Deutsche Grenzkontrollen: Polen und Österreich kritisieren Faeser
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat bundesweite Grenzkontrollen angekündigt. Bei Nachbarländern regt sich nun Widerstand gegen das Vorhaben. Im Falle von verstärkten Zurückweisungen von Flüchtlingen an deutschen Grenzen könnte Österreich laut Kanzler Karl Nehammer zu ähnlichen Maßnahmen gezwungen sein. Grundsätzlich sei es aber gemäß EU-Recht nicht möglich, Asylsuchende ohne entsprechendes Verfahren einfach abzuweisen, betonte der konservative Regierungschef in einer Wahlkampfdebatte im Sender ORF. Einen Bruch des EU-Rechts lehne er ab, sagte Nehammer. Deutschland könne sich höchstens auf eine Notstandsklausel in EU-Verordnungen berufen und auf diesem Wege den Druck an seinen Grenzen erhöhen. Sollte Deutschland durch solch eine "eigenwillige Rechtsinterpretation eine Unsicherheitslage schaffen, werden wir dagegen aufstehen und unsere Grenzen ganz klar schützen", sagte der Kanzler. "Wir werden uns ebenfalls dann auf die Notstandsklausel berufen und ebenso dann zurückweisen", sagte er. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte zuletzt ein Modell vorgeschlagen, um Asylsuchende, die schon in anderen EU-Ländern registriert wurden, künftig rascher in für sie zuständige europäische Staaten zu bringen ( hier lesen Sie mehr über die konkreten Pläne). Sie ordnete Kontrollen an allen deutschen Grenzen an und notifizierte diese bei der EU-Kommission in Brüssel . Die Kontrollen sollen ab 16. September zunächst für sechs Monate gelten. "Österreich wird keine Personen entgegennehmen, die aus Deutschland zurückgewiesen werden", sagte auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Montag der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Da gibt es keinen Spielraum." Er habe den Chef der österreichischen Bundespolizei angewiesen, "keine Übernahmen durchzuführen". Auch Karner verwies auf das Europarecht. Geflüchtete, die einen Asylantrag stellten, dürften nicht formlos an der Grenze zurückgewiesen werden. Wenn sich Hinweise ergäben, dass für das Asylverfahren nach den Dublin-Regeln ein anderes EU-Land zuständig sei, müsse ein "formelles Konsultationsverfahren" eingeleitet werden, betonte er. Erst nach Zustimmung des betreffenden Mitgliedsstaates könne ein Geflüchteter überstellt werden. Polen nennt deutsche Grenzkontrollen inakzeptabel Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk nannte Deutschlands Pläne für schärfere Grenzkontrollen zur Reduzierung irregulärer Migration inakzeptabel. Er werde schnellstmöglich mit allen Ländern Konsultationen aufnehmen, die von einem solchen Schritt betroffen wären, sagte Tusk am Dienstag. Faeser hatte am Montag eingeräumt, dass mit den Nachbarstaaten über die Kontrollen "noch nicht gesprochen" wurde. Sie wolle das Modell zunächst am Dienstag in Gesprächen mit der Union und mit Ländervertretern erörtern. Der Union geht der Vorschlag der Bundesregierung allerdings nicht weit genug, CDU-Chef Friedrich Merz forderte härtere Maßnahmen. Brüssel bewertet deutsche Grenzkontrollen Die EU-Kommission erinnerte Deutschland an die europäischen Grundregeln. Von Mitgliedsländern angekündigte Grenzkontrollen müssten "notwendig und verhältnismäßig" sein und den Vorschriften des Schengener Grenzkodex entsprechen, sagte Kommissionssprecherin Anitta Hipper in Brüssel. "Daher sollten derartige Maßnahmen eine absolute Ausnahme bleiben", betonte sie. Ob die neuen deutschen Grenzkontrollen diese Grundprinzipien respektieren, wollten weder Hipper noch Chefsprecher Eric Mamer bewerten. Die Bundesregierung habe die Maßnahmen in Brüssel angemeldet und diese würden nun geprüft, betonten beide. Alles Weitere sei "Spekulation", sagte Hipper. Die Kommission antwortete damit auf die Frage, ob sie einen Dominoeffekt fürchte, wenn nach Deutschland auch andere europäische Länder die Grenzkontrollen verschärften. Faeser hatte am Montag auf die Frage, ob stärkere Zurückweisungen an den deutschen Grenzen nicht einen Dominoeffekt mit ähnlichen Maßnahmen in anderen EU-Staaten nach sich ziehen würden, geantwortet: "Das befürchte ich nicht." Sie sei sicher, dass ihr Modell europarechtskonform sei.