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Май
2024

FC Bayern im Halbfinale: Ein Spieler, zwei Fehler – und Tuchels eindeutige Analyse

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Das Halbfinal-Hinspiel gegen Real Madrid war ein Abend der verpassten Chancen für den FC Bayern. Trainer Thomas Tuchel kommentierte sehr offen, welcher Spieler die entscheidenden Fehler machte.

Es ist Halbzeit zwischen dem FC Bayern München und Real Madrid, Spielstand 2:2. Pause. Acht Nächte lang. Bis zum Wiederanpfiff im Estadio Santiago Bernabéu von Madrid am Mittwoch nächster Woche sind es – vom Schlusspfiff am Dienstagabend in München weg gerechnet – genau 190 Stunden. Die längste Halbzeitpause der Welt, so sehen es die Spieler und Verantwortlichen von Bayern und Real.

Viel Zeit zum Ärgern, zum Hoffen, zum Analysieren. Und wenig Rechnerei wie das einst im Europapokal nach einem 2:2 im Hinspiel gewesen wäre mit der Auswärtstore-Regelung, die zur Saison 2021/22 von der Uefa abgeschafft wurde. Früher hätte Real im Rückspiel vor den eigenen Fans nun ein 0:0 oder 1:1 zum Weiterkommen gereicht. Jetzt werden die Tore simpel addiert. Ein Vorteil für den gerade entthronten Meister der Bundesliga, der seine letzte Titelchance in dieser Saison auf der größtmöglichen Bühne hat.

Tuchel: "Klare Ausgangsposition"

"Mir gefällt, dass wir eine klare Ausgangsposition haben", sagte Bayern-Trainer Thomas Tuchel, "wir können das heutige Ergebnis komplett vergessen und fangen praktisch bei 0:0 an. Das Ziel ist absolut klar: Wir müssen bei Real gewinnen, obwohl es sicher einer der schwierigsten Orte ist, um zu gewinnen. Es heißt weiter Fifty-Fifty. Es ist immer noch alles möglich. Das kann uns auch helfen, was unsere Einstellung betrifft. Wir müssen mutig sein, voller Selbstvertrauen, konzentriert und klar in unserem Spiel – dazu unsere Chancen eiskalt nutzen. Wir haben 90, vielleicht 120 Minuten dafür Zeit oder sogar ein Elfmeterschießen." Für den Traum, das Finale um den Henkelpott am 1. Juni im Wembley-Stadion von London zu erreichen – elf Jahre, nachdem die Bayern an Ort und Stelle im historischen Bundesliga-Duell Borussia Dortmund mit 2:1 bezwangen. Kommentar – Hoeneß-Attacke auf Tuchel: aus der Zeit wgefallen: 18:01

Lange Zeit fühlte es sich an diesem lauen Vorsommerabend in München so an als würde die entscheidende Frage in diesem europäischen Klassiker, der zum 27. Mal ausgetragen wurde, lauten: Wer fürchtet wen? Die Geschichte von der "Bestia Negra" in roten Trikots, gegen die Real nicht gewinnen kann, die den Gegner auffrisst – das war einmal. Die Legende entstand in den 70er und 80er Jahren, wurde in den 2000er Jahren fortgeschrieben. Tatsächlich aber ist Real in den letzten drei K.o.-Runden-Duellen gegen die Münchner immer weitergekommen, zuletzt im Halbfinale 2018.

"Wir wollen nach Wembley und dort gewinnen – das ist unser Ziel", hatte Tuchel schon vor dem Spiel deutlich gemacht. Trotz aller Störgeräusche wie dem "Krieg von München" (laut der spanischen Sporttageszeitung "Marca") zwischen Vereinspatron Uli Hoeneß und Tuchel. Der Ehrenpräsident verzichtete nach seinem Vorwurf, Tuchel fordere bei Misserfolgen lieber neue Spieler als die eigenen zu verbessern, auf eine öffentliche Entschuldigung. Er stehe dazu, versicherte der 72-jährige am Montag dem "kicker" und kündigte an, "wild entschlossen zu sein, meine Meinung wieder deutlicher zu machen". Die Abteilung Attacke ist zurück. Der in seiner "Trainerehre schwer gekränkte" Tuchel blieb am Montag standfest: "Ich sag' nichts mehr dazu. Das Thema ist abgehakt." Glaubt er.

