Xabi Alonso bleibt: Alle profitieren von Absage – auch FC Bayern
Kein Liverpool, kein München, Xabi Alonso bleibt in Leverkusen. Eine Entscheidung, die überrascht – und dennoch für alle Parteien gut sein kann. Xabi Alonso hat sich immer bedeckt gehalten. Wenn der Spanier nach seiner Zukunft ab dem Sommer 2024 gefragt wurde, sagte er wenig. Er schloss nichts aus, dementierte nichts und bestätigte nichts. Der Spanier ließ sich nicht in die Karten gucken. Was viele Beobachter als klares Anzeichen für einen Weggang aus Leverkusen sahen, war im Endeffekt nur ehrlich. Der Trainer des Bundesliga-Tabellenführers hatte sich schlichtweg noch nicht entschieden. Am heutigen Karfreitag hat er das. Xabi Alonso bleibt auch in der Saison 2024/25 Trainer von Bayer 04 Leverkusen . Eine Entscheidung, die aufgrund der Liste der Interessenten überrascht. Da wäre der FC Liverpool , für den Xabi Alonso fünf Jahre lang spielte und der einen Nachfolger für Jürgen Klopp sucht. Und da wäre der FC Bayern, für den Xabi Alonso drei Jahre lang spielte und der einen Nachfolger für Thomas Tuchel sucht. Zwei große, prestigeträchtige Klubs, die dem 42-Jährigen viel hätten bieten können. Doch Alonso sagte ab. Eine Entscheidung, von der zumindest hierzulande nahezu alle Seiten profitieren. Bayer Leverkusen Warum Bayer Leverkusen die Entscheidung hilft, ist offensichtlich. Der Erfolgstrainer, der die "Werkself" ungeschlagen an die Bundesliga-Tabellenspitze, ins DFB-Pokal-Halbfinale und ins Europa-League-Viertelfinale führte, wird auch im kommenden Jahr auf Titeljagd gehen. Dazu hilft die Entscheidung auch bei der Kaderplanung. Stars wie Florian Wirtz, Alejandro Grimaldo, Jeremie Frimpong oder Edmond Tapsoba werden seit Monaten umworben. Der Verbleib des Trainers erhöht die Chancen, dass auch einige von ihnen noch (mindestens) ein Jahr in Leverkusen dranhängen. Ein drohender Umbruch ist abgewendet. Xabi Alonso Es gibt viele Beispiele von Trainern, die zu schnell nach oben wollten. Alonso hat schon einmal bewiesen, seine Karriereplanung mit Ruhe und Geduld anzugehen. 2021 hatte er die Chance, Cheftrainer von Borussia Mönchengladbach zu werden. Damals hatte der Baske drei Jahre Erfahrung als Trainer. Eins als Nachwuchscoach bei Real Madrid und zwei als Trainer der zweiten Mannschaft von Real Sociedad , die in der dritten spanischen Liga spielte. Alonso sagte Gladbach ab und blieb ein weiteres Jahr bei Real Sociedad. Nach ein paar Monaten Pause ging es nach Leverkusen. Wie es bei Bayer lief und läuft, ist bekannt. Nun hatte er wieder die Chance, einen großen Sprung zu machen. Doch Alonso, der jahrelang für Liverpool, Bayern und Real Madrid spielte, weiß, was es heißt, bei so einem großen Klub in der Verantwortung zu stehen. Man muss auf alles vorbereitet sein. Eine Erfahrung hat er aber noch nicht: Er war noch nie als Trainer in der Champions League . Diese Erfahrung wird er nächste Saison mit Bayer Leverkusen machen, kann daraus lernen – und dann zu einem der europäischen Spitzenvereine gehen. Bundesliga Jahrelang gab es Spannung im deutschen Fußball-Oberhaus nur im Abstiegskampf oder beim Rennen um die Plätze 2 bis 7. Das Ausland schaute meist nur für die vollen Stadien und die gute Stimmung nach Deutschland. Die Bundesliga-Meisterschaft war verschrien als langweilig und einseitig. Selbst in Frankreich gab es in den vergangenen Jahren hier und da andere Titelträger als Primus Paris Saint-Germain. Doch das Blatt hat sich gewendet. Vergangenes Jahr bot der BVB den Bayern bis zum Ende ein spannendes Meisterrennen. In der laufenden Saison haben Bayer Leverkusen und Xabi Alonso den deutschen Rekordmeister sogar abgehängt. Mit zehn Punkten Abstand führt die "Werkself" momentan die Tabelle an. Alonsos Zusage für ein weiteres Jahr macht Hoffnung darauf, dass auch in der Saison 2024/25 nicht schon im Frühjahr klar ist, dass die Meisterschale am Ende auf dem Münchner Marienplatz in die Luft gestreckt wird. FC Bayern München Dass auch der FC Bayern von Alonsos Entscheidung profitiert bzw. profitieren kann, mag auf den ersten Blick überraschend aussehen. Schließlich ist Alonso laut Medienberichten der Plan A für die Nachfolge von Thomas Tuchel im Sommer gewesen. Dass mit Leverkusen nun der starke Kontrahent mindestens ein weiteres Jahr den Bayern die Stirn bieten kann, ist etwas, dass sich die Bayern jahrelang selbst wünschten. Ehrenpräsident und Aufsichtsrat Uli Hoeneß sagte im Sommer 2018 in der Sendung "Wontorra, der Fußball Talk": "Für uns wäre es besser, wenn die Distanz zu den anderen Vereinen kleiner wäre. Wenn du am Wochenende nicht richtig gefordert bist, ist es ganz schwierig, am Dienstag und Mittwoch die Konzentration gegen die Großen hochzufahren." Ex-Vorstandschef und Aufsichtsrat Karl-Heinz Rummenigge im Sommer 2019 im Interview mit Sport1: "Wir haben alle – auch Bayern München – ein Interesse an Konkurrenzkampf." Ex-Vorstandschef Oliver Kahn im Sommer 2022 im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung": "Wir haben nichts gegen ein Titelrennen mit viel Spannung. Im Gegenteil!" Der FC Bayern war nach einer Niederlage immer am stärksten. Auf die zwei Meisterjahre von Borussia Dortmund unter Jürgen Klopp folgte die Bayern-Dominanz unter Jupp Heynckes und später Pep Guardiola. Auf das 1:5-Debakel bei Eintracht Frankfurt und Platz vier in der Bundesliga unter Niko Kovač im Herbst 2019 folgte das "Sextuple" unter Hansi Flick. Die Bayern taten sich meist international schwerer, wenn national die Konkurrenz fehlte und die Meisterschaft fast ein Selbstläufer war, scheiterten in der Champions League mehrfach schon im Achtel- oder Viertelfinale. Erst, wenn sie aus einer Schwächephase die richtigen Lehren zogen, schossen die Bayern wieder an die Spitze. In einer solchen Schwächephase stecken die Münchner in der laufenden Saison. In der Meisterschaft haben sie momentan nur noch Außenseiterchancen. Wenn es dabei bleibt, werden sie kommendes Jahr wieder die Herausforderer sein – und können sich erneut mit starken Leverkusenern messen. Das wird dem Klub vielleicht kurzfristig einen Titel kosten, mittel- und langfristig aber helfen.