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Borussia Dortmund in der Krise: Der BVB steht vor einem Scherbenhaufen

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Die Niederlage in Bologna hat die Krisenstimmung bei Borussia Dortmund noch einmal verschärft. Trainer Nuri Şahin steht vor dem Aus. Doch mit einem Wechsel an der Seitenlinie ist es nicht getan. Der Abpfiff ertönt, die Spieler von Borussia Dortmund rennen jubelnd zu ihren Fans oder liegen freudestrahlend auf dem Rasen, fallen einander weinend in die Arme. Marco Reus schnappt sich das Megafon, stimmt Schlachtrufe an, Spieler und Fans feiern gemeinsam. Der BVB steht im Finale der Champions League . Das war im Mai 2024. Acht Monate später jubeln nach dem Abpfiff in der Champions League andere. Mit 1:2 hat der BVB am Dienstagabend beim FC Bologna verloren, einem Team, das bis dahin kein einziges Spiel in der Königsklasse gewinnen und nur ein Tor erzielen konnte. Doch für Dortmund hat es gereicht. Das ist die bittere Realität. Trainer Nuri Şahin steht vor dem Aus. Geschäftsführer Lars Ricken vermied nach dem Spiel ein klares Bekenntnis , BVB-Berater Matthias Sammer bescheinigte der Mannschaft bei Prime Video eine "geistige und körperliche Nicht-Verfassung". Der blutleere und ängstliche Auftritt sprach Bände, von Aufbäumen keine Spur. Die Zeichen stehen auf Trennung. Nach nur einem halben Jahr wird Şahin den BVB aller Voraussicht nach verlassen müssen. Die bittere Realität aus Dortmunder Sicht: Eine Entlassung des Trainers allein löst die Krise nicht. Die Probleme liegen tiefer. Der BVB steht vor einem Scherbenhaufen. Eines der größten Probleme in Dortmund hat Nuri Şahin selbst nach dem Spiel in Bologna treffend analysiert. "Es geht einfach darum, dass dieser Verein endlich zur Ruhe findet, zur Ruhe kommt. Dass der Verein wieder erfolgreich wird, dass wir keine Nebenkriegsschauplätze haben", sagte der 36-Jährige. Zu viele Personen reden mit Schon im Sommer gab es Berichte über Spannungen zwischen einzelnen BVB-Bossen. So soll Kaderplaner Sven Mislintat im Sommer Verhandlungen mit Spielerberatern geführt haben, was eine klare Grenzüberschreitung war. Denn das ist eigentlich Aufgabe von Sportdirektor Sebastian Kehl. Zudem soll auch bei einigen Transfers Uneinigkeit zwischen den Funktionären geherrscht haben. Unruhe, die kurz vor dem Saisonstart alles andere als hilfreich war. Geschäftsführer Ricken setzt auf Kontinuität, stellte bei Bild TV klar: "Wir haben das Ganze noch einmal einen Schritt festgezurrt." Das war auch nötig, denn beim BVB gibt es viele Personen, die etwas zu sagen haben. Zu viele. Neben Trainer Şahin, Kaderplaner Mislintat, Sportdirektor Kehl und Geschäftsführer Ricken sind das natürlich auch Hans-Joachim Watzke, der Vorsitzende der Geschäftsführung, sowie Berater Matthias Sammer. Bayer Leverkusen zum Beispiel setzt auf ein schlankeres Führungsteam. Geschäftsführer Simon Rolfes leitet das Sportliche, sein Vorgesetzter, Fernando Carro, führt den Verein und hat das Finanzielle im Blick. Und Trainer Xabi Alonso darf in der Kaderplanung natürlich auch ein Wörtchen mitreden. Bei Vizemeister Stuttgart ist die Struktur ähnlich. Der BVB hingegen bremst sich mit seinen vielen meinungsstarken Entscheidungsträgern selbst aus. Passt der Kader zum Spielstil? Dazu fehlt in der Kaderplanung eine klare Linie, die auch zu einem eindeutigen Spielstil passt. Während Teams wie Leverkusen oder Stuttgart in der jüngeren Vergangenheit viele Treffer auf dem Transfermarkt landeten, ist die Ausbeute in Dortmund durchwachsen. Das liegt auch daran, dass sich der Spielstil des BVB immer wieder ändert. Auf Marco Rose (2021 bis 2022) folgte Edin Terzić (2022 bis 2024) und auf Terzić dann Nuri Şahin. Die Spielertypen, die die drei Trainer für ihr System bevorzugten, waren jeweils unterschiedlich. Şahin wollte mit dem BVB einen offensiven Ballbesitzfußball spielen, wie er auch in Leverkusen, Stuttgart oder neuerdings auch wieder in München erfolgreich zu sehen ist. Doch der Dortmunder Kader passt dazu nur teilweise. Außenverteidiger Julian Ryerson oder auch Kapitän Emre Can , die von Vorgänger Terzić geschätzt wurden, haben ihre Stärken vor allem in der Arbeit gegen den Ball. Auch die Offensivspieler Karim Adeyemi und Maximilian Beier brauchen für ihr hohes Tempo viel Platz, den sie in diesem System kaum bekommen. Mit Neuzugängen wie Pascal Groß oder Serhou Guirassy ging der BVB ein paar Schritte in die richtige Richtung, am Ende waren die Veränderungen aber nicht ausreichend. Der Kader wirkt nicht stimmig. Auch das zählt zur Wahrheit in der aktuellen Krise. Identifikation ist nicht alles Der BVB lebt von seinen Fans, von den 80.000 Menschen, die Woche für Woche ins Stadion strömen. Die Stimmung in Dortmund ist weltberühmt. Der BVB ist reich an Geschichte, weshalb Identifikation eine wichtige Rolle spielt. Aktuell aber eine zu große. Şahin und sein Assistent Łukasz Piszczek, Kehl, Ricken, Sammer, sie alle waren Spieler beim BVB. Klubchef Watzke ist auch seit mehr als 20 Jahren dabei, Kaderplaner Mislintat war schon in den 1990er-Jahren Spielanalyst. Sie alle kennen und lieben den BVB. Doch Impulse von außen sind rar gesät. Dabei täte dem Klub ein klarer, nüchterner Blick eines Experten oder einer Expertin ohne BVB-Vergangenheit gut. Fredi Bobic und sein Nachfolger Markus Krösche haben Eintracht Frankfurt aus dem Tabellenkeller in die Champions League geführt, ohne je ein Spiel mit dem Adler auf der Brust gemacht zu haben. Oliver Ruhnert hatte vor seiner Anstellung bei Union Berlin nichts mit den "Eisernen" zu tun, und doch spielten sie sechs Jahre nach seinem Amtsantritt nicht mehr in der 2. Bundesliga , sondern in der Champions League. Es ist die Mischung, die es macht. Identifikation ist bei einem emotionalen und tief in der Region verwurzelten Verein wie Borussia Dortmund wichtig, sie braucht aber auch einen Gegenspieler. Aktuell bekommt sie den nicht. Es liegt also auf der Hand, dass mit einem neuen Trainer nicht plötzlich alles besser wird. Klar, die Ergebnisse können kaum schlechter werden und ein neuer Coach kann das leblose Team beflügeln. Aber für den langfristigen Erfolg muss der BVB Entscheidungen treffen, die weitergehen und wehtun. Und zwar schnell, sonst ziehen noch mehr Vereine an der Borussia vorbei.