Erdoğan zerrt Oppositionspolitiker Ekrem Imamoğlu vor Gericht
Er gilt als Hoffnungsträger der türkischen Opposition. Doch nun wird Ekrem Imamoğlu verklagt – von Präsident Erdoğan. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan regiert sein Land mit harter Hand. Kritik an ihm lässt er nicht zu. Gegen Widersacher geht er gerichtlich vor. Der ehemalige Co-Vorsitzende der Demokratischen Partei der Völker, Selahattin Demirtaş, sitzt seit 2016 wegen angeblicher Terrorvorwürfe im Gefängnis. Meral Akşener, die Vorsitzende der İYİ Parti, wurde immer wieder verbal attackiert. Jetzt geht Erdoğan gegen den Mann vor, der ihm aktuell besonders gefährlich werden könnte. Am Freitag wurde bekannt, dass der Präsident zwei wichtige Oppositionspolitiker wegen Verleumdung verklagt hat. Die beiden am Freitag eingereichten Klagen richteten sich gegen den Vorsitzenden der Oppositionspartei CHP, Özgür Özel, und den Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoğlu, der ebenfalls der CHP angehört. Özel wird demnach vorgeworfen, den Präsidenten öffentlich beleidigt und "ein Verbrechen gegen den Ruf und die Ehre des Amtes des Präsidenten" begangen zu haben. Erdoğans größtem Widersacher İmamoğlu wird den Angaben zufolge vorgeworfen, unbegründete Anschuldigungen erhoben zu haben, die Erdoğans Rechte verletzt hätten. Zudem wird İmamoğlu demnach unterstellt, mit dem Ziel gehandelt zu haben, den Präsidenten vor der Öffentlichkeit zu demütigen. Den Angaben zufolge fordert der Präsident Schadenersatz in Höhe von jeweils einer Million türkischer Lira (rund 27.000 Euro). Die Klagen beziehen sich auf Äußerungen, welche die beiden CHP-Politiker am Donnerstag in Istanbul gemacht haben sollen. Özel, der vor einem Jahr die CHP-Parteiführung übernommen hatte, warf Erdoğan in einer ersten Reaktion vor, sich als Opfer darstellen zu wollen. Der türkische Präsident "behauptet, beleidigt worden zu sein, ohne dass eine Beleidigung ausgesprochen wurde", erklärte er. Imamoğlu sorgte für Wahlniederlage von Erdoğan-Partei Imamoğlu war im März bei den Kommunalwahlen im Amt bestätigt worden, Erdoğans AK-Partei erlitt dabei landesweit eine Niederlage. Der Kommunalpolitiker gilt als Hoffnungsträger der Opposition. Er hatte Erdoğans regierender AKP 2019 die Macht in Istanbul entrissen und damit 25 Jahre der Regierung islamisch-konservativer Parteien beendet. Die AKP ließ die Wahl damals annullieren. In der zweiten Runde gewann İmamoğlu mit noch größerem Abstand – der Erfolg galt bislang als schwerster Rückschlag in Erdoğans politischer Karriere. In Istanbul hatte einst auch Erdoğans politischer Aufstieg seinen Anfang genommen, als er 1994 zum Bürgermeister gewählt wurde. Viele sehen İmamoğlu als möglichen neuen Präsidenten.