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Inklusiv lernen: Umfrage unter Lehrern sieht viele Barrieren für Inklusion

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Für eine Inklusion im Klassenzimmer fehlen nach einer Umfrage unter Lehrkräften auch in NRW noch viele Voraussetzungen. Die Zustimmung ist theoretisch groß, bei der praktischen Umsetzung hapert es.

Einen gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen hält einer Umfrage zufolge nicht einmal jede fünfte Lehrkraft in NRW (18 Prozent) "zur Zeit praktisch für sinnvoll". Hingegen findet etwa ein Drittel (32 Prozent) der Lehrerinnen und Lehrer, für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen sei es grundsätzlich sinnvoller, sie in Förderschulen zu unterrichten. Das geht aus einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) hervor.

In Nordrhein-Westfalen waren im Frühjahr rund 520 Lehrerinnen und Lehrer befragt worden. Die größte Gruppe von 43 Prozent der Befragten hält danach eine gemeinsame Unterrichtung zwar "grundsätzlich für sinnvoll", aber unter den derzeitigen Bedingungen sei es doch sinnvoller, wenn Kinder mit Behinderungen in Förderschulen lernen. Die restlichen 7 Prozent antworteten mit "weiß nicht". 

Schulministerin Dorothee Feller (CDU) betonte, das gemeinsame Lernen in Regelschulen und das Unterrichten in Förderschulen seien keine Gegensätze, sondern zwei sich ergänzende Elemente eines inklusiven Bildungssystems. "Beide leisten einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung von Bildungsgerechtigkeit." 

Vieles fehlt für ein funktionierendes inklusives Lernen

Viele befragte Lehrerinnen und Lehrer hätten auf fehlende Voraussetzungen und auf Hürden für ein Gelingen von Inklusion im Klassenzimmer hingewiesen, berichtete die Bildungsgewerkschaft VBE bei Vorstellung der Ergebnisse. Jede fünfte befragte Lehrkraft sagte demnach, dass die Regelschule den erhöhten Förderbedarf von Kindern mit Behinderungen nicht leisten könne. 

Nötig seien aus Sicht der Befragten vor allem mehr sonderpädagogische Expertise und entsprechende Qualifizierungen, bilanzierte die VBE-Landesvorsitzende Anne Deimel. Die Lerngruppen müssten kleiner werden. 

Die wesentlichen Ergebnisse im Einzelnen 

Fehlendes Fachpersonal, unzureichende Ausbildung und zu wenige Schulungen werden nach VBE-Angaben häufig als Defizite genannt. Wegen des Personalmangels reiche oft die Zeit für das soziale Miteinander nicht, damit seien auch die angestrebten sozialen Lernziele nicht zu schaffen, bemängelte der Verband.

Es zeigte sich auch: Im Durchschnitt werden in NRW 21 Schülerinnen und Schüler in Inklusionsklassen unterrichtet, darunter rein rechnerisch 4,5 Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf. Nach Angaben der Gewerkschaft ist das noch etwas ungünstiger als im Bundesschnitt. 

Fast alle (97 Prozent) Befragten wünschen sich eine Doppelbesetzung aus Lehrer und sonderpädagogischer Kraft in inklusiven Klassen. Aber nur zwei Prozent in NRW gaben an, dass sie tatsächlich durchgehend in dieser Doppelbesetzung arbeiten. 69 Prozent sagten, es gebe zeitweise eine Zweier-Besetzung. Weitere 27 Prozent sind nach eigener Aussage immer allein in der inklusiven Klasse. Nahezu die Hälfte der Befragten berichtete, ihre Schule sei überhaupt nicht barrierefrei. 

Unzufriedenheit mit Politik der Landesregierung 

Viele Lehrer fühlten sich alleingelassen mit der herausfordernden Aufgabe, unterstrich VBE-Landeschefin Deimel. Rund 85 Prozent der Befragten äußerten sich unzufrieden mit der Inklusionspolitik des Landes. Für eine Verbesserung mahne die Gewerkschaft auch mehr Doppelbesetzungen und multiprofessionelle Teams an. Zudem müssten moderne Diagnostik und darauf aufbauende Förderung mit passenden Lernmitteln gewährleistet werden.

Schulministerium weist auf massive Investitionen hin 

Ministerin Feller nannte Inklusion ein wichtiges bildungspolitisches Ziel der Landesregierung. "Es geht darum, allen Kindern und Jugendlichen – unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen – den Zugang zu guter Bildung zu ermöglichen." Die Regierung investiere massiv in diesen Bereich - unter anderem mit mehreren Tausend zusätzlichen Stellen für Lehrer und für sozialpädagogische Fachkräfte und hohen Inklusionspauschalen für die Kommunen. 

Die SPD-Opposition monierte, dass es nur in Trippelschritten vorangehe. In den Schulen müssten Kinder mit körperlichen, geistigen oder emotionalen Herausforderungen jederzeit willkommen sein. Die Regierung solle endlich ihren angekündigten Aktionsplan vorlegen, forderte die SPD-Fraktion, die das Thema auch am Mittwoch in die Landtagssitzung tragen will. 

UN-Konvention räumt Recht auf inklusives Lernen ein 

Kinder und Jugendliche mit Behinderungen haben auch in Deutschland seit 2009 das Recht auf inklusive Bildung, also den Anspruch, in Regelschulen zusammen mit nicht behinderten Kindern unterrichtet zu werden. Grundlage ist die UN-Behindertenrechtskonvention, die eine gleichberechtigte Teilhabe anstrebt und Ausgrenzung verhindern will. 

Schüler mit Behinderungen sollen mehr Chancen und Förderung bekommen, ihre nicht behinderten Altersgenossen in ihrem sozialen Lernen profitieren. Ziel ist es, Berührungsängste und Vorurteile abzubauen, Toleranz zu steigern.