Verbrennerverbot: Ferdinand Dudenhöffer: Ursula von der Leyen begräbt das E-Auto!
In der EU arbeitet die konservative EVP daran, das Verbrennerverbot für 2035 zu kippen – auch mit falschen Fakten. Damit schadet sie Umwelt und Autofahrern, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer in einem Gastbeitrag für den stern.
Die EU und ihre deutsche Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen planen offensichtlich, das 2023 beschlossene Verbrennerverbot wieder zu kippen. Es besagt, dass in der EU ab 2035 keinen neuen Verbrenner-Pkw mehr zugelassen werden dürfen. Das Ansinnen der Brüsseler bedeutet eine gewaltige Rolle rückwärts in der Klimapolitik. Und es leitet den Abschied vom "European Green Deal" ein, dem Konzept der Kommission vom Dezember 2019, nach dem Europa als erster Kontinent klimaneutral werden soll.
Präzisiert wurde das Programm in einem Gesetzespaket mit dem Namen "Fit for 55". Danach soll der Ausstoß von Treibhausgasen in Europa bis zum Jahre 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 reduziert werden, um im Jahr 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Ein wichtiger Baustein in diesem "Fit for 55" war das Verbrennerverbot.
Die EU-Verkehrspolitik ist ein Armutszeugnis
Ursula von der Leyen präsentierte sich bislang als Jeanne d’Arc des klimaverträglichen Straßenverkehrs. Und sie gefiel sich in der Rolle einer weiblichen "Elon Musk für Europa", die die E-Mobilität wirtschaftlich mit Macht vorantreibt. Während allerdings Elon Musk und Tesla dem Elektroauto treu bleiben, schwindet die Loyalität bei Frau von der Leyen. Bald ist Europawahl, und die Kommissionspräsidentin strebt eine zweite Amtszeit an. Sie ist die Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei (EVP), die ihrerseits die größte Fraktion im EU-Parlament stellt. Führende besonders konservative Politiker der EVP, deren Stimme von der Leyen für eine zweite Amtszeit braucht, sprechen davon, dass "das Verbot des Verbrenners eine Fehlentscheidung war, die jetzt so schnell wie möglich korrigiert werden muss". Denn das Elektroauto werde von den Konsumenten nicht akzeptiert, weil die Ladeinfrastruktur fehle. Ein Armutszeugnis: Was Elon Musk mit Tesla als Start-up geschafft hat, nämlich eine Infrastruktur mit Schnellladern und Wallboxen quer über Europa zu legen, schafft Europa nicht – und resigniert. Medienwirksam hat von der Leyen bereits zugesagt, im Jahr 2026 das Verbrennerverbot zu überprüfen. STERN PAID 11_24 Extra Auto 16.40
Gleichzeitig geistert seit kurzem eine Tabelle durch Brüssel, in der zu lesen ist, dass das Elektroauto mehr Treibhausgase ausstoße als etwa der Diesel oder der Benziner. Die E-Auto-Gegner jubilieren schon. Allerdings sind die Fakten im Papier grundfalsch. Was gerechnet wird, ist fast schon ein Taschenspielertrick. Man legt bei der Einstufung des Elektroautos einfach die alte, im Jahr 2019 in der EU gemessene CO2-Emission bei der Stromerzeugung zu Grunde und zieht daraus pauschalisierende Schlüsse. Elektroautos, die in Frankreich mit CO2-freiem Atomstrom fahren, werden auf diese Weise ebenso als Dreckschleudern eingestuft wie solche in Polen, die reinen Kohlestrom laden. Und was nicht passt, wird schlicht verschwiegen. So lässt man die hohen Treibhausgase, die bei der Förderung von Rohöl und der Produktion und dem Transport von Benzin und Diesel anfallen, in den Berechnungen unter den Tisch fallen. Das sind schräge Rechnereien. Die EU legt beim Elektroauto die Axt an, und von der Leyen wird zur seiner Totengräberin.
Die Verkaufszahlen für E-Autos bröckeln schon
Was die Kommission macht, gleicht zudem einer Aufforderung, staatliche Kaufprämien für das Elektroauto europaweit abzuschaffen – soweit sie nicht schon, wie in Deutschland, auf Null gesetzt wurden. Auch die Steuerbefreiung von Elektroautos, die in Deutschland bis 2030 gilt, weil sie tatsächlich CO2-frei unterwegs sind, könnte durch die tendenziöse Brüsseler Tabelle in Frage gestellt werden.
Im Markt können die E-Auto-Gegner mit ihren Verunsicherungskampagnen schon Erfolge melden: In den ersten beiden Monaten gingen die Autoverkäufe in Deutschland um zwölf Prozent nach oben, aber bei Elektroautos gingen sie zurück. Der Trend wird sich fortsetzen, ist zu befürchten. Warum sollte ein Ladesäulenbetreiber neue Ladesäulen aufstellen, wenn die Elektroautoverkäufe verkümmern? Für Autofahrer bringt der Zick-Zack-Kurs der EU nichts als Probleme, denn gleichzeitig steigt der Preis für CO2 – und damit werden Benzin und Diesel teurer. Ganz zu schweigen von den Problemen der Stadtbewohner. Das Elektroauto ist vor allem in der Großstadt eine Wohltat im Vergleich zum Diesel oder Benziner. Es ist sauber, da keinerlei Schadstoffe aus dem einem Auspuff kommen, und es ist leise. Die Städter müssen wohl länger im Großstadtlärm und dicker Luft leben.