ru24.pro
World News
Декабрь
2024
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31

Der General der Osthalle

0

GIESSEN 46ers feiern einen wichtigen 88:85-Sieg der Moral

Von Karsten Zipp.

Simon Krajcovic dreht jubelnd ab, breitet die Arme weit aus und rennt zurück, direkt auf die Stehplätze der Fans zu. Diese antworten mit einem kleinen Jubelorkan. Soeben hat der Spielmacher mit einem wunderbaren Dreier zum 84:77 für seine GIESSEN 46ers getroffen. Zweieinhalb Minuten sind noch zu spielen im wichtigen Heimspiel der 2. Basketball-Bundesliga ProA gegen die Eisbären Bremerhaven. Zweieinhalb lange Minuten, die sich zu einem wahren Krimi entwickeln, ehe nach dem für die Playoff-Qualifikation so wichtigen 88:85-Heimsieg der Mittelhessen ein weiterer Jubelorkan durch die Osthalle fegt.

GIESSEN 46ers – Eisbären Bremerhaven 88:85

Und Krajcovics Dreier ist dabei vielleicht der wichtigste Wurf des Abends. Krajcovic, ausgerechnet Krajcovic ist es, der sich mit seinem einzigen erfolgreichen Wurf zum gefühlten Matchwinner aufschwingt. Sollte es denn einen gefühlten Matchwinner überhaupt geben. Denn der Slowake feiert gegen die Nordlichter ein wahres Blitzcomeback, nachdem seine Handverletzung zuvor befürchten ließ, dass der 30-Jährige seinem Team längere Zeit fehlen könnte.

Doch Pustekuchen. Der Floor General beißt auf die Zähne, läuft mit bandagiertem Handgelenk auf. Der Floor General ist an diesem Abend auch ein General der Moral. Einer, der sich für sein Team aufopfert. Respekt vor diesem Osthallen-General. Respekt eben auch dafür, dass der sichtlich gehandicapte Mann kurz vor Schluss den Drei-Punkte-Wurf nimmt, damit die Halle zum Toben bringt und vielleicht sogar zum letztlich entscheidenden emotionalen Trumpf in diesem Krimi wird. Kleine Momente entscheiden eben manchmal das große Ganze.

“Ich”, erklärt später Branislav Ignjatovic mit einem Schmunzeln, “wollte Simon in den letzten Minuten gar nicht mehr bringen. Aber wir haben heute wieder gesehen, wie wichtig er für die Mannschaft ist.” Doch der Spielfilm dieser gutklassigen Partie beginnt natürlich früher. Beginnt mit einem ersten Viertel, in dem die 46ers so auftreten, als wollen sie die Eisbären mir nichts, dir nichts, von jetzt auf nichts zähmen.

Mit ungeheurem Elan und unbändigem Kampfgeist legen die Hüter der Osthalle los. Nach zwei Minuten und Mladen Vujics sicherem Wurf steht es 7:1. Nach gut sieben Minuten, Viktor Kovacevics Monsterblock und Kevin McClains folgenden Freiwürfen steht es 18:7. Und nach Jonathan Maiers Nachsetzen steht es 22:7. Zur Viertelpause führen die 46ers mit 22:10. Die Eisbären rutschen bislang übers Parkett.

“Da”, schimpft später Gästetrainer Steven Esterkamp, “waren wir gar nicht gut.” “Da”, grantelt aber auch “Frenki” Ignjatovic über seine Mannen, “hätten wir höher führen müssen.” Denn in der Folge schmilzt die Führung so zusammen wie eine Eisscholle im Pool eines Robinson-Clubs. Immer wieder ist es nun Eisbären-Rudelboss Elijah Miller, der einerseits das Gästespiel dirigiert und andererseits wichtige Zähler beisteuert.

Bei Vujics Korbleger zum 35:21 ist die Osthallen-Welt noch strahlend hell. Und verdüstert sich ebenso schnell nach Peter Hemschemeiers und Jakob Biss’ Dreiern zum 29:35 zwei Minuten später. “In den letzten drei Vierteln”, sagt später Esterkampf, “haben wir richtig gut gespielt.” Zwar führt Gießen mit 41:33 zur Pause. Doch Energie, Gefühl und ein heimlicher Blick in die Wahrsagerinnen-Kugel sprechen nun für die Norddeutschen.

Diese liegen nach Carlos Carters Dunking beim 43:46 in Schlagdistanz, haben aber ein paar Probleme. Namhafte Probleme: Denn vor allem der alles überragende Kyle Castlin, der am Ende 28 Punkte sammeln wird, der nimmermüde Kevin McClain (“Kompliment, er hat heute ohne einen einzigen Turnover gespielt”, so Ignjatovic) und der alte Kämpe und Kämpfer Robin Benzing (“Das war heute sein bestes Saisonspiel”) stemmen sich gegen die drohende Niederlage.

Und so wogt ein Spiel, so unkalkulierbar wie eine Tretbootfahrt lahnabwärts nach Wetzlar, bis in die Schlussphase hin und her. Nach den zwei Punkten des starken Hendrik Warner führt Bremerhaven beim 69:67 sieben Minuten vor Schluss erstmals. Aber Benzing und Castlin wenden die wilde Hatz beim 77:75 wieder. Dann folgt der bemerkenswerte Krajkovic-Dreier zum 84:77. Doch Warner bringt die Eisbären 26 Sekunden vor Schluss mit dem 84:86 zurück ins Spiel. Castlin erhöht mit Freiwürfen auf 88:85. Doch erst als der ebenfalls grandiose Kovacevic stark gegen Miller blockt und der letzte Dreier-Wurf der Gäste erst nach der Schlusssirene erfolgt, sind der Sieg und die anschließende Party gesichert.

Auch wenn er nicht Teil der Party war, lobte der Gästetrainer auf der Pressekonferenz: “Das war ein sehr gutes Spiel von beiden Teams. Mit großer Spannung und viel Spaß.”

Gießen: Ziring, Castlin (28), McClain (17), Benzing (13), Maier (7), Figge (2), Müsse, Nyama (2), Kovacevic (8), Vujic (8), Krajcovic (3).

Bremerhaven: Miller (20), Biss (5), Samare (1), Schmitz (2), Carter (9), Breitlauch (4), Hemschemeier (16), Norl (6), Warner (18), Rissetto (4).

Der Beitrag Der General der Osthalle erschien zuerst auf GIESSEN 46ers.