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EM 2024: England-Stars reden schwache Leistung schön – "Charakter gezeigt"

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England siegt sich mit Glück ins Viertelfinale. Die Spieler rattern im Anschluss gebetsmühlenartig die Standardfloskeln runter. Die ergeben aber wenig Sinn – weil ein Star aus der Reihe tanzt. Aus Gelsenkirchen berichtet William Laing "Hey Jude" ist die wohl berühmteste Single der britischen Band "The Beatles". Der Song, 1968 veröffentlicht, erfreut sich auch heute noch größter Beliebtheit, vor allem auf der Insel selbst und dort witzigerweise des Öfteren auch im Kontext von Fußballspielen. Aktuell ist das Lied aber vor allem in Deutschland überaus häufig zu hören. So war das auch am Gelsenkirchener Hauptbahnhof am späten Sonntagabend der Fall, als einige Fans der englischen Nationalmannschaft wohl leicht angetrunken den Beatles-Hit zum Besten gaben. Dass sie ausgerechnet den Klassiker durch die Bahnhallen grölten, der auch schon wenige Stunden zuvor mehrfach im örtlichen Stadion zu hören gewesen war, hatte einen Grund. "Hey Jude" hat sich nämlich zu einer permanenten Hommage an einen einzelnen Spieler Englands entwickelt: Jude Bellingham. Der frühere BVB-Star hat nun im EM-Achtelfinale gegen die Slowakei in Gelsenkirchen sein Team mit einem Fallrückzieher in der Nachspielzeit vor dem fast sicheren Aus bewahrt. England siegte im Anschluss in der Verlängerung mit 2:1 und zog damit ins Viertelfinale ein. Doch wie viel Glück dabei letztlich eine Rolle spielte, das wollte offenbar niemand so wirklich zugeben. Die besonders in der regulären Spielzeit schwache Leistung des eigentlichen Turnierfavoriten bedachten die Spieler im Anschluss mit einer Reihe bereits bekannter Floskeln. Und Jude Bellingham? Der erregte nicht nur wegen seines Treffers eine Menge Aufmerksamkeit, sondern auch mit seinem Torjubel, der im Grunde alles torpedierte, was seine Mitspieler den Medien zu vermitteln versuchten. Bellinghams gewagte These Einer der Spieler, die sich in der Mixed Zone der Arena den Fragen der Journalisten stellte, war Eberechi Eze. Der 26-Jährige war in der Partie erst wenige Minuten vor dem späten Ausgleichstor der "Three Lions" eingewechselt worden. Durchaus pathetisch formulierte er nach Abpfiff seine Einschätzung zum Auftritt seiner Mannschaft: "Die Mentalität und der Glaube, auf diese Art und Weise zurückzukommen, das zu leisten, was wir geleistet haben, ist etwas, was man nicht hoch genug loben kann", sagte der Profi von Crystal Palace. Sein Teamkollege Conor Callagher vom FC Chelsea , der sogar erst in der zweiten Halbzeit der Verlängerung in Spiel gekommen war, betonte zudem in den Katakomben des Schalker Stadions: "Wir haben heute Abend Charakter bewiesen." Eine ähnliche Wortwahl hatte parallel auch Jude Bellingham auf der offiziellen Pressekonferenz getroffen, der in diesem Zusammenhang sogar von einer "guten Leistung" der Engländer sprach. Tatsächlich war das aber eine eher gewagte These des Real-Madrid-Profis. Denn dass die englische Mannschaft über weite Strecken der Partie kopflos agiert und sich am Ende auf Bellinghams individuelle Qualität verlassen hatte, war offensichtlich. Sich wirklich Chancen zu erarbeiteten, war der Star-Truppe aus England nämlich nur selten gelungen. Im Spielaufbau agierte sie teilweise so behäbig, dass sogar Torwart Jordan Pickford ob des vielen Hin- und Hergeschiebes seiner Vorderleute sichtlich angesäuert wild zu gestikulieren begann. Und auch die Pfiffe der englischen Fans zur Halbzeit kamen nicht von ungefähr. Denn: Englands Leistung war eines Titelaspiranten auch rein objektiv betrachtet eigentlich nicht würdig gewesen, gehören die eigenen Spieler doch zu den bestbezahlten Stars der Welt. So mussten eben Schönrederei im großen Stil betrieben, sprich Bellinghams Geniestreich mannschaftsintern als Zeichen von Teamcharakter, Glaube und Mentalität gewertet werden, um aus einem weiteren biederen Auftritt mit glücklichem Spielverlauf noch etwas Positives für die Zukunft ziehen zu können. Der offensichtliche Individualist Zu allem Überfluss stehen die Aussagen von Eze und Gallagher derweil auch noch in Kontrast zu dem, was sich Sekunden nach dem Ausgleich durch Bellingham zutrug. Denn was die beiden England-Profis offenbar versuchen nach außen zu transportieren, war ein Wir-Gefühl innerhalb der Mannschaft. Blöd nur, wenn ein offensichtlicher Individualist der Annahme, dass das Team eine Einheit ist, gut sichtbar entgegentritt. Denn Jude Bellingham ließ sich bei seinem Torjubel dazu hinreißen, die Worte "Who else" (dt. Wer sonst) herauszuschreien. Die naheliegendste Bedeutung dahinter: Wer sonst als er hätte England vor dem Aus bewahren können und das dann auch noch mit einem Fallrückzieher? Wer sonst als Jude Bellingham, der sich offenbar als absoluten Hauptcharakter in der Mannschaft begreift, als den Einzigen, der diesem Team in überaus kritischen Momenten aus der Patsche helfen kann. Eine Selbsteinschätzung, die ihm schnell mal als Anfall von Arroganz ausgelegt werden könnte. Den Teamgedanken in der englischen Elf vermag er damit definitiv komplett zu sprengen. Und genau das könnte den Briten auf dem Weg zum EM-Titel noch zum Verhängnis werden.