Bitcoin: Müssen Gewinne versteuert werden?
Jeden Tag beantwortet ein Experte aus der t-online-Ratgeberredaktion eine Leserfrage rund ums Geld. Heute: Müssen Spekulationsgewinne mit Bitcoin und Co. versteuert werden? Die anhaltende Krypto-Euphorie hat auch viele deutsche Anleger dazu animiert, in Cyberwährungen wie Bitcoin , Ethereum und Co. zu investieren. Wer früh eingestiegen ist, kann sich über überdurchschnittliche Kurssteigerungen freuen – und könnte mögliche Gewinne mitnehmen. Doch zwischen dem Verkauf von börsengehandelten Wertpapieren wie Aktien, Fonds oder ETFs und Kryptowährungen gibt es bei der Besteuerung einen großen Unterschied. Damit Sie nicht versehentlich dem Staat Steuereinnahmen vorenthalten und zum Steuerbetrüger werden, sollten Sie die folgenden Regeln unbedingt beachten. Private Veräußerungsgeschäfte Der Verkauf von Kryptowährungen zählt für Anleger zu einem privaten Veräußerungsgeschäft. Der entsprechende § 23 EStG nennt nur einige Wirtschaftsgüter explizit, die zu Veräußerungsgeschäften gezählt werden. Es muss sich um ein selbstständig bewertbares Wirtschaftsgut handeln, das im Wert steigen kann. Folgende Wertgegenstände werden von der Definition erfasst: Grundstücke und Immobilien (außer selbst genutzte Wohnimmobilien) Wertpapiere (für Anschaffungen vor 2009) Kunstgegenstände Antiquitäten Fahrzeuge (Oldtimer); gesetzliche Ausnahme: Da ein Privat-Pkw zu den Dingen des täglichen Bedarfs gehört, dürfen Sie ihn steuerfrei verkaufen. Schmuck Edelmetalle wie Goldbarren und Silbermünzen Bitcoins und andere Kryptowährungen Fremdwährungen Ein privates Veräußerungsgeschäft liegt vor, wenn ein Wirtschaftsgut des Privatvermögens innerhalb einer bestimmten Frist nach der Anschaffung wieder veräußert wird. Die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gehören zu den sonstigen Einkünften und werden nur innerhalb bestimmter Fristen besteuert. Für Grundstücke beträgt die Frist zwischen Anschaffung und Veräußerung zehn Jahre. Für alle anderen Wirtschaftsgüter gilt eine Frist von einem Jahr. Doch was bedeutet das nun für die Besteuerung von Kryptowährungen? Besteuerung von Bitcoin und Co. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat Bitcoin und Co. wie Edelmetalle als "sonstige Wirtschaftsgüter" eingestuft. Die Regelungen zu privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Einkommensteuergesetz sind damit auch auf Bitcoins anwendbar. Durch ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Februar 2023 (Az. IX R 3/22) ist auch höchstrichterlich geklärt, dass ein Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr zu einem privaten Veräußerungsgewinn oder -verlust führt. Es gilt aber auch: Nach dieser Haltefrist können Sie Bitcoins steuerfrei verkaufen. Allerdings bedeutet das, dass sich ein Veräußerungsverlust nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerlich nicht auswirkt. Solche Verluste können Sie also nicht in der Steuererklärung geltend machen. Freigrenze von 1.000 Euro Wenn Sie Kryptowährungen innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr verkaufen, müssen Sie die Gewinne versteuern – aber erst ab einer Höhe von 1.000 Euro. Das heißt, bei einem Verkauf unterhalb der Freigrenze fallen keine Steuern an. Wird die Schwelle jedoch überschritten, müssen Sie nicht nur den Betrag über 1.000 Euro, sondern den gesamten Gewinn versteuern. Bei einem zusammen veranlagten Ehepaar könnte also jeder Ehepartner einen Gegenstand verkaufen und einen Veräußerungsgewinn steuerfrei