"Millionen von Toten": Bill Gates zeigt sich "ein wenig besorgt, vor allem wegen dieser USAID-Sache"
Die Webseite der US-Agentur für Internationale Entwicklung (USAID) wurde nach einer Ankündigung von US-Präsident Donald Trump offline genommen. Die Behörde sei bisher von "einem Haufen radikaler Verrückter" geleitet worden, so Trump am vergangenen Sonntag in Washington vor Journalisten. Der Milliardär Bill Gates teilte nun am Dienstag in der US-Sendung "The View" mit, er sei aufgrund der Entscheidung der Trump-Administration mehr als besorgt über die Zukunft der Behörde. Budgetkürzungen könnten zu "buchstäblich Millionen von Toten führen."
Der regierungsinterne Eklat in Washington startete, als hochrangige Sicherheitsbeamte von USAID in der letzten Woche versuchten, den Zugriff der Musk-"Abteilung für Regierungseffizienz" (Department of Government Efficiency – DOGE) auf die Systeme der Organisation zu verhindern. Die von Elon Musk mitgeleitete Behörde hatte US-Medienberichten zufolge letzte Woche die Bücher von USAID geprüft und massive Verschwendung und Missbrauch von Steuergeldern festgestellt.
Auf die Frage von Journalisten im Weißen Haus erklärte Trump zur Causa "USAID":
"Sie wird von einem Haufen radikaler Verrückter geleitet, und wir werden sie hinauswerfen, und dann werden wir eine Entscheidung über ihre Zukunft treffen."
Bill Gates erläuterte zu Wochenbeginn im US-Fernsehen seine Sicht auf die Rolle von Elon Musk und die Zukunftsaussichten von USAID:
"Nun, Elon, seine Arbeit im privaten Sektor war sehr innovativ, wirklich fantastisch. Viele Leute aus dem privaten Sektor nehmen sich, wenn sie in die Regierung kommen, nicht unbedingt die Zeit, um zu sehen, was die gute Arbeit ist oder warum sie so strukturiert ist, wie sie ist, deshalb bin ich ein wenig besorgt, besonders wegen dieser USAID-Sache."
Wörtlich erklärte der weltweit agierende Pharmalobbyist den US-Zuschauern dann:
"Meine Stiftung arbeitet mit USAID in den Bereichen Ernährung und Impfstoffe zusammen. Diese unglaublichen Menschen, das sind eigentlich keine Würmer, die dort arbeiten. Hoffentlich bekommen wir etwas von dieser Arbeit in irgendeiner Form zurück. Wenn nicht, könnte es buchstäblich Millionen von Todesfällen geben."
BILL GATES: “I’m a little worried, particularly with this USAID stuff. My foundation partners with USAID on nutrition and getting vaccines out … Hopefully we'll get some of that work back … If we don't, you could have literally millions of deaths.”pic.twitter.com/5RYcpdcJfF
— Chief Nerd (@TheChiefNerd) February 4, 2025
Exemplarisch für die Kooperation zwischen der Gates-Foundation und der USAID-Behörde ist eine Mitteilung der Stiftung aus dem Juni 2021. Dort heißt es:
"Die Bill & Melinda Gates Foundation und die US-Behörde für
Internationale Entwicklung (USAID) kündigten heute einen mit 10 Millionen Dollar dotierten Förderfonds an, um Finanzdienstleistungen über Mobiltelefone in Haiti in Gang zu bringen und die Bereitstellung von Bargeldhilfe für die Opfer des verheerenden Erdbebens in Haiti durch humanitäre Organisationen zu beschleunigen."
Ebenfalls im Jahr 2021 veröffentlichte eine Gruppe von 200 Organisationen unter der Leitung der "Alliance for Food Sovereignty in Africa" ein Schreiben, in dem die Bill & Melinda Gates Foundation sowie die USAID aufgefordert wurden, "die Finanzierung der Alliance for a Green Revolution in Africa (AGRA) einzustellen, da das milliardenschwere Projekt in seiner Aufgabe eindeutig gescheitert sei." Das gemeinsame Agieren habe der "Unterstützung afrikanischer Bauern geschadet", hieß es damals.
