Israel: Baerbock: Besuch am Gaza-Grenzübergang Kerem Schalom
Seit langem fordert die Bundesaußenministerin von Israel, mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen zuzulassen. Nun besucht sie einen wichtigen Grenzübergang.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat sich angesichts der stockenden Lieferung von Hilfsgütern für die notleidende Zivilbevölkerung im Gazastreifen persönlich ein Bild über die Lage am südisraelischen Grenzübergang Kerem Schalom gemacht. Auf dem riesigen und durch hohe Betonmauern aufgeteilten Abfertigungsgelände ließ sich die Grünen-Politikerin vom Direktor der Anlage darüber informieren, wie mit Hilfsgütern beladene Lastwagen abgefertigt werden. Ihr wurden Lkw mit Lebensmitteln, Medizin oder Ausrüstung für Großküchen gezeigt, die in der Abfertigung waren.
Der Grenzübergang Kerem Schalom liegt in unmittelbarer Nähe zur ägyptischen Grenze. Er wurde nach der blutigen Terrorattacke der islamistischen Hamas am 7. Oktober geschlossen und am 17. Dezember für humanitäre Hilfslieferungen wieder geöffnet. Wegen Protesten von Familien von Opfern und radikalen Siedlern, die Hilfslieferungen verhindern wollten, wurde das Gebiet um den Grenzübergang Ende Januar zum militärischen Sperrgebiet erklärt.
Täglich gut 120 Lkw mit Hilfsgütern
Vor dem 7. Oktober erreichten täglich etwa 500 Lkw-Ladungen den Gazastreifen, davon mehr als 300 über Kerem Schalom. Seit Wiedereröffnung im Dezember seien dort allerdings nur an einem Tag im März mehr als 200 Lkw abgefertigt worden - sonst waren es im laufenden Monat im Schnitt 123 pro Tag, hieß es.
Nach Angaben des israelischen Personals sind auf dem Gelände zwei Scanner in Betrieb, mit denen pro Stunde 12 Lkw etwa auf Waffen, Munition oder andere nicht zugelassene Waren überprüft werden können. Gezeigt wurden die Scanner der Ministerin allerdings nicht.
Das israelische Grenzpersonal erklärte Baerbock, man könne wesentlich mehr Lastwagen abfertigen. Dies scheitere aber etwa unter anderem daran, dass zu wenige Lkw-Fahrer der Palästinenser zur Verfügung stünden. Auf einem großen, von Betonmauern umgebenen Platz wurden der Bundesaußenministerin 13 Laster mit Hilfsgütern gezeigt, von denen jeweils Paletten abgeladen waren. Einige der Kisten waren aufgeschnitten. Es wirkte, als habe das Personal Stichproben gemacht.
Paletten voller Kichererbsen und Schmerztabletten
Die Lkw hatten unter anderem Hilfsgüter des Welternährungsprogramms WFP, der Weltgesundheitsorganisation WHO oder der Kinderhilfsorganisation Save the children geladen. Die WFP-Lieferung enthielt beispielsweise kistenweise Dosen mit Kichererbsen. In der WHO-Lieferung waren palettenweise Packungen mit Tabletten enthalten, die zur Behandlung von Fieber und Schmerzen dienen.
Baerbock und ihre Begleitung waren die ersten ausländische Gäste auf Ministerinnen-Ebene, denen von den israelischen Behörden nach dem 7. Oktober der Zugang zu Kerem Schalom erlaubt wurde.
Frostige Begrüßung beim Treffen mit Israel Katz
Baerbock hatte ihren sechsten Israel-Besuch seit der Terrorattacke der islamistischen Hamas am Morgen mit einer Unterredung mit ihrem Kollegen Israel Katz fortgesetzt. Bei dem Treffen in Jerusalem soll es hinter verschlossenen Türen in deutlichem Ton um die aktuellen Streitpunkte mit der israelischen Regierung gegangen sein: die UN-Forderung nach einer sofortigen Waffenruhe in Gaza, der sofortigen Freilassung aller Geiseln sowie mehr Hilfe für die notleidende Zivilbevölkerung. Zudem dürfte Baerbock auch ihre Bemühungen um eine künftige Zweistaatenlösung zwischen Israel und den Palästinensern angesprochen haben.
Angesichts der schwierigen Themen wirkte schon die öffentliche Begrüßung zwischen Baerbock und Katz kühl, professionell und wenig herzlich. Es gab den üblichen Handschlag und ein Lächeln für die Kameras. Augenkontakt suchten Baerbock und Katz kaum.
Baerbock lobt Palästinensische Autonomiebehörde und Abbas
Am Montagabend hatte Baerbock die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) nach einem Treffen mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas ausdrücklich für deren Beitrag zu der UN-Resolution gelobt. Baerbock sagte in Ramallah, mit der klaren Verurteilung der Gewalt der Hamas gegen Zivilisten am 7. Oktober in Israel habe die PA von Abbas "einen wichtigen Beitrag" zur Entscheidung in New York geleistet. Dem Aufruf der PA von Abbas an die Hamas, die Waffen niederzulegen, könne sie sich nur anschließen.
Der eindringliche Appell des UN-Sicherheitsrats für eine Feuerpause sei überfällig gewesen. Wichtig seien auch die Forderungen nach einer Freilassung aller Geiseln im Gazastreifen und für mehr Hilfe für die Zivilbevölkerung in dem Küstenstreifen.