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Январь
2024

Keine Lust mehr auf Frustessen?: Obst statt Schokolade: Wie wir endlich unsere Gewohnheiten ändern können

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Jeder hat sie, niemand will sie: schlechte Gewohnheiten. Ganz egal, ob es die Verdauung-Zigarette oder die Frust-Schokolade ist – es gibt Wege, unliebsames Verhalten zu ändern. 

"Gewohnheiten sind die Fesseln des freien Menschen", hat der amerikanische Journalist und Schriftsteller Ambrose Gwinnett Bierce zu Lebzeiten einmal gesagt. Wenn wir der Argumentation folgen, dann schränken Gewohnheiten uns in unserer Flexibilität ein und verhindern, dass wir uns weiterentwickeln können. Aber Gewohnheiten haben durchaus auch ihren Sinn – wenn es denn die richtigen sind.

Sobald wir Gewohnheiten in unseren Alltag integrieren, haben wir einen Rahmen, der uns Sicherheit und Struktur verleiht. Dadurch, dass wir in den entsprechenden Bereichen unser Gehirn entlasten, schaffen wir freie Kapazitäten für andere Dinge. Wir können zum Beispiel viel besser auf neue Begegnungen eingehen, Erlebnisse verarbeiten und unsere Gefühlswelt wahrnehmen.

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Gewohnheiten haben immer einen Auslöser

Allerdings sind nicht alle Gewohnheiten gleich gut für uns. Wer kennt es nicht: Statt sich anzugewöhnen, Sport zu treiben und sich gesund zu ernähren, landen wir jeden Abend mit einer Chipstüte oder einer Tafel Schokolade auf dem Sofa und streamen Serien. Auch das ist eine Gewohnheit, die wir irgendwann mal etabliert haben, ohne es bewusst zu wollen.

Aber warum entstehen solche Gewohnheiten dann überhaupt? Der britische Psychologie-Professor Bas Verplanken forscht seit Jahren zu dem Thema. Er beschreibt Gewohnheiten als automatische Reaktionen auf bestimmte Auslöser. Das heißt, wir sind uns dem Verhalten nicht bewusst, sondern handeln in einem bestimmten Kontext wiederholt gleich. Und irgendwann hat unser Gedächtnis genau dieses Verhalten abgespeichert.

Sechs Schritte zu neuen Gewohnheiten

Egal, ob wir nun neue Gewohnheiten etablieren oder unliebsame Verhaltensweisen ablegen wollen, eine Sache ist für beides elementar: Wir müssen verstehen, dass es immer einen Auslöser für das Verhalten gibt, es ist eine Art Konditionierung.

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Darauf basierend gibt es sechs Schritte, mit denen Sie Ihre Gewohnheiten verändern oder anpassen können:

  1. Werden Sie sich Ihrer Gewohnheiten bewusst
    Klingt vielleicht im ersten Moment logisch und kaum erwähnenswert, aber viele Menschen kennen ihre Gewohnheiten gar nicht. Reflektieren Sie also einmal bewusst, welche Tätigkeiten Sie automatisch und immer gleich oder zumindest auf eine ähnliche Art und Weise ausüben. Das geht von der Morgenroutine bis zum Frust-Schokoriegel.
  2. Finden Sie die Auslöser für Ihre Gewohnheiten
    Gewohnheiten kommen nicht aus dem Nichts, sie haben immer einen Reiz, der ihnen vorangeht. Wenn wir unser Verhalten ändern wollen, müssen wir also erstmal die Auslöser dafür finden. Fragen Sie sich das nächste Mal, wenn Sie einer Gewohnheit nachgehen, warum Sie das eigentlich machen. Oft sind die Gründe banaler, als man denkt. Manchmal steckt allerdings auch mehr dahinter, wie zum Beispiel beim Frustessen. Ganz egal, was der Auslöser ist ­– um die Gewohnheit zu ändern, muss der Reiz geändert bzw. angegangen werden.
  3. Formulieren Sie positive Ziele für neue Gewohnheiten
    Sprache ist mächtiger, als man glaubt. Wer neue Gewohnheiten etablieren oder alte ablegen möchte, der sollte seine Ziele immer positiv formulieren und sich nicht darauf konzentrieren, was es zu vermeiden gilt. Hintergrund ist der sogenannte Ironie-Effekt. Demnach lenken Vermeidungsvorsätze das Bewusstsein erst recht auf das, was eigentlich abgelegt werden soll. Statt „Weniger Schokolade essen“ sollte es also eher „Mehr Obst essen“ heißen.
  4. Ersetzen Sie alte Gewohnheiten durch neue
    Gewohnheiten, so unliebsam sie auch sein mögen, geben uns Struktur. Wenn wir nun also Routinen ablegen möchten, sollten wir unserem Gehirn eine Ersatzhandlung anbieten, statt das Verhalten einfach zu unterlassen. Statt bei Frust zum Schokoriegel zu greifen, könnten wir also dann einen Apfel essen, eine Runde bewusst Atmen oder an die frische Luft gehen.
  5. Haben Sie Geduld und belohnen Sie kleine Erfolge
    Verhaltensänderungen sind Schwerstarbeit für unser Gehirn. Deshalb brauchen wir auch für die Etablierung von Gewohnheiten vor allem eines: Geduld. Durchschnittlich dauert es 66 Tage, bis wir neue Gewohnheiten verinnerlichen – manchmal mehr, manchmal weniger. Innerhalb dieser Zeit brauchen wir Disziplin, das gewünschte Verhalten immer wieder zu wiederholen. Wenn es uns gelingt, sollten wir auch stolz auf kleine Erfolge sein. Und Verständnis für uns haben, wenn es mal nicht klappen sollte.
  6. Holen Sie sich soziale Unterstützung ins Boot
    “Ohne Hilfe von außen ist es so gut wie nicht möglich, die Persönlichkeit in größerem Umfang gezielt zu ändern“, sagt Hirnforscher Gerhard Roth im Gespräch mit der Zeit. Wir sind soziale Wesen und brauchen die Bestätigung von außen. Sobald wir unserem Umfeld also von den Plänen erzählen, Gewohnheiten zu ändern, werden wir automatisch motivierter, das Vorhaben auch durchzuziehen. Und wir bekommen ganz nebenbei auch noch Unterstützung dabei.

Quelle: Zeit, Forschung von Psychologie-Professor Bas Verplanken