Hohe Krankenhausrechnungen: Wer bezahlt, wenn ich nicht krankenversichert bin?
Der Schauspieler Heinz Hoenig liegt schwer krank auf der Intensivstation. Er hat offenbar keine Krankenversicherung. Die sechs wichtigsten Fragen für solche Fälle.
72 Jahre alt, seit 2019 neu verheiratet, zwei kleine Kinder. In dieser Situation geschah im Leben des bekannten Schauspielers Heinz Hoenig das Unfassbare. Wegen einer Herzerkrankung wurde er mit dem Rettungshubschrauber am 30. April in ein Krankenhaus nach Berlin geflogen. Die Situation ist kritisch, noch heute soll er notoperiert werden. Laut dem Sender RTL, für dessen Format "Dschungelcamp" Hoenig zuletzt vor der Kamera stand, soll die Behandlung 90.000 Euro kosten. Der Schauspieler ist angeblich nicht krankenversichert. Was passiert in solchen Fällen? Wer kommt für die Behandlung auf? Und wie kann man verhindern, in solche Situationen zu geraten? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Besteht in Deutschland eine Krankenversicherungspflicht?
Schon seit dem Jahr 2009 muss jeder Mensch mit Wohnsitz in Deutschland krankenversichert sein. Bis zu einem monatlichen Einkommen von 5775 Euro besteht eine Versicherungspflicht in einer gesetzlichen Krankenkasse. Wer über dieser Einkommensgrenze liegt, kann sich zum ersten Januar des darauffolgenden Jahres privat versichern, oder aber er bleibt als Freiwillig Versicherter in der Krankenkasse. Weder gesetzliche Krankenkassen noch private Krankenversicherungen dürfen ihren Mitgliedern kündigen.
Warum stehen trotzdem heute noch Menschen ohne Krankenversicherungsschutz da?
Theoretisch müsste die Zahl der Versicherungslosen wegen dieser gesetzlichen Pflicht in Deutschland irgendwann auf Null zurückgehen. Doch wird ihre Einhaltung kaum kontrolliert. Nicht von ihr erfasst werden zum Beispiel regelmäßig Menschen aus anderen EU-Ländern, die sich zwar legal in Deutschland aufhalten, aber weder in ihrem Heimatland noch hierzulande krankenversichert sind. Auch Einwanderer aus Drittstaaten ohne gültigen Aufenthaltsstatus sind oft nicht versichert. Außerdem gibt es "Langzeit-Versicherungslose" – also Menschen, die schon vor der Einführung der allgemeinen Krankenversicherungsplicht nicht versichert waren. In diese Gruppe dürften viele Selbstständige fallen, die sich nie darum gekümmert haben oder zu wenig verdienten, um die Beiträge zu bezahlen, außerdem auch Obdachlose oder solche, denen in der Zeit vor 2009 wegen nicht gezahlter Beiträge von ihrer Krankenversicherung gekündigt wurde. Neben all diesen Fällen gibt es außerdem ein Sonderkündigungsrecht für private Krankenversicherungen: Wenn sich das Mitglied einer "vorvertraglichen Anzeigenpflichtverletzung" schuldig gemacht hat, also zum Beispiel eine Krebserkrankung im Aufnahmeantrag wissentlich verschweigt, darf die Versicherung von dem Vertrag zurücktreten.
Wie viele Menschen ohne Krankenversicherungsschutz gibt es?
Laut Statistischen Bundesamt waren im Jahr 2019 hierzulande nur 61.000 Personen nicht krankenversichert, deutlich weniger als im Jahr 2015, als es noch 79.000 waren. Allerdings gehen Fachleute von einer hohen Dunkelziffer aus. Der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen ging in einem Artikel im Deutschen Ärzteblatt 2022 von einer halben bis einer Million Betroffenen aus, die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" von einigen Hunderttausend Menschen.
Was passiert, wenn man dauerhaft keine Beiträge entrichtet?
Die Krankenversicherung von Säumigen, die ihre Beiträge trotz zweifacher Mahnung über zwei Monate nicht bezahlt haben, ruht automatisch. Das bedeutet, dass sie zwar grundsätzlich noch versichert sind, aber nur noch Behandlungen akuter Erkrankungen und Schmerzzustände in Anspruch nehmen können. Wenn sie privat versichert sind, werden sie in einen gesetzlich vorgeschriebenen "Notlagentarif" eingestuft, für den man dann nur noch etwa 100 bis 150 Euro monatlich an Beiträgen bezahlt. Wenn zum Beispiel ein Patient wegen einer akuten Zahnwurzelentzündung eine Wurzelbehandlung bräuchte, entscheidet er sich dann vielleicht zusammen mit dem Zahnarzt, es erstmal mit einer Schmerzbehandlung zu probieren. Den Notlagentarif kann man, anders als den Basistarif (s.u.), nicht selbst wählen, er ist für finanzielle Ausnahmesituationen vorgesehen.
Wie wird man wieder Mitglied einer Krankenversicherung?
Unversicherte können sich bei der gesetzlichen Krankenkasse melden, bei der sie früher Mitglied waren. Die muss sie auf jeden Fall aufnehmen, unabhängig vom aktuellen Gesundheitszustand. Allerdings laufen für die Zeit, in der man ohne ausreichenden Versicherungsschutz war, Beitragsschulden auf, und zwar für die vier zurückliegenden Jahre, wobei pro Monat ein Prozent Säumniszuschlag berechnet wird. "Vorsätzlich vorenhaltene Beiträge" verjähren allerdings erst 30 Jahre nach dem Fälligkeitsdatum. Auch Menschen, die aufgrund ihrer Versicherungsgeschichte privaten Versicherungen zugeordnet werden, haben ein Recht, wieder aufgenommen zu werden. Sie zahlen dann für die ersten sechs Monate ohne Versicherung rückwirkend die volle Prämie, danach jeweils ein Sechstel des Beitrags. Die privaten Krankenversicherungen müssen sie aufnehmen und ihnen zumindest den sogenannten Basistarif anbieten, der im Leistungsumfang dem der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht.
Müssen Versicherungslose ihre Rechnungen für Krankenhausaufenthalte selbst bezahlen?
Grundsätzlich ja. Jedoch hänge dies unter anderem auch davon ab, wo der oder die Betroffene lebt, sagt Robert Limmer von der Clearingstelle des Vereins für soziale Hilfsangebote Condrobs. "Die Landeshauptstadt München hat für mittellose Menschen ohne Krankenversicherung einen eigenen Gesundheitsfonds mit 500.000 Euro aufgelegt, der in solchen Fällen die Kosten für die nötigen medizinischen Leistungen übernimmt." Limmer fungiert in solchen Fällen als Vermittler und organisiert gegebenenfalls auch den Übergang des Betroffenen in die Sozialhilfe, von der dann medizinische Leistungen wieder bezahlt werden. Dominik Heck vom Verband der Privaten Krankenversicherungen PKV sagt: "Grundsätzlich müsste der Betroffene oder seine Angehörige dann schleunigst einen Antrag auf Mitgliedschaft in einer privaten Krankenversicherung einreichen." Ab dem Tag der Antragstellung, also noch vor der Prüfung und Zusage, würden Leistungen dann auch übernommen. Wenn jedoch der medizinische Notfall vorher eintrat, können Patienten in eine Grauzone geraten. Welche Kosten zum Beispiel erstattet würden, wenn jemand nach einem Unfall ins Koma fällt und zwei Wochen später auf der Intensivstation einen Herzinfarkt erleidet, müsste im Einzelfall geprüft werden.
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