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2024

Psychologisches Phänomen: Mind after Midnight: Warum wir nachts einfach anders ticken – und das nicht ganz ungefährlich ist

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Psychologisches Phänomen: Mind after Midnight: Warum wir nachts einfach anders ticken  – und das nicht ganz ungefährlich ist

Nachts handeln wir impulsiver, erleben alles intensiver – und neigen eher zum Grübeln. Das jedenfalls besagt das "Mind after Midnight-Phänomen". Wir erklären, was dahintersteckt. 

Die Nacht hat etwas Magisches an sich. Wenn wir unterwegs sind, dann tauchen wir ein in eine bunte Welt, in der es manchmal scheint, als sei plötzlich alles möglich. Wir trauen uns im Schutz der Dunkelheit plötzlich Dinge, die uns tagsüber völlig absurd vorkommen würden – tanzen im Regen, küssen unseren Schwarm das erste Mal, springen im Mondschein nackt in den See. Jedenfalls dann, wenn es uns gut geht. Zur Wahrheit gehört auch, dass nachts die Suizid-Raten steigen, mehr Gewalttaten begangen werden und wir uns schneller in negativen Gedankenschleifen verlieren. 

Aber woran liegt es, dass wir nach Mitternacht Sorgen und Ängste wichtiger nehmen – und uns gleichzeitig freier und unbeschwerter fühlen können als tagsüber? Das haben sich auch Wissenschaftler immer wieder gefragt. Eine beliebte Theorie über unser teilweise sonderbares Verhalten in der Nacht beschreibt das sogenannte "Mind after Midnight-Phänomen". 

Warum unser Hirn sich nachts verändert

Ein amerikanisches Forscherteam unter der Leitung von Andrew S. Tubbs von der University of Arizona hat diesen Begriff in einem Beitrag im Fachmagazin "Frontiers in Network Physiology" erstmals verwendet. Die Forschenden haben mehrere Studien ausgewertet und erklären das Phänomen mit einer Veränderung des Hirnstoffwechsels.

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Demnach schaltet unser präfrontale Kortex – der Bereich des Gehirns, der unter anderem für unseren Verstand zuständig ist – nach Mitternacht runter, läuft nur noch in einer Art Energiesparmodus. Stattdessen wird die Amygdala – unser Emotionszentrum – in der Nacht aktiver. Allein das verändert einiges, aber auch unsere Hormone verändern sich mit Eintreten der Dunkelheit. Durch die vermehrte Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin wird außerdem die Aussendung von Glückshormonen wie Serotonin und Dopamin reduziert, unser für Stressmanagement wichtiger Cortisol-Spiegel sinkt. 

Diese weitreichenden Veränderungen im Gehirn äußern sich von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Die Forscher sind sich jedoch einig, dass jeder von uns nachts ein bisschen anders tickt als tagsüber – wir handeln emotionsgetriebener, treffen unüberlegtere Entscheidungen, verfallen in tiefe Grübeleien oder haben plötzlich Heißhunger. Letzteres liege daran, dass die Vorgänge im Hirn nachts anstrengender sind, und wir dadurch einen höheren Energiebedarf haben. Weil unsere Impulskontrolle nachts gleichzeitig geringer ist, greifen wir dabei aber meist nicht zu Obst oder Gemüse, sondern lieber zu Schokolade, Fertiggerichten oder Fast Food. 

Die emotionale Nacht

Die nach Mitternacht verringerte Signalübertragung in der Hirnrinde ist ein weiterer Faktor, der uns verändern kann. Dadurch verschlechterten sich "kognitive Funktionen wie das Arbeitsgedächtnis, Aufmerksamkeit und die Fähigkeit Probleme zu lösen". Das wiederum könnte ein Erklärungsansatz für die steigenden Unfallzahlen bei Nacht sein. Auch Gewalttaten und Suizide treten nach Mitternacht Statistik betrachtet häufiger auf. Wer zu negativen Gedanken neigt, der sollte deshalb dem Forscherteam zufolge vor Mitternacht schlafen gehen.

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Aber die nächtliche Stimmung hält auch Positives für uns bereit. Gefühle und Erlebnisse werden intensiver wahrgenommen, unsere Kreativität steigt und wir sind mutiger, wenn es um neue Erfahrungen geht. Nicht umsonst erinnern wir uns oft gerne noch Jahre später an ereignisreiche Nächte mit unseren Freunden zurück. Aber selbst diese Vergnügen sollten wir den Wissenschaftlern zufolge in Maßen genießen – denn wer zu oft nachts wach ist, fördert damit die Entstehung von psychischen Problemen wie Depressionen, Angsterkrankungen und paranoiden Gedanken. 
 

Quellen:  Studie Mind after Midnight, Neuroscience News, Sleepeducation