Laut US-Medien hat die Gates-Stiftung USAID im Laufe der Jahre seit 2012 rund 30 Millionen Dollar gespendet.
Die Trump-Musk-Offensive gegen die USAID könnte daher auch deswegen irritierend für Gates sein, da dieser sich nach einem Treffen mit dem US-Präsidenten zu Jahresbeginn mehr als begeistert übe Trump äußerte. So lautete eine US-Schlagzeile im Januar dieses Jahres:
"Bill Gates hatte ein 'faszinierendes' dreistündiges Abendessen mit Trump: 'Ich war ehrlich gesagt beeindruckt.'"
Gates kritisierte nun Musk in der Talk-Sendung, und erläuterte seine Investitionen in die kooperative Arbeit mit USAID wie folgt:
"Ich denke, dass er [Musk] im Falle von USAID die phänomenale Arbeit, die dort geleistet wird, nicht zu schätzen weiß. Es ist keine parteipolitische Arbeit. Es geht um Ernährung. Nun, wissen Sie, ich gebe Milliarden von Dollar aus für die gleiche Sache, die USAID macht. Ich gehe ins Feld und untersuche diese Dinge. Ich stelle Wissenschaftler ein. Wenn er also die Arbeit dort wirklich kennen würde, würde er nicht 10.000 Leute davon abhalten, diese Arbeit zu machen."
Bill Gates tells TODAY he thinks Elon Musk "doesn't appreciate" the work of USAID."I think in the case of USAID, he doesn't appreciate the phenomenal work that goes on. It's not partisan work. It's nutrition.""Well, you know, I give 1,000,000,000 of dollars to the same thing… pic.twitter.com/SpIVCHeAWQ
— Camus (@newstart_2024) February 4, 2025
Nachweislich arbeitet die USAID neben der Gates-Foundation in ihrem "Global Health Supply Chain Program" mit den ebenfalls kontrovers wahrgenommenen Organisationen der Clinton Health Access Initiative, McKinsey & Company sowie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammen. X-Nutzer verwiesen darauf, dass die britische BBC (in dem Falle "BBC Media Action") ebenfalls von USAID sowie der Bill & Melinda Gates Foundation finanziert werde.
In der deutschen Medienwelt "glänzte" dieser Tage ein Artikel der Süddeutschen Zeitung (SZ) mit mehr als wohlwollender Berichterstattung über Bill Gates (Bezahlschranke). In diesem Falle in Form einer ausführlichen Rezension. So heißt es einleitend:
"Bill Gates hat sich vom Erzkapitalisten zum Wohltäter gewandelt – und die Welt erhofft sich nun von seiner Autobiografie eine Antwort auf die Frage: Wann begann dieser Mann, anders zu denken als der Rest?"
Der Artikel trägt die Überschrift:
"Der gute Supernerd"
Das Buch ("Source Code – Meine Anfänge") sei zumindest "kein besonders packendes Buch". Dazu heißt es:
"Man kommt dem Menschen Bill Gates in diesem Buch dabei jedoch nicht sonderlich nahe. Das liegt zum einen daran, dass einem der Phänotyp des Nerds fremd bleibt. Er hat nur wenig Kontakt mit dem wirklichen Leben. Das mit den Mädchen klappt nicht so recht."
Die eigentliche, wichtige Message erfolgt an die SZ-Leser am Ende des Artikels:
"Das Timing für die Autobiografie könnte nicht besser sein: Derzeit teilt sich die Welt der Tech-Milliardäre in scherenschnitthafte Archetypen der guten und der bösen Onkel. Bill Gates ist anders. Er baut keine Raketen, trainiert sich keinen Kampfsportkörper an, unterstützt keine Rechtsradikalen, macht keinen Bückling vor Donald Trump."
In "rechten Kreisen" sei Gates während der "Corona-Pandemie" zur "Symbolfigur für allerlei Verschwörungsgeschichten" geworden. Für die SZ-Redaktion anscheinend beruhigend und unterstützend zu wissen:
"Für den Rest der Welt bleibt er der Antipode zu den Oligarchen der Tech-Welt, ein guter Geist und Weiser."
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