Attentat in Solingen: Wie die AfD es für sich instrumentalisiert
Binnen weniger Stunden nach dem Attentat wird im Netz bereits über den Täter spekuliert. Die AfD instrumentalisiert dies für ihren Wahlkampf. Am 1. September werden in Thüringen und Sachsen neue Landtage gewählt. In den beiden Bundesländern hat die AfD Umfragen zufolge eine realistische Chance, die stärkste Kraft zu werden. Nach dem Messerattentat in Solingen instrumentalisiert die Rechtsaußen-Partei das Ereignis und nutzt die hitzigen Debatten für ihre Agenda. Das Attentat in Solingen hat sich vergangenen Freitag auf der 650-Jahr-Feier der Stadt ereignet. Am Samstag teilte die Polizei mit, den mutmaßlichen Täter festgenommen zu haben und ebenfalls am Samstag proklamierte die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) den Angriff für sich. Aktuelle Entwicklungen nach dem Solingen-Attentat lesen Sie im Newsblog. Innerhalb der wenigen Studen zwischen der Tat und der Festnahme spekulierten AfD-Politiker in den sozialen Netzwerken jedoch bereits über die Herkunft des Täters und dessen Motive, wie der "Tagesspiegel" berichtet. Der Täter habe ein "südländisches Erscheinungsbild“ und einen "dichten, kurzen Vollbart", hieß es etwa auf Facebook oder dem Kurznachrichtendienst X. Björn Höcke spekuliert auf Wahlkampfveranstaltung Auch der AfD-Spitzenkandidat in Thüringen Björn Höcke spekulierte bereits am Samstag auf einer Wahlveranstaltung – vor dem veröffentlichten Statement des IS – über die Motive des Täters. "Schick die Kartellparteien in die Wüste", forderte er dem Deutschlandfunk zufolge auf X. Und auch nach der Bekanntgabe der Nationalität des mutmaßlichen Täters nutzt er vor allem diese, um gegen seine politischen Gegner vorzugehen. Es sei die CDU gewesen, die die Migrationspolitik gestaltet habe, so Höcke. Anschlag in Solingen: " Opfer berichtet Dramatisches " Das Stadtfest in Solingen fand unter dem Motto "Fest der Vielfalt" statt. Mit dieser Vielfalt, habe der Attentäter jedoch nichts am Hut gehabt, sagte Höcke bei einer Wahlveranstaltung und ergänzte: "Und mit dieser Vielfalt, die die bunten Ideologen auf Staatskosten propagieren, habe ich auch nichts am Hut." Alice Weidel fordert erneut Aufnahmestopp von Migranten So teilte auch der frühere Freiburger AfD-Stadtrat Dubravko Mandic ein Video, in dem zwei mutmaßliche Täter gezeigt werden sollen, die eine "marokkanischer oder türkischer Herkunft" hätten. Ins Internet gestellt wurde das Video von zwei mutmaßlichen Augenzeugen eines rechten YouTube-Kanals, so der "Tagesspiegel" weiter. Lesen Sie auch: " IS veröffentlicht angebliches Bekennervideo " Auch die AfD in Sachsen nutzte die kurze Zeitspanne zwischen Tat und dem Statement der Terrororganisation für ihren Wahlkampf und teilte auf X ein Video der Bundes-Co-Chefin Alice Weidel . "Migrantengewalt gegen Deutsche ist zu einer grauenhaften neuen Normalität geworden", so Weidel in dem Video. Sobald die AfD in der Regierung sitze, würden "diese Menschen (…) erst gar nicht in unser Land gelassen werden", fügte die Politikerin hinzu. Auch zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine näheren Details zum Tatverdächtigen. Am Montag meldete sich Weidel dann erneut mit einem Post auf X. Darin fordert sie ein "Einwanderungs-, Aufnahme- & Einbürgerungsstop für mind. 5 Jahre." Zudem seien die Grenzen zu schließen und die Personengruppen mit der höchsten Kriminalitätsbelastung abzuschieben, so die Co-Chefin. Gewerkschaftschef der Polizei zeigt sich besorgt über Spekulation Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW, Michael Mertens, äußerte sich besorgt über die Vermutungen auf X und Konsorten. "Spekulationen über die Tat in Solingen verbieten sich. Ich appelliere an alle, besonders an die Nutzer in den sozialen Medien, darauf zu verzichten, Gerüchte zu verbreiten", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland Stunden vor dem IS-Statement. Derweilen läuft die Instrumentalisierung der Tat in den sozialen Netzwerken weiter wie zuvor. Zahlreiche AfD-Anhänger teilen ein Bild, veröffentlicht von Höckes Wahlbüro, auf dem Björn Höcke vor rot-weißem Hintergrund zu sehen ist, wie er nach rechts schaut. Das Bild trägt die Aufschrift: "Höcke oder Solingen". Dabei hätte auch Höcke das Attentat nicht verhindern können. Und auch der österreichische rechtsextreme Aktivist Martin Sellner ruft infolge des Attentats in seiner öffentlichen Telegram-Gruppe, die 71.000 Mitglieder zählt, zur "Remigration" auf – ein Begriff, der von Rechtsextremen und auch von AfD immer häufiger genutzt wird. Mehr zu dem Begriff lesen Sie hier. Aber nicht nur in den sozialen Netzwerken reagiert die rechte Szene auf das Attentat. Es habe auch bereits drei verschiedene Versammlungen rund um die Innenstadt und den Tatort gegeben, sagte ein Sprecher der Polizei. Mit dabei war unter anderem die Jugendorganisation der AfD, die Junge Alternative, die vom Bundesamt für Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft wird. Zeitgleich fanden jedoch auch Demos gegen rechts in der Innenstadt Solingens statt.