Österreich: Ex-Bundeskanzler Kurz im Falschaussageprozess schuldig gesprochen
Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist am Freitag wegen einer Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss verurteilt worden, berichten österreichische Medien. Er habe die Abgeordneten falsch über seine Involvierung in Bestellungen des Öbag-Aufsichtsrates informiert, entschied Richter Michael Radasztics. Kurz wurde zu acht Monaten Bewährungsstrafe verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Bei zwei anderen Anklagepunkten rund um Absprachen zwischen FPÖ und ÖVP sprach er Kurz frei.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) warf dem früheren Bundeskanzler und seinem Ex-Kabinettschef Bernhard Bonelli vor, im Ibiza-U-Ausschuss falsch ausgesagt zu haben. Sie hätten ihre Rolle bei Postenbesetzungen in der Verstaatlichtenholding Öbag kleingeredet, was beide bestreiten. Die Justiz sah in dem Fall die "mutmaßliche Käuflichkeit". Die Höchststrafe dafür beträgt bis zu drei Jahre.
Richter Radasztics gestand Kurz zu, dass die Situation bei einer Aussage vor dem U-Ausschuss anders als etwa vor Gericht sei. Vor Abgeordneten sei es "ungleich schwieriger". Trotzdem dürfen Auskunftspersonen Umstände nicht verschweigen oder den Eindruck erwecken, sie hätten vollständig ausgesagt.
Das Gericht folgte der Argumentation der Staatsanwaltschaft. Die hatte dargelegt, Kurz habe sich generell zu seiner Regierungszeit ein Veto- und Durchgriffsrecht bei Personalentscheidungen gesichert. "Selten war ein Fall der Falschaussage so klar gelagert", sagte Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic in seinem Plädoyer.
Dass Kurz vor dem parlamentarischen Gremium im Juni 2020 seine Rolle als informiert, aber nicht involviert bezeichnet habe, sei der Sorge vor schlechter Presse geschuldet gewesen. Der heute 37-Jährige habe aus PR-taktischen Gründen so geantwortet, "um eine unerwünschte politische und mediale Kritik wegen offensichtlichen Postenschachers zu vermeiden", sagte Adamovic.
Es handle sich bei einer Falschaussage nicht um ein Kavaliersdelikt, zumal es sich um die Aussage eines Bundeskanzlers vor einem Parlamentsgremium gehandelt habe. Kurz sei der Vorbildfunktion von Politikern nicht gerecht geworden, so die Staatsanwaltschaft weiter.
Kurz’ Verteidigung hatte sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen und im Schlussplädoyer einen Freispruch des Ex-Kanzlers gefordert. Der 37-Jährige habe im Untersuchungsausschuss nicht falsch ausgesagt. Kurz selbst hatte den Prozess gegen ihn als politisch motiviert kritisiert.
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