Biden wirft Trump in Wahlkampfrede Verwendung von Nazi-Rhetorik vor
Mit einer scharfen Attacke gegen seinen mutmaßlichen Rivalen Donald Trump hat US-Präsident Joe Biden seine Kampagne zur Wiederwahl verstärkt. In einer Rede warf Biden dem Rechtspopulisten Trump am Freitag vor, Nazi-Rhetorik zu verwenden und eine Gefahr für die Demokratie darzustellen. "Er ist bereit, unsere Demokratie zu opfern, um an die Macht zu gelangen", sagte der Demokrat. Trump warf Biden bei einem Auftritt in Iowa "Panikmache" vor.
"Er nennt diejenigen, die gegen ihn sind, Ungeziefer", sagte Biden mit Blick auf Trump. "Er spricht davon, dass das Blut von Amerikanern (durch Migranten) vergiftet wird, und wiederholt exakt dieselbe Sprache, die in Nazi-Deutschland verwendet wurde."
Der 81-Jährige bezeichnete seinen mutmaßlichen Herausforderer bei der Präsidentenwahl im November als "Verlierer" der Wahl 2020 und als "krank", weil er über eine Hammer-Attacke auf den Ehemann der ehemaligen Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, gelacht hatte.
Bidens Ansprache war ursprünglich für den Jahrestag der Kapitol-Erstürmung am Samstag geplant gewesen, wurde jedoch wegen eines drohenden Wintersturms vorgezogen. Am 6. Januar 2021 waren fanatische Anhänger Trumps in das Kapitol in Washington - den Sitz des Kongresses - eingedrungen, um die formelle Bestätigung von Bidens Wahlsieg über Trump zu verhindern. Trump hatte zuvor seine Anhängerschaft in einer Wutrede angefeuert.
Biden präsentierte sich selbst als Verteidiger der US-Institutionen und warnte vor einer Bedrohung der Demokratie im Falle eines Wahlsiegs des Rechtspopulisten, dessen Anhänger immer noch Gewalt befürworteten. "Trumps Angriff auf Demokratie ist nicht nur Teil seiner Vergangenheit. Das ist sein Versprechen für die Zukunft", warnte Biden.
"Die dringendste Frage unserer Epoche ist zu wissen, ob die Demokratie immer noch heilig ist", sagte Biden. Die Sichtweisen über den Sturm auf das Kapitol gehen in den USA auch drei Jahre später auseinander: Laut einer in dieser Woche veröffentlichten Umfrage der "Washington Post" und der Universität Maryland glaubt ein Viertel der US-Bürger, dass das FBI hinter der Kapitol-Erstürmung steckt, ohne dass es dafür Beweise gibt.
Biden wählte für seinen Wahlkampfauftritt einen historischen Ort im Bundesstaat Pennsylvania. Blue Bell liegt nahe Valley Forge, wo im Winter 1777-78 der spätere erste US-Präsident George Washington mit seinen Truppen im Unabhängigkeitskrieg gegen die britischen Kolonialherrscher gelagert hatte.
Biden verzeichnete zuletzt - trotz Besserung der US-Wirtschaftslage - miserable Zustimmungswerte von unter 40 Prozent, seine Wiederwahl-Kampagne kam bisher nicht richtig in Schwung. Seine erneute Nominierung steht dennoch angesichts keiner ernstzunehmenden Konkurrenten bei den Demokraten so gut wie fest.
Wegen seiner Versuche, das Wahlergebnis zu kippen, wurde Trump zwei Mal angeklagt, von der Bundesjustiz sowie im Bundesstaat Georgia. Die Prozesse könnten in den kommenden Monaten und somit inmitten des Wahlkampfes beginnen.
Trumps Wahlkampfteam ging nach Bidens Rede zum Gegenangriff über: Trumps Sprecher Steven Chung sagte AFP, Biden sei "die wahre Bedrohung für die Demokratie", in dem er "die Regierung als Waffe gegen seinen wichtigsten politischen Gegner" einsetze und "in die Wahl 2024 eingreift". Der Ex-Präsident selbst sagte vor Unterstützern in Sioux Center im Bundesstaat Iowa, Biden betreibe "Panikmache", weil er auf eine "ungebrochene Serie von Schwäche, Inkompetenz, Korruption und Versagen" zurückblicke.
Trump sieht sich noch mit weiteren Anklagen konfrontiert, doch seine juristischen Verstrickungen haben ihm im Präsidentschaftsrennen bislang nicht geschadet. Der Rechtspopulist nutzt seine Gerichtstermine für wahlkampfartige Auftritte, in denen er sich als Opfer einer parteipolitisch motivierten Justiz inszeniert. In den landesweiten Umfragen liegen Trump und Biden in etwa gleichauf. In mehreren der als wahlentscheidend geltenden Bundesstaaten - den sogenannten Swing States - lag Trump zuletzt vor dem Präsidenten.
Im internen Rennen der Republikaner um die Präsidentschaftskandidatur ist der 77-Jährige klarer Favorit. Mit einem Durchschnittswert von mehr als 60 Prozent in den Umfragen liegt er weit vor seinen sechs Konkurrenten. Die monatelange Serie von Vorwahlen zur Kür der Präsidentschaftskandidaten beginnt am 15. Januar im Bundesstaat Iowa, wo die Republikaner über die Bewerber abstimmen werden.