Antwerpen: Europäische Hafenallianz im Kampf gegen Drogen gegründet
Sie soll den internationalen Drogenhandel bekämpfen: Im belgischen Antwerpen ist heute die Europäische Hafenallianz gegründet worden.Antwerpen, Rotterdam, Hamburg – diese und andere europäische Hafenstädte spielen nicht nur im weltweiten Handel mit Bananen oder Autos eine große Rolle, sondern auch im internationalen Drogenhandel. Die belgische Innenministerin Annelies Verlinden will daher am Mittwochnachmittag in Antwerpen eine europäische Allianz gegen Drogenhandel und organisierte Kriminalität ins Leben rufen. Etwa 20 europäische Häfen sind eingeladen, sich zu beteiligen, darunter die deutschen Häfen Hamburg und Bremerhaven. Es gibt jedoch Zweifel an der Wirksamkeit der neuen Allianz.Das organisierte Verbrechen sei "sehr kreativ" beim Schmuggel von Drogen, sagte Verlinden im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Weder halte es sich an Arbeitszeitbestimmungen, noch achte es nationale Grenzen.Und dank ihrer hohen Gewinne haben die Drogenbanden viel Geld übrig, um die Hafenbehörden zu unterwandern und Hafenmitarbeiter zu bestechen. Auch in Hamburg waren Anfang Oktober fünf Hafenarbeiter verhaftet worden, die sich am Kokainschmuggel in Schiffscontainern beteiligt haben sollen.116 Tonnen Kokain 2023 in AntwerpenDie belgische Innenministerin mahnt, im Kampf gegen die mächtigen und flexiblen Drogenbanden müssten die Behörden in Europa ihre Kräfte bündeln, mehr Informationen austauschen und sich besser miteinander abstimmen. Zu diesem Zweck gründet Belgien am Mittwoch mit anderen EU-Ländern, EU-Behörden wie Europol, aber auch privatwirtschaftlichen Organisationen wie Schifffahrtsverbänden die Europäische Hafenallianz.Belgien treibt das Bündnis aus gutem Grund voran. Im riesigen Hafen von Antwerpen steigt die Menge des beschlagnahmten Kokains Jahr für Jahr, 2023 waren es 116 Tonnen. Und die belgische Hafenstadt wird regelmäßig von Gewalt zwischen Drogenbanden erschüttert, die um das extrem lukrative Geschäft mit den illegalen Substanzen kämpfen. Schüsse und Explosionen sind keine Einzelfälle.Die belgische Regierung steht daher unter Druck, wirksamere Maßnahmen zu ergreifen. Sie hat stark in den Zoll und andere Sicherheitsbehörden investiert. Die beschlagnahmten Mengen an Drogen erreichen immer neue Rekordstände – "aber wir wissen nie, was wir alles nicht beschlagnahmt haben", sagt Verlinden.Drogenbanden wechseln die HäfenDer Hafen von Antwerpen verfügt derzeit über einen mobilen Scanner zum Aufspüren von in Containern versteckten Drogen. Dieses Jahr sollen fünf weitere Scanner geliefert werden. Statt derzeit ein bis zwei Prozent der Container sollen künftig zumindest alle Container gescannt werden, die aus Risikoländern in Südamerika oder Westafrika kommen.Auf solche Bedrohungen ihrer illegalen Geschäfte können Drogenbanden allerdings schnell reagieren, indem sie ihre Aktivitäten in einen anderen Hafen verlegen. Wenn die Drogenhändler von Belgien nach Frankreich oder Spanien abwanderten, könne aber "keine sichere Zone in Europa" geschaffen werden, warnte Verlinden. Europas Häfen müssten daher eng zusammenarbeiten und gleich hohe Sicherheitsstandards haben.Dazu soll die neue Allianz beitragen. Außerdem sollen gleiche Standards verhindern, dass Unternehmen wegen aufwendiger Sicherheitsmaßnahmen von einem in einen anderen europäischen Hafen abwandern. Damit alle an einem Strang ziehen, wird auch die Privatwirtschaft in die Allianz einbezogen.Gipfeltreffen am 7. Mai in HamburgDass im Kampf gegen organisierte Drogenbanden alle Kräfte gebündelt werden müssen, ist auch den deutschen Behörden bewusst. In Hamburg, Europas drittgrößtem Seehafen, fand Ende Oktober ein Hafensicherheitsgipfel statt, bei dem Vertreter der Landesregierung, der Bundesministerien für Inneres und Finanzen, von Bundeskriminalamt, Zollverwaltung und Hafenbehörde sowie der Hafenwirtschaft und Schifffahrt die "Allianz Sicherer Hafen Hamburg" gründeten.Sie soll unter anderem zu einer besseren Koordinierung der Behörden und zur technischen Aufrüstung im Kampf gegen den Drogenhandel beitragen. Außerdem kündigten die Teilnehmer eine Kampagne an, die Hafenarbeiter davor schützen soll, von Kriminellen eingespannt zu werden.Das Bundesinnenministerium kündigte bei dem Gipfel zudem an, am 7. Mai in Hamburg ein Ministertreffen auszurichten, bei dem Deutschland, die Niederlande, Belgien, Frankreich, Spanien und Italien die Koordinierung ihres gemeinsamen Kampfes gegen organisierte Kriminalität, insbesondere der Rauschgiftkriminalität, vorantreiben.Die belgische Innenministerin Verlinden hält die verstärkten Aktivitäten gegen die Drogenbanden für unerlässlich. "Ich glaube nicht, das kann ich ehrlich sagen, dass wir heute in einem 'Drogen-Staat' leben", sagte sie AFP. Ohne ausreichend Gegenwehr könne sich dies aber ändern und sicherlich wolle kein Land "sich hin zu einer derartigen Lage entwickeln".