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Февраль
2024

FC Bayern: Es grenzt an ein Wunder – warum ist Thomas Tuchel noch Trainer?

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Der FC Bayern steckt in der Krise. Die Meisterschaft ist so gut wie futsch. Eine Situation, die auch einer umstrittenen Entscheidung vor gut einem Jahr geschuldet ist. Thomas Tuchel wirkte ruhig, sachlich, fast schon resignierend entspannt, als er nach dem Münchner 2:3 in Bochum die abermalige Pleite seiner Mannschaft erklären musste. Die knappe Niederlage beim Abstiegskandidaten, sie war nach dem 0:1 bei Lazio Rom und dem 0:3 im Topspiel bei Bayer Leverkusen das dritte verlorene Spiel der Münchner in einer Woche. Man muss kein ausgewiesener Bayern-München-Fachmann sein, um erahnen zu können, wie sehr drei aufeinanderfolgende Niederlagen am Selbstverständnis des Rekordmeisters kratzen. Acht Punkte Rückstand auf Bundesliga-Tabellenführer Leverkusen, in der Champions League mit dem Rücken zur Wand, im DFB-Pokal bereits vor Monaten beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken ausgeschieden: Die Ziele des FC Bayern , sie sind gut drei Monate vor Saisonende kaum mehr zu erreichen. Tuchel: "Das war nicht verdient" Im Fokus der Kritik: Trainer Tuchel, der in der Niederlage beim VfL Bochum eine unverdiente Pleite seiner Mannschaft sah. "Was schiefgehen kann, ist heute schiefgegangen. Es ist extrem viel gegen uns gelaufen. Wir hatten viele hochkarätige Chancen. Das war nicht verdient", sagte er nach dem Spiel bei DAZN. Der Münchner Coach rechnete trotz der von Sportvorstand Jan-Christian Dreesen ausgesprochenen Jobgarantie mit intensiven Diskussionen über seine Person. Die gebe es "ja schon gefühlt die ganze Saison. Auch als wir Spiele gewonnen haben", sagte Tuchel fast schon trotzig: "Da ist für mich schon seit ein paar Wochen der Punkt erreicht, wo es mich nicht mehr tangiert. Ich konzentriere mich auf das, was ich beeinflussen kann. Das ist das einzige Rezept, das ich kenne." Dass Tuchel nach wie vor im Amt ist, grenzt an ein Wunder – zumindest, wenn man das Handeln der Münchner vor gut einem Jahr als Vergleich heranzieht. Rückblick: Am 24. März 2023 wurde Julian Nagelsmann , Tuchels Vorgänger, als Bayern-Trainer entlassen. Der damalige Coach befand sich zu jenem Zeitpunkt im Skiurlaub. Die Bayern hatten wenige Tage zuvor mit 1:2 bei Bayer Leverkusen verloren – und aufgrund eines 6:1-Sieges von Borussia Dortmund über den 1. FC Köln die Tabellenführung eingebüßt. Grund genug für die damaligen Bosse, Sportvorstand Hasan Salihamidžić und Vorstandschef Oliver Kahn , zu handeln und Nagelsmann von seinen Aufgaben zu entbinden. Dabei hatte der aktuelle Bundestrainer acht der letzten zehn Spiele vor seiner Entlassung gewonnen, darunter auch die so wichtigen Partien im Champions-League-Achtelfinale gegen Paris Saint-Germain. Trennung von Nagelsmann war vorschneller Aktionismus Die Bayern, sie standen sowohl im Pokal als auch in der Champions League im Viertelfinale und lagen in der Liga nur einen Zähler hinter Borussia Dortmund. Dennoch sahen Salihamidžić und Kahn "die Saisonziele gefährdet", wie sie in der anschließenden Pressekonferenz bekundeten. Der Fakt, dass mit Tuchel ein Fußballfachmann auf dem Markt war, dürfte den aus heutiger Sicht durchaus als vorschnellen Aktionismus zu betitelnden Trainertausch noch befeuert haben. So steht der FC Bayern elf Monate später deutlich schlechter da als damals. Dass Treueschwüre wie jener von Dreesen nicht viel bedeuten, erlebte Nagelsmann am eigenen Leib. Nur Tage vor dessen Rausschmiss hatte Präsident Hainer betont, langfristig mit seinem Coach zu planen. "Wir haben das mit einem Fünfjahresvertrag dokumentiert, weil wir mit ihm etwas aufbauen wollen. Man erkennt einen deutlichen Fortschritt in diesen eineinhalb Jahren. Julian macht es sehr gut. Die Trainer-Diskussion zwischendurch kam von außen, die haben nicht wir vom Zaun gebrochen", so Hainers Worte im Interview mit dem "Kicker". Fünf Tage später waren die Tage Nagelsmanns in München gezählt. Bayern-Patron Uli Hoeneß , der Nagelsmanns Entlassung unlängst als "nicht unbedingt klug" bezeichnete, wünscht sich wieder mehr Kontinuität auf der Trainerbank. Möglicherweise dürfte auch das ein Grund dafür sein, dass Tuchel trotz deutlich schlechterer Bilanz und einem sich abzeichnenden Abwärtstrend noch im Amt ist. In den vergangenen siebeneinhalb Jahren saßen mit Carlo Ancelotti , Interimstrainer Willy Sagnol, Jupp Heynckes , Niko Kovač, Hansi Flick sowie Nagelsmann und Tuchel sieben verschiedene Trainer auf der Bayern-Bank. Startrainer Pep Guardiola, von 2013 bis 2016 in München, war der letzte Coach, der länger als zwei Jahre im Amt war. Wird ein alter Bekannter eine Option? Konstanz auf der Trainerposition sieht anders aus. Sollte es mit Tuchel nicht mehr weitergehen, beispielsweise bei einer weiteren Pleite am kommenden Samstag gegen Leipzig, könnte tatsächlich ein alter Bekannter eine Option werden. Hansi Flick, vor einem guten halben Jahr als Bundestrainer geschasst, könnte an die Säbener Straße zurückkehren. Er selbst hatte zum Ende der Saison 2020/2021 seinen Platz freigeräumt, sein Verhältnis mit dem damaligen Sportdirektor Salihamidžić galt als belastet bis zerrüttet. Doch jener Salihamidžić ist nicht mehr da. Schlussendlich wird Tuchel es selbst in der Hand haben, ob er die Saison als Bayern-Trainer beendet. Die kommenden Aufgaben sind mit den Spielen gegen Leipzig, Freiburg, Rom, Mainz und Darmstadt in der Kategorie "sportlich lösbar" einzuordnen. Sollte Tuchel diese überstehen, würde nach der Länderspielpause im März der Kracher gegen Borussia Dortmund auf ihn warten. Das Spiel, bei dem Tuchel vor gut einem Jahr seinen Einstand gab. Mit 4:2 bezwang Bayern damals den Rivalen um die Meisterschaft, nur um drei Tage später gegen den SC Freiburg im DFB-Pokal auszuscheiden. Schon damals war die Situation für Tuchel eine prekäre. Verglichen mit der jetzigen jedoch eine deutlich angenehmere. Der Druck ist immens. Und er wird nicht geringer werden.