Denkmäler: Zweiter künstlicher Vulkan im Wörlitzer Park wiederentdeckt
Das Wörlitzer Gartenreich ist immer wieder für Neuentdeckungen gut. Systematische Begehungen haben einen jahrhundertelang vergessenen, künstlichen Vulkan ans Licht gebracht.
Landschaftsarchäologen haben im Wörlitzer Park einen zweiten künstlichen Vulkan entdeckt. "Erste Anhaltspunkte fanden sich bei einer Parkbegehung in diesem Frühjahr, das war ein glücklicher Zufall", sagte Landesarchäologe und kommissarischer Direktor des Gartenreichs Dessau-Wörlitz, Harald Meller. "Nachdem die Anlage entschlüsselt werden konnte, wurde sie nun wieder sichtbar gemacht."
Kein Hinweis in den schriftlichen Quellen auf Bauwerk
In den zeitgenössischen Quellen gibt es keinen Hinweis auf das Bauwerk. "Durch Buschwerk überwuchert, geriet der erste Vesuv über die Jahrzehnte in Vergessenheit. Dabei ist es die erste gebaute Reiseerinnerung des Fürsten Franz", sagte Meller. Im Jahr 1766 bestieg Leopold III. Friedrich Franz, Fürst von Anhalt-Dessau (1740-1817) im Rahmen seiner Grand Tour den Vesuv und besuchte die Ausgrabungsstätten in Pompeji und Herculaneum. Unmittelbar nach seiner Rückkehr wurde 1767/68 der Vulkan am Ufer des Wörlitzer Sees erbaut.
Drei Ansichten in einem Bauwerk
"Das ist visionär, weil der Fürst drei Erlebnisse seiner Italienreise in einem Bauwerk nachbildete", sagte Archäologin Franziska Knoll vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Halle. "In der ersten Ansicht erhebt sich der Vulkankegel des Vesuvs über Weinhängen. Die Rückseite der mit Raseneisenstein verkleideten Vulkanspitze ist offen und zeigt das zweite Bild: dort steigt ein Bergmann aus dem Schacht. Die Figur aus Lindenholz trägt das Habit eines hiesigen, höher gestellten Bergmannes des 18. Jahrhunderts. Schnurrbart und das farbenfrohe Hemd erinnern allerdings an Süditalien. Der Bergmann symbolisiert die unterirdischen Ausgrabungen in Herculaneum. Das wurde damals wie in einem Bergbaubetrieb organisiert", sagte Knoll. Die dritte und eigentliche Hauptansicht vom Wörlitzer See aus zeigt das Nymphäum. Der unter Raseneisenstein begrabene Tempel erinnert an die Freilegung des Isis-Tempels in Pompeji, der die Wörlitzer Reisegesellschaft ebenfalls beigewohnt hat.
Ein Vulkan bricht im August aus
Über 20 Jahre später entstand von 1788 bis 1794 der erste künstliche, funktionstüchtige Vulkan in Europa. Den ersten Ausbruch gab es am 10. August 1794, dem Geburtstag des Fürsten. Danach ruhte der Wörlitzer Vesuv, bis er 2005 reaktiviert wurde. Jetzt wird der Vulkan am 15. und 16. August 2025 wieder "Lava" speien. Das Spektakel ist der Höhepunkt im Jubiläumsjahr "25 Jahre Unesco-Welterbe Gartenreich Dessau-Wörlitz".Der Fürst hatte den Wörlitzer Park ab 1764 schrittweise über Jahrzehnte als ersten Landschaftspark im englischen Stil auf dem europäischen Festland anlegen lassen. Der 17 Meter hohe künstliche Vulkan steht auf der Insel Stein am östlichen Ausläufer des Wörlitzer Sees und zieht jährlich Tausende Besucherinnen und Besucher an.
Die originale Statue des Bergmannes ist noch bis zum 30. November in der Sonderausstellung "Vulkane, Götter, Großsteingräber" im Haus der Fürstin zu sehen.