Impfschaden kann als Arbeitsunfall anerkannt werden: Wann das der Fall ist
Impfungen sind mit potenziellen Nebenwirkungen verbunden. Doch was passiert, wenn der Arbeitsgeber zum Piks verpflichtet – gilt das als Arbeitsunfall? Impfungen gehören zwar grundsätzlich in den privaten Lebensbereich. Ein Impfschaden nach einer betrieblich organisierten Impfung kann aber in bestimmten Fällen dennoch als Arbeitsunfall anerkannt werden, wie das Bundessozialgericht in Kassel jetzt entschied. Voraussetzung ist danach, dass die Impfung "wesentlich betrieblichen Zwecken dient". Eine entsprechende Weisung ist nicht erforderlich. Vielmehr reicht es aus, wenn der Arbeitnehmer "annehmen durfte", dass sein Arbeitgeber eine Teilnahme an der Impfkampagne erwartet. Eine "besondere Empfehlung" Im Streitfall geht es um eine Impfung gegen Schweinegrippe im Jahr 2009. Die Kasseler Richter betonten, dass das damals neue und unbekannte Virus in der Öffentlichkeit wie auch bei Virologen große Sorgen ausgelöst habe. Erst im Nachhinein hätten sich diese nicht bewahrheitet. 2009 hatte die Weltgesundheitsorganisation aber eine pandemische Lage ausgerufen. Im Oktober 2009 sprach die Ständige Impfkommission eine "besondere Empfehlung" für die Impfung der Beschäftigten in Gesundheitseinrichtungen aus. Klage nach Impfkomplikationen Der Kläger ist Leiter einer Krankenhauskantine in Rheinland-Pfalz und nahm im November 2009 an einer von dem Krankenhaus organisierten Impfung teil. 2014 traten Fieberschübe auf, die er auf die Impfung zurückführt. Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, Sozialgericht und Landessozialgericht bestätigten dies. Der Kläger sei arbeitsrechtlich nicht zur Impfung verpflichtet gewesen, hieß es. Doch eine solche Pflicht ist auch nicht erforderlich, urteilte nun das Bundessozialgericht. "Auch eine planmäßig und freiwillig durchgeführte Impfung kann ein Unfallereignis sein, wenn sie zu einer Impfkomplikation und einem Gesundheitserstschaden führt." Impfung als Arbeitsanforderung Dabei reiche es allerdings nicht aus, wenn der Arbeitgeber die Impfung organisierte und finanzierte. Der erforderliche "innere Zusammenhang" mit der Arbeit sei erst gegeben, "wenn die Teilnahme an der Impfung wesentlich betrieblichen Zwecken dient" und der Arbeitnehmer annehmen durfte, dass sein Arbeitgeber eine Teilnahme an der Impfung erwartet. Nach diesen Maßgaben muss nun das Landessozialgericht in Mainz erneut prüfen, ob doch ein ausreichender "innerer Zusammenhang" zwischen der Arbeit und der Impfteilnahme besteht. Wenn ja, muss es zudem klären, inwieweit die erst vier Jahre später aufgetretenen Fieberschübe tatsächlich auf die Impfung zurückgehen.