Börse: Porsche kappt Gewinnziele – diese Probleme belasten die Aktie
Seine Jahresprognose musste Porsche kassieren – der Sportwagenhersteller hat mehr als eine Baustelle. Anleger straften die Aktie ab. Schafft Porsche die Kehrtwende? Will man verstehen, was beim Sportwagen-Hersteller Porsche derzeit Probleme macht, reicht ein Blick in die vergangene Woche: Am vergangenen Montag hatte Porsche seine Ziele zur Elektromobilität bis 2030 infrage gestellt. Am Dienstag musste Porsche seine Ziele für das gesamte Jahr nach unten korrigieren. Am Mittwoch kam eine verhaltene Halbjahresbilanz auf den Tisch. Eine Rückruf-Aktion aller Taycan-Modelle machte die Serie an schlechten Neuigkeiten komplett. Die Aktie fiel unter die Marke von 70 Euro. Nicht wenige Fans und Aktionäre dürften sich in diesen Tagen fragen, ob und wie Porsche aus diesem Schlingerkurs zurück auf die Überholspur gelangen könnte. Aber der Reihe nach: Der Jahresbeginn war für den erfolgsverwöhnten Autohersteller Porsche holprig, weil der Absatz in China weiter sank und viele neue oder überarbeitete Modelle gerade an den Start gehen. Die Folge: Vor Steuern und Zinsen steht für das erste Halbjahr ein Ergebnisrückgang von einem Fünftel in den Büchern. Die sogenannte operative Marge – das Maß der Dinge im Automobilsektor – sank auf 15,6 Prozent. Schon Anfang Juli hatte Porsche für das erste Halbjahr sieben Prozent Absatzrückgang gemeldet. Verkauft hatte man "nur" knapp 156.000 Fahrzeuge. Besseres zweites Quartal Das zweite Quartal lief deutlich besser. Gut 17 Prozent Marge waren mehr als erwartet. Vier Jahre nach Beginn der Pandemie zeigt sich aber einmal mehr, wie anfällig Lieferketten nach wie vor sein können. Dabei geht es hier bei Porsche gar nicht um seltene Rohstoffe aus dem fernen Asien. Manchmal liegen die Probleme – unverschuldet nah vor der Haustür: Weil ein Zulieferer nicht die benötigten Mengen an Aluminium bereitstellen kann – eine Produktionsstätte war überschwemmt worden –, muss Porsche nun womöglich bei einzelnen Fahrzeugbaureihen die Produktion drosseln oder gar stoppen. Das wird Umsatz und Gewinn kosten. Problem-Region China Und wenn es mal schiefläuft, dann richtig. Diese Erfahrung macht selbst Porsche in letzter Zeit: Und das hat verschiedene Gründe: Die Nachfrage in China lässt weiter nach. Dort verkaufte Porsche im vergangenen Jahr knapp 80.000 Fahrzeuge. Das war ein Einbruch um rund 15 Prozent. Ins Reich der Mitte verkauft Porsche rund ein Viertel aller Autos. In China ist der Wettbewerb besonders hart. Dort werden vor allem Elektroautos verkauft – aber kleinere Autos, in günstigeren Segmenten. Die elektrischen Luxus-Fahrzeuge von Porsche sind wenig gefragt, dafür gibt es kaum einen Markt. Ohnehin halten sich die chinesischen Kunden derzeit zurück: Die Immobilienkrise und die insgesamt eher verhaltene wirtschaftliche Entwicklung in China lassen auch dort die Kundschaft vorsichtiger und sparsamer werden. Zugleich hatte sich Porsche mit chinesischen Händlern gestritten: Sie sollen Autos mit Verlust verkauft haben müssen, um Porsches Vorgaben zu erfüllen. Einige der Händler verlangen nun eine Entschädigung. Elektro-Macan: zwei Jahre Verspätung Weiteres Manko: Das Modell Macan kam als Elektroauto zwei Jahre später als geplant auf den Markt. Zugleich durfte die Verbrennervariante in der EU nicht mehr verkauft werden: Die Cybersicherheit war nicht auf dem neuesten Stand. Und so fiel die EU als Markt für das Modell erst einmal weg. Dazu bekam der Sportwagen-Klassiker 911 ein Facelift, der Taycan ebenso. Der Panamera geht in der dritten Generation ins Rennen. Eigentlich versuchen die Hersteller, bei Modellwechseln oder Facelifts die Kosten dafür so schnell wie möglich wieder einzufahren. Doch geht oft erst mal Geld verloren. Denn häufig sinkt der Absatz der Vorgänger-Modelle: Käufer warten ab, weil sie das neue Modell haben wollen. Vorsichtiger bei Elektro-Strategie Weil zugleich die Elektro-Strategie langsamer als gedacht vorankommt, also weniger Elektro-Porsches verkauft werden als erhofft, rudert hier Porsche – wie zuvor schon Mercedes – zurück: Dass 2030 rund 80 Prozent aller Porsches elektrisch sind, ist nicht mehr oberstes Ziel. Sondern der Elektro-Anteil bei Porsche soll sich an der Nachfrage ausrichten. Aktuell muss beim ersten reinen Elektroauto von Porsche ein weltweiter Rückruf ausgestanden und auch finanziell verkraftet werden: Wegen poröser Bremsleitungen müssen alle Taycans in die Werkstatt. Und der große SUV Cayenne wird als Verbrenner zumindest länger gebaut als gedacht. Das sind viele Baustellen in dem erfolgsverwöhnten Unternehmen. Zwar hatte Porsche das Jahr 2024 zum Übergangsjahr ausgerufen. Inzwischen stellt sich bei Investoren und Anlegern aber schon die Frage nach dem Risikomanagement des Unternehmens. Und nach der Doppelrolle von Oliver Blume. Als CEO von Porsche und von VW hat er zwei Hüte auf. In und außer Haus gibt es viele Stimmen, die meinen, das sei zu viel. Tatsächlich ist Oliver Blume der einzige Spitzenmanager in Deutschland, der gleich zwei Dax-Konzernen vorsteht. Aktie unter 70 Euro – Potenzial ist da Am Kurs der Aktie geht das alles nicht spurlos vorüber: In diesem Jahr hat sie 13 Prozent verloren, während der Gesamtmarkt ordentlich gestiegen ist. Derzeit notiert die Aktie unter 70 Euro. Vor gut einem Jahr war sie noch fast 120 Euro teuer. Doch es gibt Anzeichen für Besserung: Auf der Habenseite steht ein laut Porsche guter Start ins zweite Halbjahr. Die neuen oder überarbeiteten Modelle dürften dazu weiter beitragen. Porsche hat sein Jahresziel bekräftigt – ein Achtungserfolg. Es kam viel Pech und einiges an Fehlern zusammen, aber sagen wir so: Porsche hat das Potenzial, zu alter Stärke und mehr zurückzukehren. Die Kundschaft ist relativ treu und kaufkräftiger als bei den meisten anderen Autoherstellern, die Modellpalette ist runderneuert, die Modelle werden im zweiten Halbjahr besser verfügbar sein. Das Management muss aber beweisen, dass es die Probleme in den Griff bekommt. Allein vom Mythos kann man in diesen Zeiten nicht mehr zehren. Aber irgendwo gilt er schon noch, der alte Porsche-Slogan: "Seit 100 Jahren machen Autos unabhängig. Eins macht abhängig."