ThyssenKrupp: Aufsichtsratsvorsitzender Sigmar Gabriel tritt mit weiteren Mitgliedern zurück
Deutschlands größter Stahlhersteller, die ThyssenKrupp AG mit Sitz in Essen, verliert seine Führungsspitze im Aufsichtsrat. Nach wochenlangen internen Querelen, über die zukünftige Ausrichtung der Stahlsparte des Unternehmens, gab Aufsichtsratsvorsitzender Sigmar Gabriel vor Journalisten seinen Rücktritt bekannt. Der Entscheidung schlossen sich mehrere Aufsichtsratsvorsitzende und Aufsichtsratsmitglieder an. Ausschlaggebend war demnach die Entlassung dreier Stahlvorstände durch den Chef des Mutterkonzerns, Miguel López, sowie dessen Verhalten in den kritisierten Abläufen der Umstrukturierung des Konzerns.
Gabriel teilte seinen Beschluss und Beweggründe auf einer Pressekonferenz nach einer Aufsichtsratssitzung mit:
"Die beispiellose Kampagne, die insbesondere der Vorstandsvorsitzende der ThyssenKrupp AG in den letzten Wochen gegen den Vorstand der Thyssen-Krupp Steel Europe öffentlich in Gang gesetzt und betrieben hat, beschädigt nicht nur die Handlungsfähigkeit des Stahlvorstands, sondern ist vor dem Hintergrund der Vereinbarungen der Aufsichtsratssitzung am 9. August zugleich ein schwerer Vertrauensbruch."
Mit der Verkündung ziehen sich damit auch seine Ratskollegin Elke Eller, der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Detlef Wetzel und der neutrale Aufsichtsrat Wilfried Schäffer aus dem Vorstand zurück. Auch Vorstandschef Bernhard Osburg verzichtet laut Medienbericht zukünftig auf sein Amt. Die betroffenen Vorstandsmitglieder hätten laut Pressestatement "jedes Vertrauen in den Willen und die Fähigkeit des Vorstandsvorsitzenden der Thyssenkrupp AG zu einer angemessenen Zusammenarbeit verloren, und wollen das Unternehmen Thyssenkrupp Steel Europe AG verlassen."
Gabriel erklärte vor der Presse, dass für die scheidenden Mitglieder aktuell ein "verantwortungsvolles Handeln als Aufsichtsräte unter diesen Bedingungen für uns nicht mehr möglich" sei. Die Mandate des Vorstandes würden mit sofortiger Wirkung enden, so Gabriel, der im April 2022 den Posten als Aufsichtsratsvorsitzender übernommen hatte.
Mit ausschlaggebend für die finale Eskalation war die zuvor seitens des Konzernvorsitzenden Miguel López eingeleitete Entlassung von drei Stahlvorständen. Der Betriebsratsvorsitzende am ThyssenKrupp-Standort Duisburg/Beeckerwerth erklärte gegenüber dem WDR zu den Hintergründen der Unruhe im Unternehmen:
"Miguel Lopez eliminiert hier drei Fachleute, die einen Businessplan erstellt haben, uns genau beschrieben haben, was wir brauchen, um diese Stahlsparte zu verselbständigen. Dieser Mensch ist beauftragt worden, uns in die Insolvenz zu treiben und uns loszuwerden aus dem Konzern. Da muss irgendjemand langsam die Hand drauflegen."
Die Gewerkschaft IG Metall monierte in einer Stellungnahme, dass das Management der Thyssenkrupp AG "diesen Konzern in ein noch nie dagewesenes Chaos geführt" habe. Der Betriebsrat befürchte laut ZDF im Zuge der geplanten Restrukturierung des Stahlunternehmens eine "Halbierung der Hütte" und den Abbau tausender Arbeitsplätze.
In der Thyssenkrupp-Stahlsparte sind 27.000 Menschen beschäftigt. Allein 13.000 davon arbeiten in Duisburg.
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