wenn diese nach den seit 2005 geltenden Regeln besteuert würde. Teil der Rente kann günstiger besteuert werden Hier kommt nun die Öffnungsklausel ins Spiel: Haben Sie den Höchstbeitrag der gesetzlichen Rentenversicherung vor 2005 in mindestens zehn Jahren überschritten, können Sie beantragen, dass der Teil Ihrer Rente, der auf diesen zusätzlichen Beiträgen beruht, nicht nach den aktuellen Regeln besteuert wird, sondern nach denen, die bis 2004 galten. Dann wird dafür der sogenannte Ertragsanteil herangezogen. Damit ist nur ein fiktiver Ertrag der Rentenbeiträge steuerpflichtig, dessen Höhe von Ihrem Alter bei Rentenbeginn abhängt. Er ist in jedem Fall günstiger für Sie als der neue Besteuerungsanteil. Wer etwa mit 65 Jahren in Rente geht, muss den Teil seiner Rente, der auf den erhöhten Beiträgen beruht, nur zu 18 Prozent versteuern. Rechenbeispiel: Was bringt die Öffnungsklausel? Welchen Vorteil die Öffnungsklausel bringt, zeigt ein Beispiel: Nehmen wir an, Sie sind 2024 mit 65 Jahren in Rente gegangen und bekommen seitdem eine monatliche Rente 1.500 Euro. Die Rentenzahlstelle hat Ihnen bestätigt, dass 30 Prozent Ihrer Rente auf den bis 2004 geleisteten erhöhten Beiträgen beruhen. Dann müssten Sie Ihre Rente folgendermaßen versteuern: 70 Prozent der 1.500 Euro wären nach den Regeln der neuen Rentenbesteuerung steuerpflichtig. Da Sie 2024 in Rente gegangen sind, müssen Sie 83 Prozent davon versteuern. Macht aufs Jahr gerechnet 10.458 Euro steuerpflichtige Rente (1.500 Euro x 70 Prozent x 12 Monate x 83 Prozent). Die restlichen 30 Prozent der 1.500 Euro wären nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern. Bei einem Rentenbeginn mit 65 Jahren also 18 Prozent. Macht aufs Jahr gerechnet 972 Euro steuerpflichtige Rente. Insgesamt müssen Sie also 11.430 Euro Rente versteuern. Zum Vergleich: Hätten Sie die Öffnungsklausel nicht beantragt, hätten Sie die gesamte Rente zu 83 Prozent versteuern müssen, also 14.940 Euro (1.500 Euro x 12 Monate x 83 Prozent) und damit 3.510 Euro mehr. Bestätigung fürs Finanzamt nötig Die Öffnungsklausel beantragen Sie bei Ihrer Rentenzahlstelle, zum Beispiel bei der Deutschen Rentenversicherung oder einem berufsständischen Versorgungswerk. Erfüllen Sie die Voraussetzungen, erhalten Sie eine Bestätigung, die Sie dann dem Finanzamt zusammen mit Ihrer Steuererklärung vorlegen können.