Handball-EM 2024: Österreichs Handballer brennen: Das Duell gegen Deutschland ist besonders – jetzt erst recht
Die österreichischen Handballer sind das Überraschungsteam der Handball-EM, die ganze Heimat fiebert mittlerweile mit. Jetzt steht das Duell gegen Deutschland an. Für beide Teams geht es um alles.
Die Bilanz der österreichischen Handball-Nationalmannschaft gegen die deutschen Nachbarn ist desaströs. 37 Duelle fanden bislang statt, 32 Mal gewann das DHB-Team, Österreich gelangen drei Siege und zwei Unentschieden. Aber: In einem Pflichtspiel haben die Österreicher noch nie gegen Deutschland gewonnen.
Doch das soll sich am Samstagabend in der Kölner Lanxess-Arena (20.30 Uhr/ARD) ändern, weil es so aussieht, dass sich das Kräfteverhältnis gewandelt hat: Das österreichische Team um Spielmacher Nikola Bilyk, bisher in der Kategorie "Handball-Zwerg" unterwegs, fliegt durch das Turnier. Ein Sieg gegen Rumänien und Unentschieden gegen die Spitzenmannschaften aus Spanien und Kroatien sicherten den Einzug in die Hauptrunde, wo im ersten Spiel ein knapper Sieg gegen Ungarn gelang, ebenfalls ein mittleres Schwergesicht im internationalen Handball.
Österreichischen Medien feiern ihre Handball-EM-Helden
Jetzt heißt der Gegner Deutschland. Gelänge Österreich ein Sieg, stünde das Tor zum EM-Halbfinale weit offen. Ein Sprung unter die besten Vier wäre der größte Erfolg in der Geschichte des österreichischen Handballs. Im Moment rangiert das Team von Nationaltrainer Ales Pajovic in der Hauptrunde auf dem zweiten Platz hinter Frankreich und vor der DHB-Auswahl. Bei der EM 2022 landeten sie auf Platz 20, die WM 2023 verpassten sie komplett, bei Olympia war das Team noch nie dabei.STERN PAID Andreas Wolff 16.20
Ihr großer Vorteil im Jahr 2024: Die Österreicher werden nicht nur von der eigenen Erfolgswelle getragen, sondern haben in der Heimat eine gewaltige Euphorie ausgelöst. Das Fernsehen sprang auf, ORF 1 überträgt nun alle vier Hauptrundenspiele. Die Medien berichten ausführlich und feiern ihre Handball-Helden ab. Das ist in Österreich ziemlich ungewöhnlich, die beliebtesten Sportarten sind mit Abstand Fußball und der alpine Ski-Sport. Handball fristet ein Nischendasein.
Das hat sich – im Moment zumindest – geändert. Da kommt das Duell gegen die Deutschen gerade recht. "Ich freue mich extrem", sagte Kapitän Bilyk, sein Geld beim THW Kiel verdient. Er ist Dreh- und Angelpunkt der Nationalmannschaft und Kapitän. Mit den Kielern gewann er dreimal die deutsche Meisterschaft und einmal die Champions League. Für ihn sei es "ein sehr, sehr besonderes Spiel". Es gebe "nichts Besseres, als hier in Köln vor einer vollen Halle Handball zu spielen gegen den Gastgeber". Der Rückraumstar erwartet nicht weniger als "die absolute Hölle", er sieht es "fast als ein Privileg" an, beim Kräftemessen dabei zu sein.Porträt Johannes Golla19.16
Motiviert bis in die Haarspitzen
Weitere Stützen des Teams sind Lukas Hutecek vom Bundesliga-Klub TBV Lemgo, Sebastian Frimmel, der für den für den ungarischen Topverein Pick Szeged aufläuft oder Oldie Robert Weber, der viele Jahre beim SC Magdeburg spielte und zu den fünf erfolgreichsten Torschützen der Bundesliga zählt. Mittlerweile ist er in die Heimat zurückgekehrt und spielt für HSG Bärnbach/Köflach in der Steiermark. Trainer Ales Pajovic sammelte als Profi ebenfalls viel Erfahrung in Deutschland, unter anderem in Kiel. "Die sind eine gute Mannschaft geworden", sagte der deutsche Bundestrainer Alfred Gislason, der übrigens Bilyk sehr gut kennt. Er trainierte ihn drei Jahre lang in Kiel.
Eines ist sicher: Die Österreicher sind als Außenseiter motiviert bis in die Haarspitzen. "Wir erstarren nicht vor Ehrfurcht", kündigte Weber an. Die Deutschen sind also gewarnt. Wollen sie ihre Chance auf das Halbfinale wahren, müssen sie gewinnen. Der Druck liegt eindeutig bei den Gastgebern, der kleine Bruder kann entspannt aufspielen.
Quellen: DPA, "Sportschau", "Süddeutsche Zeitung", "Der Standard"