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2024

Bundesliga-Spiele: Bundesverfassungsgericht verhandelt über Kosten für Polizeieinsätze – darum geht es

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Wer zahlt Polizei-Einsätze bei Hochrisikospielen in der Bundesliga? Darüber streiten DFL und Bremen. Mit welchen Argumenten das Bundesverfassungsgericht sich nun befasst.

Viel Polizei am Bahnhof, weitere Beamte in der Stadt: Wenn in der Fußballbundesliga ein brisantes Derby stattfindet, sind die Einsatzkräfte vielerorts in Alarmbereitschaft. Die Frage, wer für die Mehrkosten aufkommen muss, die durch solche Hochrisikospiele entstehen, beschäftigt nun das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. (Az. 1 BvR 548/22)

Dort ging es um einen seit Jahren vor verschiedenen Gerichten ausgetragenen Streit zwischen der Deutschen Fußballliga (DFL) und der Hansestadt Bremen. Bremen stellte der DFL nämlich die Mehrkosten für solche Spiele in Rechnung – was die DFL für verfassungswidrig hält.

Wie viel Aufwand betreibt die Polizei für Bundesliga-Spiele?

Bei normalen Bundesliga-Spielen in Bremen sind 500 bis 600 Ordnungskräfte im Einsatz, bei Hochrisikospielen 800 bis 1000, wie bei der Verhandlung erklärt wurde. Den großen Aufwand vor solchen als "Rotspiele" eingestuften Partien beschrieb vor Gericht der Bremer Polizeidirektor Michael Zander: Diese Spiele beschäftigten die Polizei schon Wochen vorher, sagte er. So würde mit dem Verein und mit Fanorganisationen gesprochen. Eine wichtige Information sei vor allem, wie die Fans anreisten, damit die Polizei sie von Auseinandersetzungen in der Stadt abhalten könne.

STERN PAID_40 Auswärtsspiele 12.10Als rot wird ein Spiel demnach eingestuft, wenn die Polizei davon ausgeht, dass es ohne den Einsatz starker Kräfte sehr wahrscheinlich gewalttätige Streits geben würde, von denen möglicherweise sogar Unbeteiligte betroffen wären. Oft werden die einheimischen Polizisten von Kräften aus anderen Bundesländern unterstützt.

Warum streiten Bremen und die DFL?

Bremen hat 2014 eine Neuregelung erlassen. Demnach müssen die Veranstalter bei gewinnorientierten Großveranstaltungen unter Umständen für höhere Polizeikosten aufkommen – nämlich dann, wenn voraussichtlich mehr als 5000 Menschen zusammenkommen und erfahrungsgemäß Gewalt zu erwarten ist, so dass mehr Polizeikräfte eingesetzt werden müssen. Zur Berechnung der Gebührenhöhe werden von den Ausgaben die durchschnittlichen Kosten für ein mit weniger Risiko behaftetes Grün- oder Gelbspiel abgezogen.

Andere Bundesländer haben ihre Fußball-Klubs noch nicht zur Kasse gebeten und warten offenbar das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ab. 

Um wie viele Spiele geht es?

Laut DFL gab es in der Saison 2022/23 bei insgesamt 612 Begegnungen in der 1. und 2. Liga 52 sogenannte "Rotspiele".

Nach Angaben des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer (SPD) fanden in den vergangenen zehn Jahren etwa 170 Heimspiele im Weserstadion statt, von denen neun als Hochrisikospiele eingestuft wurden. Bremen erwarte insgesamt die Begleichung von drei Millionen Euro an zusätzlichen Polizeikosten von der DFL, sagte Mäurer. "Angesichts des Gesamtaufwands halte ich dies für eine angemessene Beteiligung."Meister Bundesliga

Seit wann befasst der Streit Gerichte?

Den ersten Gebührenbescheid über mehr als 400.000 Euro schickte die Bremer Polizei der DFL nach dem Nordderby zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV im April 2015. Die DFL klagte dagegen, hatte aber keinen Erfolg. 2019 entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, dass es grundsätzlich rechtmäßig sei, wenn der Profifußball an Mehrkosten für Polizeieinsätze beteiligt werde.

Auf welchem Standpunkt steht die DFL?

Sie argumentiert damit, dass die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit eine staatliche Kernaufgabe sei und vom Staat bezahlt werden müsse. Für den erhöhten Aufwand bei Risikospielen seien einzelne Störer verantwortlich und nicht die Organisatoren.

HSV Choreo 15.19Nur im Stadion übe der Veranstalter sein Hausrecht aus und könne beispielsweise gewalttätigen Fans den Zugang verwehren, argumentierte der DFL-Bevollmächtigte Wolfgang Ewer vor Gericht. Bei Problemen außerhalb des Stadions habe er keine Möglichkeiten. Auch die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, dass der Klub besonders von der Polizeiarbeit profitiere, ziehe nicht: Der Schutz der Bremer Innenstadt sei keine besondere Leistung gegenüber dem Verein. Außerdem sei der Mehraufwand bei Risikospielen nicht genau abzugrenzen, hieß es weiter von der DFL.

DFL-Anwalt Bernd Hoefer warnte davor, dass Gebühren Drittliga-Clubs – die unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) spielen – überfordern würden. Polizeikosten in Höhe von 400.000 Euro können laut DFL-Anwalt Jürgen Paepke bei einem "Drittligisten oder für eine Mannschaft in der Regionalliga zu größeren Schwierigkeiten führen".

Was sagen Juristen zu der Streitfrage?

"Die im Zentrum des Verfahrens stehende Frage wird seit vielen Jahren politisch und gesellschaftlich, aber auch rechtlich kontrovers diskutiert", sagte Gerichtspräsident Stephan Harbarth. Unklar sei, ob und wenn ja, in welcher Höhe den Veranstaltern Gebühren auferlegt werden dürften – oder ob die Allgemeinheit diese Kosten tragen müsse.

Nach Einschätzung des Deutschen Anwaltvereins sieht es in dem Rechtsstreit nicht gut aus für die Klage der DFL. "Wir sehen das im Ergebnis genauso wie auch schon das Bundesverwaltungsgericht. Grundrechte der DFL sind nicht verletzt", sagte Sebastian Nellesen, Mitglied des Ausschusses für Verfassungsrecht beim DAV, vor der Verhandlung der Deutschen Presse-Agentur. Der umstrittene Absatz im Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetz sei verfassungsgemäß.

"Letzten Endes ist es eine politische Frage, ob man entsprechende Gebührentatbestände einführen möchte oder nicht", erklärte Nellesen. "Nur ist das keine Frage, die das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden hat." Diese Entscheidung liege bei den Gesetzgebern, also in diesem Fall den jeweiligen Länderparlamenten. Wie viele Länder dem Bremer Beispiel im Falle einer Abweisung der Klage folgen würden, bleibt offen.

Wann wird ein Urteil erwartet?

Ein Urteil fällt wohl erst in Monaten. Wenn es kommt, könnte es richtungsweisend sein. Denn auch in anderen Bundesländern wird immer wieder darüber nachgedacht, den Profifußball an höheren Kosten für Polizeieinsätze zu beteiligen.

Die Karlsruher Entscheidung werde "die festgefahrene Situation grundlegend verändern", sagte Innensenator Mäurer. Würde die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen, "werden sich auch andere Länder für eine Kostenbeteiligung entscheiden."