Kindergrundsicherung: Erste Details stehen – Ampel plant Überraschung
Um kaum ein Projekt hat die Ampel so gestritten wie um die Kindergrundsicherung. Nach Monaten zeichnet sich im Bundestag nun eine Lösung ab. Die Ampelfraktionen im Bundestag haben sich in dieser Woche auf Kernpunkte verständigt, die sie vom Langzeitstreit-Projekt Kindergrundsicherung doch noch umsetzen wollen. Eine offizielle Einigung gibt es zwar noch immer nicht, manche Details sind nach wie vor ungeklärt und umstritten. Mehrere Beteiligte bestätigten t-online jedoch, dass sich SPD , Grüne und FDP bei drei Grundpfeilern grundsätzlich einig sind. Darunter ist auch eine Überraschung. Die Kindergrundsicherung hängt seit Ende September im Bundestag fest. FDP und SPD hatten Familienministerin Lisa Paus (Grüne) mehrfach dafür kritisiert, keinen tragfähigen Gesetzentwurf vorgelegt zu haben. Sowohl die geplanten Kosten als auch der avisierte Personalbedarf lösten heftigen Streit aus. Für die grundsätzliche Verständigung auf die Kernpunkte hatte es zuletzt noch einmal intensive Verhandlungen gegeben. Die sogenannten Berichterstatter, also die zuständigen Fachabgeordneten, hatten auch am Wochenende bis in die Nacht verhandelt. Am Montag übernahm mit den stellvertretenden Fraktionschefs die nächsthöhere Ebene. Sie saßen ebenfalls bis nach Mitternacht und am Dienstagvormittag zusammen. Was von der Kindergrundsicherung kommen soll: Das Kinderchancenportal: Einig sind sich die Ampelfraktionen demnach, dass es künftig deutschlandweit ein Onlineportal geben soll, mit dem sich bedürftige Familien bequem ihre Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket aussuchen können. Es soll ähnlich einfach funktionieren wie Onlineshopping. Die Leistungen für Bildung und Teilhabe reichen von Zuschüssen für Musikschulen und Sportvereinen über Klassenfahrten bis hin zu persönlichem Schulbedarf. Die Karte: Während das Onlineportal schon länger in der Diskussion ist, hat sich die Ampel etwas Neues ausgedacht, um die Leistungen für die Musikschule, den Sportverein oder Ähnliches auch einfach abzurechnen. Mit einer Karte, die so bis vor Kurzem noch nicht im Gespräch war, sollen Berechtigte künftig "bezahlen" können. Das soll zum einen die Zettelwirtschaft mit verschiedenen Gutscheinen oder ähnlichen Modellen vereinfachen. Zum anderen sollen Bedürftige weniger leicht in Verlegenheit kommen, wenn sie ihre Leistungen mit einer Karte "bezahlen" – fast wie alle anderen mit einer EC-Karte auch. In einzelnen Kommunen gibt es dafür schon Vorbilder. Der Kindergrundsicherungs-Check: Bedürftigen steht neben dem Kindergeld auch ein Kinderzuschlag zu. Der muss jedoch zusätzlich beantragt werden, was bislang viele nicht tun. Um das zu ändern, sieht das Konzept der Kindergrundsicherung einen Check vor, bei dem die Familienkasse auf potenzielle Berechtigte aktiv zugehen sollte. Dieser Check soll weiterhin kommen, allerdings in abgespeckter Form. Diskutiert wird etwa, dass die Familienkasse dafür nur die Daten nutzt, auf die sie ohnehin Zugriff hat. So sollen rechtliche Problem vermieden werden – und auch, dass es die zwischenzeitlich diskutierten 5.000 neuen Verwaltungsstellen braucht . Was noch umstritten ist: Mehrere zum Teil wichtige Details sind aber weiterhin nicht geklärt. Sowohl in technischen Fragen als auch in grundsätzlichen. So ist nach t-online-Informationen zufolge unklar, wer genau das Chancenportal einrichten soll: zentral der Bund – oder doch Länder oder Kommunen dezentral mit einem einheitlichen Konzept. Die Grünen drängen zudem auf einen möglichst ausführlichen Kindergrundsicherungs-Check, besonders die FDP sieht das kritisch. Auch beim Geld gibt es noch unterschiedliche Positionen. Grüne und SPD wollen tendenziell mehr, die FDP verweist auf leere Kassen. So wird diskutiert, mehr Geld für Bildung und Teilhabe zur Verfügung zu stellen. Auch über die genaue Staffelung beim Kinderzuschlag wird offenbar noch diskutiert. Käme alles so, dürfte das zwar zu besseren Abrufzahlen bei Bildung und Teilhabe sowie dem Kinderzuschlag führen. Mehr bedürftige Kinder bekämen also Geld. Allerdings wäre es nicht der "Systemwechsel", den die Grünen mit der Kindergrundsicherung versprochen hatten. Zur angedachten weitgehenden Zentralisierung bei den Familienkassen der Verwaltung würde es etwa nicht kommen. Und deutlich mehr Geld für Kinder, auch über das Kindergeld, gäbe es ebenfalls nicht. Der Kompromiss wäre damit zwar nicht "die Kindergrundsicherung", aber immerhin ein Schritt auf einem möglichen Weg dorthin. Wenn es schlecht läuft, könnte allerdings auch dieser Schritt noch scheitern. Denn wie bei allem in dieser Koalition gilt: Nichts ist geeint, wenn nicht alles geeint ist.