einnehmen, wenn dieser unterhalb von 1.000 Euro bleibt. Gut zu wissen: Bei der Berechnung der Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften zählen alle Verkäufe innerhalb eines Jahres, die Sie beispielsweise auch mit Gold , Schmuck oder Antiquitäten gemacht haben. Dokumentationspflicht Die Ermittlung des Gewinns aus dem Verkauf von Kryptowährungen kann kompliziert sein, insbesondere wenn Sie Kryptowährungen an verschiedenen Tagen zu unterschiedlichen Preisen gekauft und/oder zwischenzeitlich mit Verlust verkauft haben. In diesem Fall wird etwa Bitcoin mit dem Durchschnittspreis aller Ihrer Käufe und Verkäufe bewertet. Für steuerliche Zwecke rät "Finanztip", bei jedem Kauf und Verkauf folgende Daten zu dokumentieren: gehandelte Kryptowährung Zeitpunkt des Kaufs oder Verkaufs Anzahl Kurs Transaktionsgebühren Wer häufig mit digitalen Währungen handelt, kommt mit einer Excel-Tabelle schon nach kurzer Zeit an seine Grenzen. Aus diesem Grund sollten Sie "Finanztip" zufolge für Dokumentationszwecke auf Tools wie Cryptotax oder Cointracking zurückgreifen. Einen damit ermittelten Gewinn oder Verlust können Sie dann in ein Steuerprogramm eintragen. Steuererklärungen haben seit 2023 für Kryptowährungen sogar einen eigenen Bereich. In der Anlage SO tragen Sie in den Zeilen 41 bis 46 ein, was Sie verkauft haben (Zeile 42), wann Sie es angeschafft und verkauft haben (Zeile 43), den Verkaufspreis (Zeile 44), die Anschaffungskosten (Zeile 45), die Werbungskosten im Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft (Zeile 46) und den ermittelten Gewinn beziehungsweise Verlust (Zeile 47). Fehlende Kontrolle für Kryptogewinne Finanzämter haben derzeit keine standardmäßige Möglichkeit, Kryptogewinne zu erfassen, was zu einem sogenannten strukturellen Vollzugsdefizit führt. Eine Kontrolle, ob jemand mit Kryptowährungen Gewinne gemacht hat, findet nicht statt. Trotzdem müssen Kryptogewinne versteuert werden, wie mehrere Gerichtsurteile bestätigt haben. Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied, dass ein Mann seinen Gewinn von fast 32.000 Euro aus Kryptohandel versteuern musste. Ein weiterer Fall erreichte den BFH, der die Revision eines Klägers abwies und bestätigte, dass kein strukturelles Vollzugsdefizit vorliegt. In einem Fall vor dem Finanzgericht Köln musste ein Kläger Steuern auf 3,4 Millionen Euro Gewinn aus Kryptodeals zahlen. Das Argument eines Vollzugsdefizits reicht nicht aus, um sich der Besteuerung zu entziehen. Obwohl die Finanzbehörden keinen direkten Zugang zu Krypto-Transaktionen haben, könnten sie Sammelauskunftsersuche an Krypto-Plattformen richten, um Geschäftsaktivitäten zu untersuchen. Darüber hinaus könnten künftige Gesetze die Nachverfolgung von Finanzströmen in Kryptowährungen erleichtern. Kryptowerte-Steuergesetz ab 2025 Eine Initiative in diese Richtung ist das Kryptowerte-Steuertransparenzgesetz (KStTG). Das Gesetz ist eine nationale Umsetzung der DAC8-Richtlinie der EU vom 23. Oktober 2023. Es soll den Finanzämtern den Kampf gegen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung erleichtern – und es Anlegern erschweren, Krypto-Transaktionen vor dem Fiskus zu verbergen. Laut EU-Richtlinie soll das Gesetz am 31. Dezember 2025 in Kraft treten. Deshalb sollten Sie Gewinne aus Veräußerungsgeschäften mit Bitcoin und Co. in Ihrer Steuererklärung angeben. Ansonsten begehen Sie Steuerhinterziehung und riskieren hohe Nachzahlungen und Geldstrafen, im schlimmsten Fall sogar eine Haftstrafe wegen Steuerbetrugs.