Fotografie: Malen mit der Lichtpistole: Die Blumengemälde des Fotografen Richard Fischer
Naturfotografie: die Pflanzengemälde des Richard Fischer
Seit sieben Jahren lebt Richard Fischer nun schon in Südfrankreich. Dort haben er und seine Frau einen schönen Garten. "Ein großes Grundstück gibt es dort beim Hauskauf automatisch mit dazu", sagt Fischer. Dass der Naturfotograf Deutschland endgültig den Rücken gekehrt hat, das darf man auch als Ausdruck von Frustration verstehen. In seiner Heimat ist er wenig bekannt, im Ausland dagegen feiert Richard Fischer seit Jahrzehnten große Erfolge.
Erst kürzlich hatte er bei einer Ausstellung in der Schweiz ein eindrückliches Erlebnis. Vor der offiziellen Eröffnung in einem Kongresszentrum waren alle großformatigen Bilder mit Tüchern verhüllt worden. Dann kam eine Frau aus einer anderen Veranstaltung, die im gleichen Gebäude stattfand, und hob neugierig eines der Tücher hoch, um das Bild darunter zu betrachten. "Sie verschwand richtig darunter und blieb eine ganze Weile dort", erinnert sich Fischer. Als sie wieder hervortrat, habe er sie angesprochen. "Die Frau fiel mir um den Hals und bedankte sich überschwänglich. ‚You saved my day, – Sie haben mir den Tag gerettet‘, sagte sie und zog von dannen."
Pflanzen sind Lebewesen, auch wenn viele sie nicht so behandeln.
Das ist es, was den ehemaligen Werbefotografen antreibt: "Ich will die Menschen berühren". Seine Blumenbilder haben keinen dokumentarischen Charakter, daher tragen sie auch nicht die Namen der jeweiligen Art. "Pflanzen werden unterschätzt”, sagt Fischer: "Sie haben mehr Sinne als man lange Zeit dachte." Der italienische Biologe und Pflanzenphysiologe Stefano Mancuso attestiere ihnen ja sogar Intelligenz. Und was viele vergessen würden, sagt Fischer: "Pflanzen sind Lebewesen, auch wenn viele sie nicht so behandeln." Sind die Schnittblumen in der Vase verblüht, landen sie bei den allermeisten Menschen einfach im Müll. Fischer bewahrt sie oft noch monatelang auf und beobachtet, wie sich die Formen und Farben der Blüten verändern.
Vergänglichkeit ist sein Thema. Seit 1999 fotografiert er vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten und solche, die bald aussterben könnten. Die Begeisterung für die Natur hat Fischer schon in die Wiege gelegt bekommen. "Ich bin in Südostasien aufgewachsen und meine Eltern sind mit uns Kindern immer in den Urwald gegangen. Dort haben wir alle möglichen Orchideen mit den Wurzeln ausgegraben und bei uns im Garten eingepflanzt." Anfangs fragte er in botanischen Gärten nach immer neuen Raritäten. Heute besitzt Fischer eine der größten Sammlungen an Pflanzenfotos weltweit.
Im Studie erstrahlen die Blüten im künstlichen Licht
Fischer nimmt die Pflanzen bewusst nicht in ihrer natürlichen Umgebung auf, sondern inszeniert sie in seinem Fotolabor. "Ich habe so etwas wie eine Lichtpistole, um bestimmte Details hervorzuheben." Dabei entstehen keine Fotos, sondern regelrecht Gemälde. Einmal wurde er mit Albrecht Dürer verglichen. Das habe ihm sehr geschmeichelt, sagt Fischer. Der Nürnberger Maler hatte im Mittelalter Tiere und Pflanzen so detailliert dargestellt wie noch kein Künstler zuvor.
In seinem aktuellen Buch "Floral" kombiniert er seine Blumengemälde mit Sprüchen mehr oder weniger bekannter Persönlichkeiten. Welche Idee dahintersteckt, mal ernst, mal schelmenhaft, erschließt sich häufig erst auf den zweiten Blick. Da findet sich ein Satz der amerikanischen Fotografin Sally Mann – "Fotografien öffnen Türen in die Vergangenheit, aber sie erlauben auch einen Blick in die Zukunft" – neben dem Bild eines durchlöcherten Blütenblattes, über das sich kleine Steinchen ergießen. "Sie sind ein Symbol für die steinigen Wege, die wir in Zukunft zurücklegen müssen", sagt Fischer.
Auf einer anderen Doppelseite findet sich ein Spruch von Albert Einstein über "…die Wiege wahrer Kunst und wahrer Wissenschaft". Ihm gegenüber prangt eine Blüte mit hunderten roten Staubblättern. Es erinnert an eine wilde Frisur. An die des berühmten Physikers.