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Август
2024

Russland lässt Europa verschwinden

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Europa wurde aus dem Namen dieses Platzes in Moskau getilgt. (Foto: Tino Künzel)

Grünflächen, Wasserspiele und die Fahnen der europäischen Länder in luftiger Höhe: Als der Moskauer Europaplatz im Herbst 2002 eingeweiht wurde, gab es viel Beifall und salbungsvolle Reden. Der damalige Bürgermeister Juri Luschkow sagte: „Das ist das Ergebnis der Anstrengungen, die unser Präsident unternimmt, die wir alle unternehmen, um mit Europa zu sein, mit der gesamten zivilisierten Welt.“

Scheidung auf Raten

Die Eröffnung fand im Rahmen der „Brüsseler Tage“ in Moskau statt. Das gesamte Projekt war ein russisch-belgisches. Auch die Skulptur „Der Raub von Europa“, ein zentrales Element des neuen Platzes zwischen Kiewer Bahnhof und Moskwa, war ein Geschenk der Stadt Brüssel.

22 Jahre später hat Luschkows Nachfolger Sergej Sobjanin per Erlass die Umbenennung des Platzes verfügt. Eine Begründung wurde nicht genannt. Die neue Bezeichnung Eurasienplatz schließt genau genommen Europa mit ein. Doch vor allem trägt sie einer Rhetorik Rechnung, die die „zivilisierte Welt“ ganz woanders verortet. Es ist eher eine Scheidung auf Raten, die sich auch in solchen demons­trativen Gesten vollzieht. Dass der Europaplatz die Gemeinsamkeiten feierte, passte da wohl nicht mehr in die Zeit.

Bereits im Frühjahr des vorigen Jahres waren auf dem Platz die europäischen Flaggen abgehängt worden. Zurück blieben nur die nackten, in einem Kreis angeordneten Fahnenstangen. Irgendeine Erklärung gab es auch dafür nicht. Russland hatte 2022 rund 50 Staaten als „unfreundlich“ deklariert, darunter fast alle europäischen Länder.

Nicht nur in Moskau

Der bisherige Europaplatz ist eine parkähnliche Anlage, die einen schönen Kontrast bildet zum Gewusel rund um den Kiewer Bahnhof, die Metrostation Kiewskaja und das Einkaufszentrum „Jewropejski“. Die Umbenennung in Eurasienplatz ist nicht das erste Beispiel dieser Art in Russland. Der Vorplatz zum ehemaligen Zentralflughafen der Großstadt Saratow an der Wolga trug von 2002 bis 2022 den Namen Platz des Europarats. Heute heißt er Platz der Helden des Donbass. Und auch der Europa­platz in der Millionenstadt Perm an der Kama. Dort nahm man den 300. Stadtgeburtstag 2023 zum Anlass für eine Revision. Statt Europa ist der Platz zwischen Flussterminal und Bahnhof seitdem den „drei Jahrhunderten“ gewidmet.

Tino Künzel

Запись Russland lässt Europa verschwinden впервые появилась Moskauer Deutsche Zeitung.