Trainer-Suche beim FC Bayern: "Wird hoffentlich nicht mehr allzu lange dauern"

Den Fokus auf die Champions League kann sich Tuchel jedoch leisten, schließlich endet sein Vertrag, um ein Jahr verkürzt, zum Saisonende. Während man hoch über dem Städtchen Bad Wiessee, Hoeneß' Wohnsitz, am Tegernsee und um den Tegernsee herum (die Säbener Straße) ganz nebenbei auch noch einen Trainer für die kommende Saison suchen muss und auf die Antwort von 1C-Wunschkandidat Ralf Rangnick wartet. Das Ja-Wort des österreichischen Nationaltrainers scheint ganz nahe, man sei in sehr guten Gesprächen hieß es von den Bayern-Bossen nach dem 2:2 gegen Real. "Wenn Rangnick kommen sollte, wäre er eine sehr gute Wahl für uns", sagte Präsident Herbert Hainer, "es wird hoffentlich nicht mehr allzu lange dauern bis wir wissen, in welche Richtung es geht." Noch sei Rangnick unentschieden, aber eine Tendenz pro Bayern-Job soll der 65-Jährige haben. Die Münchner Bosse hoffen auf Rangnicks Zusage, um die unendliche Trainersuche abzuschließen – am liebsten noch vor dem Rückspiel, um die Konzentration aufs Wesentliche nicht zu stören.

Nach dem Unentschieden auf dem Platz wähnen sich sowohl Bayern als auch Real in der besseren Position, reklamieren die bessere Ausgangslage für sich. Mit Hoffnung, Glaube, Mut – so wollen die Bayern ins Rückspiel gehen. Im Hinspiel sprach die Cleverness, aus wenig viel zu machen, eindeutig für Real. "Es ist immer dasselbe", meinte Thomas Müller, "es ist einfach Real. Du weißt es, musst jede Minute wachsam und vorsichtig sein – und dennoch passiert es." Tore aus dem Nichts, in schlechten Phasen. Macht dies den Unterschied zwischen beiden Teams aus? "Wir dürfen in Madrid nicht schüchtern oder ängstlich spielen, sonst killen sie uns", meinte Jamal Musiala, "wir müssen unser Selbstvertrauen hochhalten, müssen spielen wie hier zu Hause, ein paar Kleinigkeiten besser machen und uns zum Sieg pushen."Champions League: Bayern - Real

Und auf die Zähne beißen wie Leroy Sané, der aufgrund seiner anhaltenden Schambeinprobleme nur noch in der Champions League zum Einsatz kommt und in der Bundesliga geschont wird. Seit Oktober hatte der Flügelstürmer nicht mehr getroffen, ging seit Herbst durch Formtäler und Schmerzabgründe bis es in der 53. Minute gegen Real zur Erlösung kam. Endlich drin, endlich Glück. Eine Gefühlsexplosion nach zuvor 25 Pflichtspielen und 185 Tagen ohne Tor. Als Harry Kane vier Minuten später den an Musiala verursachten Elfmeter zur Führung verwandelte, glaubten die Bayern, das Halbfinal-Pendel könnte – zumindest im Hinspiel – für sie ausschlagen.

"Kim war zweimal zu gierig"

Doch dann patzte Innenverteidiger Min-jae Kim, lediglich aufgrund der Innenbandverletzung von Matthijs de Ligt in der Startelf, an diesem Abend zum zweiten Mal. Vor dem 0:1 durch Vinicius Junior (24.) machte er durch einen Stellungsfehler die Bahn frei, in der 83. Minute Rodrygos Weg zum Tor mit einem ungeschickten und unnötigen Foul zu. "Kim war zweimal zu gierig, das ist zu einfach", ärgerte sich Tuchel, "da muss er jetzt durch, das passiert." Wenig später meinte der 50-Jährige: "Es lohnt sich nicht, zu hadern." Er tat es doch. "Wir hatten genügend Chancen, ein drittes Tor zu machen. Wir haben es leider nicht geschafft, ganz fehlerfrei zu Ende zu verteidigen und spät noch einen Elfer hergegeben."

Aber es ist ja Pause. "Zur Halbzeit steht es unentschieden", betonte Sportvorstand Max Eberl, während auch der starke Dauerläufer Konrad Laimer wusste: "Es ist Halbzeit. Nächste Woche wird das Ganze entschieden." Die Historie der Vergleiche zwischen den beiden Klubs könnte um eine epische Geschichte bereichert werden. "Wir haben gesehen, dass wir mehr als mithalten können, dass wir Phasen haben, wo wir das Spiel kontrollieren und zu Chancen kommen", sagte Joshua Kimmich, "das wird uns auch nächste Woche gelingen. Es ist alles offen, der Gewinner kriegt den Kuchen."

Nach der zweiten Halbzeit, die mindestens 90 Minuten dauert.