Insolvenz gefährdet Rente: 10.000 Zahnärzte bangen um Altersvorsorge
Die Insolvenz der Element-Versicherung bedroht die Altersvorsorge von Tausenden Ärzten in Berlin, Brandenburg und Bremen. Nun müssen alle Beteiligten dringend eine Lösung finden. Im Dezember 2024 geriet die Element Insurance AG in finanzielle Schwierigkeiten, nachdem ein wichtiger Rückversicherer seine Verträge gekündigt hatte. Dadurch fehlte dem Unternehmen das nötige Geld, um laufende Versicherungsverträge abzusichern. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) stellte daraufhin einen Insolvenzantrag, und am 8. Januar 2025 wurde das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet. Besonders betroffen von dieser Insolvenz ist das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin (VZB) – die Pflichtversorgungseinrichtung der Zahnärzte in Berlin, Bremen und Brandenburg. Das Versorgungswerk fungiert als Altersvorsorgeeinrichtung für rund 10.000 Zahnärzte und investierte die Beiträge seiner Mitglieder, um deren Rentenansprüche zu sichern. Die aktuelle Situation stellt das VZB vor die große Herausforderung, gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter Friedemann Ulrich Schade und der BaFin eine Lösung zu finden – denn im schlimmsten Fall droht den Mitgliedern des Versorgungswerks der Verlust ihrer zentralen Einkommensquelle im Ruhestand. Wer ist die Element Insurance AG? Die Element Insurance AG, gegründet als innovativer Versicherer, spezialisierte sich auf sogenannte White-Label-Versicherungen. Das bedeutet, sie entwickelte maßgeschneiderte Versicherungsprodukte für Partnerunternehmen, die diese unter eigenem Namen anboten. Zu den angebotenen Produkten zählten unter anderem Haftpflicht-, Unfall-, Hausrat-, Kfz-, Rechtsschutz- und Tierkrankenversicherungen. Viele Kunden waren sich dabei nicht bewusst, dass Element der eigentliche Risikoträger hinter ihren Policen war. Warum sind die Rentenbezüge Tausender Zahnärzte in Gefahr? In Zeiten anhaltender Niedrigzinsen sahen sich viele Versorgungswerke gezwungen, nach renditestärkeren Anlagen zu suchen, um die versprochenen Rentenleistungen erfüllen zu können. Traditionelle Festzinsanlagen boten nicht mehr die erforderlichen Erträge, sodass vermehrt in risikoreichere Investments wie Unternehmensbeteiligungen investiert wurde. Das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin entschied sich für eine signifikante Beteiligung an der Element Insurance AG, um höhere Renditen zu erzielen. Ende 2023 erhöhte das VZB laut "Frankfurter Allgemeine Zeitung" seinen Anteil an der Element Insurance AG von etwa 27 Prozent auf über 80 Prozent und wurde somit zum Hauptinvestor. VZB-Direktor Ralf Wohltmann hatte sich laut dem Onlineportal "Versicherungsbote" noch 2022 optimistisch gezeigt und betont, dass das Wachstum und die Innovationskraft von Element die Investition rechtfertigten. Bereits in den Jahren zuvor hatte das VZB Abschreibungen in Millionenhöhe vornehmen müssen und die angestrebten Renditen verfehlt. 2022 mussten 45 Millionen Euro abgeschrieben werden, 2023 waren es 65 Millionen Euro. Die versprochene Rendite von drei Prozent wurde nicht erreicht. Stattdessen lag sie bei 2,36 Prozent, heißt es in einem Bericht der "Frankfurter Rundschau". Durch die Insolvenz von Element drohen nun erhebliche finanzielle Verluste für das VZB. Wie sehen Lösungsansätze aus? Aktuell prüfen die BaFin, die Geschäftsführung von Element und der vorläufige Insolvenzverwalter, ob die bestehenden Versicherungsverträge auf einen solventen Versicherer übertragen werden können. Ziel ist es, den Versicherungsschutz für die Mitglieder aufrechtzuerhalten und die finanziellen Verluste zu minimieren. Sollte dies nicht gelingen, könnte das endgültige Insolvenzverfahren eingeleitet werden. Während klassische Lebensversicherungen durch den Sicherungsfonds Protektor abgesichert sind , gelten für Versorgungswerke andere Regeln. Falls ein Versorgungswerk in finanzielle Schieflage gerät, gibt es keine externe Rettungsinstanz – die Mitglieder tragen das Risiko gemeinsam. Für das VZB bedeutet dies, dass es mögliche Verluste aus der Beteiligung an der Element Versicherung kompensieren muss. Dazu könnten Maßnahmen wie die Anpassung der Anlagestrategie, die Erhöhung der Beiträge der Mitglieder oder im schlimmsten Fall die Kürzung der Rentenansprüche gehören. Warum können Zahnärzte die Versicherung nicht einfach wechseln? Für die betroffenen Mitglieder ist das besonders bitter, da sie nichts dagegen unternehmen können. Zahnärzte, Apotheker, Rechtsanwälte und andere Freiberufler sind in Deutschland nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Stattdessen gibt es für sie berufsständische Versorgungswerke, die per Satzung vorschreiben, dass Mitglieder automatisch pflichtversichert sind. Ein freiwilliger Austritt ist daher nicht möglich. Für die betroffenen Zahnärzte hingegen bleibt zu hoffen, dass durch geeignete Maßnahmen die Auswirkungen der Insolvenz abgefedert werden können und ihre Altersvorsorge gesichert bleibt.