Kreuzkontamination: Bakterienschleuder: Warum Gewürzregale in der Küche ausgedient haben sollten
Das Dreckigste in der Küche ist Ihr Spülschwamm? Sie würden sich wundern. Ein Forscherteam hat jetzt einen unerwarteten Keim-Hotspot entdeckt – ein Quell für Lebensmittelvergiftungen.
Ein allzu lässiger Umgang mit Sauberkeit in der Küche kann krank machen. Gerade nach der Zubereitung von rohem Fleisch und Fisch sollte besondere Vorsicht geboten sein. Hände, benutzte Flächen und Utensilien gehören im Anschluss gereinigt, andernfalls können sich Krankheitserreger breitmachen – die sich dann durch Kreuzkontamination weiterverbreiten. Ein Forscherteam hat jetzt untersucht, wo sich in der Küche die meisten Krankheitskeime tummeln und fand einen unerwarteten Hotspot.
Von Kreuzkontaminationen spricht man, wenn Bakterien und andere Mikroorganismen von Lebensmittel zu Lebensmittel, Mensch zu Lebensmittel oder Utensilien zu Lebensmittel übertragen werden. Das kann unter anderem passieren, wenn Arbeitsutensilien sowohl für rohes Fleisch als auch für bereits zubereitete Lebensmittel verwendet werden oder die Hände zwischendurch nicht gründlich gewaschen werden. Aber der gefährlichste Ort in der Küche in Sachen Kreuzkontamination liegt zwischen Oregano und Kreuzkümmel. US-Wissenschaftler:innen haben herausgefunden, dass das Gewürzregal die meisten Keime beheimatet.
Kreuzkontamination an unerwarteter Stelle
Im Rahmen einer Studie hat das Forscherteam rund 370 ahnungslose Menschen einen Truthahn-Burger kochen lassen. Für den Versuch hatten die Wissenschaftler:innen das Fleisch vorab mit dem harmlosen Bakterium MS2 verunreinigt. Die Teilnehmenden wussten davon ebensowenig wie von dem wahren Forschungsfokus der Studie, damit sie ihr Kochverhalten nicht etwa anpassen. Im Anschluss prüften die Forscher:innen, ob und wenn ja wo es zu Kreuzkontaminationen gekommen ist.STERN PAID Gesund leben 01_23 Dossier Immunsystem Stress 08.29
Mikroorganismen fanden sich zur Genüge, so waren viele übliche Verdächtige kontaminiert. "Messergriffe, Schneidebretter, Griffe von Bratpfannen und Elektrogeräten, Innenflächen von Spülbecken, Geschirrtücher und Schwämme, Griffe von Wasserhähnen, Seifenspender, Griffe von Kühlschränken und Deckel von Mülleimern", zählte Donald Schaffner, Professor in der Abteilung für Lebensmittelwissenschaften an der Rutgers School of Environmental and Biological Sciences in New Jersey, der die Studie federführend geleitet hat, "The Telegraph" auf.
Die gute Nachricht: Die Verunreinigungen hielten sich verhältnismäßig im Rahmen. Nur bei einem Ausreißer nicht: Gewürzdosen. Demnach waren nicht nur fast die Hälfte der Proben aus dem Gewürzregal mit dem Bakterium MS2 kontaminiert, sie waren auch am stärksten kontaminiert, so Schaffner – mehr noch als Spülbecken oder Mülleimerdeckel. "Die Verbraucher denken vielleicht nicht unbedingt daran, Gewürzbehälter nach dem Kochen abzuwischen oder zu dekontaminieren", ist das Fazit aus der Studie. Gewürzbehälter gehörten eher nicht zu den Utensilien, auf die im Rahmen von Kreuzkontaminationen mahnend hingewiesen wird.
Lebensmittelvergiftung durch Unachtsamkeit
"Wenn man mit einem kontaminierten Gewürzbehälter hantiert und dann versehentlich den Finger in den Mund steckt, könnte dies zur Aufnahme von Krankheitserregern und einer anschließenden Erkrankung führen", erklärt Schaffner. Der Konjunktiv ist hier wichtig. Denn wie gesundheitsgefährdend diese Kreuzkontaminationen auf Gewürzbehältern sind, ist nicht bekannt und auch eine Frage der Zeit. Der Mikroorganismus überlebt auf den Oberflächen nicht ewig, er stirbt nach und nach ab. Manche Kontaminationen können sich aber durchaus einige Wochen halten.PAID STERN 2019_51 Das Beste kommt zum Schluss 11.26
Schätzungsweise jede fünfte durch Lebensmittel verursachte Krankheit werde im Haushalt erworben. Salmonellen, Campylobacter, pathogene E.coli, Listerien – die Liste der Krankheitserreger, die über Kreuzkontamination übertragen werden können, ist lang. Hat man sich einen solchen Erreger eingefangen, kann das unangenehm werden. Während manche Menschen nur leichte Beschwerden bekommen, kann eine Erkrankung für andere lebensbedrohlich werden.
Anthony Wilson, Mikrobiologe bei der britischen Food Standards Agency, legte im "The Telegraph" dar, welche Gruppen besonders auf Küchenhygiene achten sollten, weil sie gefährdeter sind, schwer zu erkranken: "Jeder kann eine Lebensmittelvergiftung bekommen, aber einige Menschen haben ein höheres Risiko, wie schwangere Frauen, kleine Kinder, ältere Menschen und Menschen mit einem schwachen Immunsystem."
Quellen: Studie, Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, The Telegraph, The Guardian