Baerbock fordert Ausweitung von Hilfslieferungen für Gazastreifen über Kerem Schalom
Vor dem Hintergrund einer drohenden Hungersnot im Gazastreifen hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) die verstärkte Einfuhr humanitärer Güter über den israelischen Grenzübergang Kerem Schalom gefordert. Während derzeit "erste Schritte auf dem Weg zu einer politischen Erneuerung" gegangen würden, bräuchten die Menschen im Gazastreifen "jede Unterstützung", sagte Baerbock am Dienstag in Tel Aviv. Derweil erklärte der Vermittler Katar, dass die Verhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas über eine Feuerpause und Geiselfreilassung weitergingen.
Zum Abschluss ihrer Nahostreise war Baerbock am Dienstag in Tel Aviv mit ihrem israelischen Kollegen Israel Katz zusammengekommen. Dabei habe sie mit Katz unter anderem vereinbart, eine deutsche Delegation nach Israel zu schicken, "um mit der israelischen Regierung die drängenden Fragen des humanitären Völkerrechts zu besprechen".
"Israel müsste sich nicht verteidigen, wenn Hamas endlich die Waffen niederlegt", betonte Baerbock. Nach wie vor spreche "die Terrororganisation Hamas aber die Sprache des Terrors und der Vernichtung".
Bei dem Treffen mit Katz habe sie daher auch "Garantien" für Israel thematisiert, "damit ein 7. Oktober nie wieder geschehen kann, damit Israel endlich in Sicherheit leben kann, damit Israelis und Palästinenser selbstbestimmt gegenseitig in Sicherheit leben können und wie wir sie dabei auf diesem Weg begleiten können".
Bei einem vorherigen Ortsbesuch in Kerem Schalom sei ihr mitgeteilt worden, "dass die Abfertigungskapazitäten deutlich hochgefahren werden könnten", sagte Baerbock. Knackpunkt der Engpässe sind demnach "Trucks und Fahrer im Gazastreifen zur Verteilung der Hilfsgüter". Deutschland wolle daher "in den nächsten Tagen alle Hebel in Bewegung setzen", um die Kapazitäten gemeinsam mit Jordanien "massiv auszuweiten". Weitere Debatten könne sich die internationale Gemeinschaft "angesichts des Leids in Gaza nicht weiter leisten".
Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist nach mehr als fünf Monaten Krieg zwischen Israel und der Hamas katastrophal. Laut dem UN-Welternährungsprogramm (WFP) befinden sich die dort lebenden 2,4 Millionen Palästinenser am Rande einer Hungersnot.
Der Krieg war durch den brutalen Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1160 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Von ihnen werden noch immer 130 festgehalten.
Als Reaktion auf den Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Hamas. Nach Hamas-Angaben, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden in dem Palästinensergebiet seitdem mehr als 32.300 Menschen getötet.
Die Vermittler USA, Katar und Ägypten bemühen sich seit Wochen um eine neue Einigung zwischen Israel und der Hamas über eine Feuerpause und die Geiselfreilassung, bislang allerdings ohne einen entscheidenden Durchbruch. Nach der Verabschiedung einer entsprechenden UN-Resolution am Montag beschuldigten Israel und die Hamas sich gegenseitig, die Verhandlungen zu blockieren.
Ungeachtet dessen würden die Gespräche "fortgesetzt", erklärte der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Madsched al-Ansari, am Dienstag. Ihm zufolge deutet nichts darauf hin, dass "eines der Teams die Verhandlungen abgebrochen" habe. Die UN-Resolution habe "keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Gespräche".
Derweil bezeichnete US-Verteidigungsminister Lloyd Austin die Zahl der "zivilen Opfer im Gazastreifen" als "viel zu hoch". Zudem sei die humanitäre Hilfe "viel zu gering", sagte Austin vor einem Treffen mit seinem israelischen Kollegen Joav Gallant in Washington. Er fügte hinzu, dass bei dem Gespräch auch Alternativen für die Bekämpfung der Hamas in Rafah erörtert würden.