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Сентябрь
2024

Migrationsgipfel: Sie haben sich zu weit treiben lassen

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Die Union ist mit ihrem Brachialkurs gescheitert. Doch auch die Ampel wirkt verzweifelt und schwach. Draußen stampften die Unionsvertreter trotzig mit den Füßen, drinnen erklärten die Ampelminister geduldig Paragrafen: Nach dem zweiten Migrationsgipfel kam man sich weniger vor wie im Regierungsviertel als in einem Haushalt mit mehreren Teenagern, die in der schwierigsten Phase der Pubertät stecken. Gescheitert ist dabei die Union mit ihrer Brachialforderung, alle Dublin-Geflüchteten in Zukunft an deutschen Grenzen abzuweisen. Aus guten Gründen. Was für manchen so verlockend, so simpel klingt, ist rechtlich hochumstritten – und hätte vor allem unüberschaubare Verwerfungen mit den Partnern in der EU zufolge. Ein Dominoeffekt der Unsolidarität hätte gedroht, der völlige Kollaps der EU in Fragen Asyl. Und das Ende des so mühsam und über Jahre ausgehandelten gemeinsamen Asylsystems GEAS, noch bevor es überhaupt begonnen hat. Kurz: ein Kontinent im Chaos, auf dem Staaten Menschen hin und her über Grenzen schubsen. Recht, Zusammenarbeit? Was kümmert uns das! Einsehen wollte und will die Union das freilich nicht. Damit setzt sie den Krawallkurs fort, auf den CDU-Chef Friedrich Merz sie seit Monaten steuert. Der lautet: genau entgegen Merkels Linie, immer tiefer hinein in die Gewässer des Populismus – und im Bereich Asyl im Ton der AfD immer ähnlicher, inhaltlich in manchen Vorschlägen sogar bis hin zur Ununterscheidbarkeit. Recht, Zusammenarbeit? Was kümmert uns das? Einfach mal machen! So geht zwar Fundamentalopposition, ein Kanzler in Wartestellung aber tritt anders auf. Weit hat die Ampel-Regierung sich von diesem Merz-Kurs treiben lassen. Zu weit. Noch sehr viel mehr als die CDU fürchten die drei Parteien schließlich die nächste Landtagswahl im Osten in nur 12 Tagen. Offenbar wollte man da das Zeichen setzen: Wir tun und versuchen alles. Wirklich alles. Verzweifelt wirkt das, ratlos und schwach. Ganz ohne eigene Ideen. Die Ampel hat so nicht nur der politischen Debatte geschadet, wo plötzlich Vorschläge viel Raum und Kraft fraßen, die gar nicht von ihr gewollt sind. Sie hat so auch zur Verhärtung des gesellschaftlichen Klimas beigetragen, das schon seit Monaten von einem kalten Ostwind beherrscht wird. Ein Gutes könnte Merz' Peitschen haben Beendet hat sie dieses Spiel erst jetzt, an diesem Dienstag. Da erklärten die Minister Faeser, Buschmann und Baerbock, was sie schon viel länger hätten erklären können: So geht es nicht, so wollen wir das nicht. Der Alternativplan, den sie nun versprechen, ist ein ungleich mühsamerer, doch sicherer Weg: Dublin-Geflüchtete sollen an den deutschen Grenzen festgesetzt werden, ihr Anspruch auf Asyl im Schnellverfahren geprüft werden. Nach fünf Wochen, wenn alles gut geht, sollen sie in Zukunft das Land wieder verlassen, in die Länder, über die sie europäischen Boden betreten haben und die nach den Dublin-Regeln für sie zuständig sind. Die Probleme, die sich dabei stellen, sind altbekannt: Die zuständigen EU-Staaten wollen sie nicht zurücknehmen, der Bundespolizei wie dem Bundesamt für Migration fehlt das Personal für die neuen Aufgaben. Bleibt der Lichtblick auf das neue GEAS-System. Und die Hoffnung, dass Merz‘ Peitschen ein Gutes hatte: Dass die Ampel mit größten Anstrengungen versucht, wahrzumachen, was sie da verspricht.