Champions League: BVB vor Spiel gegen Graz personell am Limit
Der Sieg gegen Leipzig hat Nuri Şahin und Borussia Dortmund etwas Luft verschafft. Nun wartet die nächste schwere Aufgabe. Doch der Kader ist an seiner Grenze angekommen. Nuri Şahin musste am Montagnachmittag etwas schmunzeln. Wahrscheinlich war es eine Prise Galgenhumor, die in den Gesichtszügen des Trainers von Borussia Dortmund zu erkennen war. "Da werden einige Plätze frei bleiben – definitiv", so der 36-Jährige auf die Frage, ob denn die Bank beim kommenden Champions-League-Spiel gegen Sturm Graz (am Dienstag ab 21 Uhr im Liveticker bei t-online) überhaupt komplett mit Auswechselspielern gefüllt werden könne. Şahin bleibt in diesen Tagen auch wenig anderes übrig. Der Kader seiner Mannschaft ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Alles pfeift aktuell aus dem letzten Loch. Denn: 13 Spieler umfasst die Verletztenliste des BVB aktuell. Neben dem seit einigen Wochen fehlenden Karim Adeyemi (Muskelfaserriss) gesellten sich zuletzt im Krankenlazarett unter anderem weitere Stammkräfte wie Niklas Süle (Sprunggelenkprobleme), Waldemar Anton (Oberschenkelprobleme), Julian Ryerson (Abduktorenbeschwerden), Torwart Gregor Kobel (Hüftprobleme) sowie Jamie Gittens (Sprunggelenkprobleme) dazu. Für Nuri Şahin in jeglicher Hinsicht äußerst ungünstig. Der 2:1-Sieg gegen RB Leipzig hat dem BVB-Coach am Wochenende etwas Luft verschafft. Zuvor war die Kritik an ihm bereits lauter geworden, war Dortmund doch zunächst in der Champions League von Real Madrid vermöbelt worden (2:5), ehe es eine Niederlage in der Bundesliga beim FC Augsburg setzte (1:2) und das Team in Wolfsburg nach Verlängerung aus dem DFB-Pokal flog. Şahin schien bereits angezählt – und coachte plötzlich eine stark ersatzgeschwächte Mannschaft zu einem Achtungserfolg gegen die Sachsen. "Man muss auch mal auf die Zähne beißen" Nun gilt es für den BVB aber, dieses Gefühl auch in die kommenden beiden Partien (gegen Graz und Mainz) zu verlagern – und sich mit dem verbliebenen Rumpfkader irgendwie in die Länderspielpause zu retten. "Dann können wir endlich unsere Wunden lecken", so Şahin. Heißt: Nach der Länderspielpause stehen ihm womöglich wieder mehr Spieler zur Verfügung. Einer, auf den er aber voraussichtlich jetzt schon bauen kann, ist Marcel Sabitzer. Der Österreicher ist ein Sonderfall, zählt er mit seinen Wadenproblemen doch eigentlich zu den Spielern, die dringend eine Pause zur Regeneration bräuchten. Die dünne Personaldecke verhinderte das zuletzt. "Man muss auch mal auf die Zähne beißen. Ich bin jetzt kein, der irgendwie wehleidig ist", so Sabitzer am Montag trocken. Hinter dem Einsatz gegen Graz, wo der Österreicher in seiner Jugend beim Sturmrivalen Grazer AK selbst lange spielte, steht noch ein kleines Fragezeichen. Sabitzer aber gab bereits vorsichtig Entwarnung: "Ich bin guter Dinge, dass das klappt." Und auch ein weiterer Stammspieler könnte wieder fit werden. Bei Waldemar Anton sprach Şahin wie schon vor dem Leipzig-Spiel von einem "Wettlauf gegen die Zeit". Die Partie hatte der deutsche Nationalspieler am Ende verpasst. Die Leistung muss bestätigt werden – sonst drohen Unruhen Eine Rückkehr von Anton wäre für Şahin wohl eine besonders gute Nachricht. Denn bei den Spielen in Wolfsburg und gegen Leipzig hatte der Coach auf eine dann doch sehr improvisierte Abwehrformation setzen müssen – aus Mangel an Alternativen. Links verteidigte Ramy Bensebaini, im Zentrum Nico Schlotterbeck und Emre Can , rechts Pascal Groß. Die beiden Letzteren sind eigentlich im Mittelfeldzentrum beheimatet. Und dennoch: Die deutschen Nationalspieler machten ihre Aufgabe in beiden Partien mehr als ordentlich. Die Rückkehr von Waldemar Anton würde sie aber wohl trotzdem entlasten, genauso wie ihren Trainer. Der muss mit seinem Team, ob verletzungsgeplagt oder nicht, gegen Graz die Leistung vom Wochenende bestätigen. Sonst drohen erneut Unruhen im Vereinsumfeld. In der Liga hinkt der BVB seinen Ansprüchen aktuell nämlich noch hinterher, steht lediglich auf Rang fünf. In der Champions League gab es vor der Madrid-Pleite hingegen zwei überzeugende Auftritte in Brügge (3:0) und gegen Celtic Glasgow (7:1). Mit einem weiteren Dreier würde Dortmund einen großen Schritt in Richtung Zwischenrunde machen – und vielleicht sogar in Richtung direkte Qualifikation fürs Achtelfinale. Das wäre dann angesichts der Personalsituation eine Leistung, die Şahin sich besten Gewissens ans eigene Revers heften könnte. Ganz ohne Galgenhumor.