ru24.pro
World News
Декабрь
2024
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31

Syrien: Anführer der HTS-Miliz stürzt Assad - Wer ist er?

0
Die islamistische HTS-Miliz hat in Syrien den Machthaber Assad gestürzt. Ihr Anführer verbrachte Jahre in US-Gefängnissen. Es ist keine zwei Wochen her, seitdem Aleppo kampflos in die Hände der Dschihadisten-Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) fiel. Viele Beobachter waren zunächst überrascht. Nun haben die Rebellen auch die Hauptstadt Damaskus eingenommen und den langjährigen Herrscher Baschar al-Assad abgesetzt. Seit dem Vormarsch der Rebellen macht sich Angst in der Bevölkerung breit – denn die HTS ist eine Nachfolgeorganisation der al-Nusra-Front, einer salafistischen Terrororganisation, auf deren Konto viele Tote im syrischen Bürgerkrieg gehen. Die zahlreichen Minderheiten in Syrien – Kurden, Aleviten, Schiiten und Drusen – sorgen sich wegen der drohenden Herrschaft der Terrormiliz um ihre Sicherheit. Welche Fraktionen in Syrien gegeneinander kämpfen, lesen Sie hier. HTS will Rechte von Minderheiten in Syrien ändern Ein Mann wollte die Wogen allerdings schnellstmöglich glätten. "So Gott will, werden wir als Befreier nach Aleppo einmarschieren", sagte Abu Mohammed al-Dschulani in einem Video, das die HTS kurz vor der Einnahme Aleppos am vergangenen Wochenende über die sozialen Medien verbreitete. Al-Dschulani ist der Chef der HTS, leitete zuvor schon die al-Nusra-Front. Der Islamisten-Chef führte weiter aus: "Wir kommen nach Aleppo, um die Unterdrückung der Menschen zu beenden." Er habe seine Soldaten angewiesen, die Häuser der Einwohner nicht zu betreten und ihre Sicherheit zu gewährleisten. Und tatsächlich: Bislang gibt es keine Berichte über Massaker oder schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen gegen die Zivilbevölkerung. Diese Tatsache wirft ein neues Licht auf al-Dschulani, der den syrischen Diktator Baschar al-Assad als seinen schlimmsten Feind betrachtete. Al-Dschulani soll im US-Foltergefängnis gesessen haben Doch wer ist Abu Mohammed al-Dschulani? Allzu viel ist über den Anführer der HTS nicht bekannt. Sein richtiger Name ist Ahmed al-Scharaa, den er zukünftig wohl wieder führen will. Abu Mohammed al-Dschulani ist lediglich sein Kampfname. In einer Dokumentation des US-amerikanischen Fernsehsenders PBS erzählte er, er sei im Jahr 1982 in Saudi-Arabien geboren worden. Seine Eltern stammten von den Golanhöhen in Syrien, die im Sechstagekrieg 1967 von Israel besetzt wurden. Wegen der Besatzung Israels zog die Familie nach Saudi-Arabien, bevor sie 1989 nach Syrien zurückkehrte. 2003 folgte ein erneuter Umzug. Es ging in den Irak , nach Bagdad . Dort schloss sich Abnu Mohhamed al-Dschulani der Terrororganisation Al-Kaida an und kämpfte gegen die irakischen Truppen, die im Zuge des Zweiten Golfkrieges Teile des Iraks besetzten. Der Kampf al-Dschulani war allerdings nicht erfolgreich: Noch vor dem Ausbruch des irakischen Bürgerkriegs im Jahr 2006 wurde er von den Amerikanern verhaftet. Im PBS-Interview erzählte al-Dschulani, er habe anschließend in verschiedenen US-Gefängnissen im Irak eingesessen, darunter auch dem berüchtigten Foltergefängnis Abu Ghraib. Verifizieren lassen sich seine Aussagen nicht. HTS soll grausam regieren Nach Beginn des syrischen Bürgerkriegs schloss er sich einer dschihadistischen Miliz in der Heimat seiner Eltern an, die später zur al-Nusra-Front wurde – und stieg zum Chef der radikalen Islamisten auf. 2016 brach er mit dem Islamischen Staat und ihrer Vorstellung des globalen Dschihads, um sich auf den Machtkampf um Syrien konzentrieren zu können. Ein Jahr danach entstand aus dem Zusammenschluss fünf islamistischer Milizen die HTS, die Organisation zur Befreiung der Levante, die in der Rebellenhochburg Idlib unter al-Dschulanis Ägide faktisch die Herrschaft übernahm. Dort regierte die HTS unter dem Namen "Syrische Heilsregierung". Der Name ist irreführend – denn mehrere Berichte, darunter in der "Neuen Zürcher Zeitung", werfen den Islamisten vor, politische Gegner und Journalisten zu verhaften, zu foltern und zu töten. Gemäßigte Dschihadisten? Doch seit einigen Jahren versucht al-Dschulani, seiner Gruppe einen gemäßigten Anstrich zu geben. Sorgfältig komponierte Bilder zeigen ihn während des muslimischen Fastenmonats Ramadan mit Waisenkindern. Als die Türkei und Syrien 2023 von einem schweren Erdbeben erschüttert wurden, inszenierte sich al-Dschulani als Retter in der Not, der seinem Volk half und auch Drusen und Christen die Hand reichte. "Sein Bruch mit dem Islamischen Staat und Al-Qaida und der HST ist echt. Sie waren nicht länger Teil dieser Organisationen und es ist jetzt im Wesentlichen achteinhalb Jahre her, dass sie dem globalen Dschihad abgeschworen haben", sagte Aaron Zelin, Senior Fellow am Washington Institute for Near East Policy, dem "Wall Street Journal". Zelin bescheinigt der Truppe ein disziplinierteres Vorgehen, seit sie nicht mehr unter dem Namen al-Nusra-Front fungiert. Ideologisch verfolge die HTS unter al-Dschulani eine Mischung aus Islamismus und Nationalismus, ähnlich der palästinensischen Hamas. Statt unter dem Banner des Islam kämpfen die HTS-Truppen unter der alten syrischen Flagge. Diese Flagge geht auf die Republik zurück, die vor der Revolution der Baath-Partei von 1963 existierte, die schließlich die Familie Assad an die Macht brachte. Den langjährigen Diktator Baschar al-Assad betrachteten die Islamisten als Gegner, den es zu besiegen galt. Das hat Abu Mohammed al-Dschulani in Ansprachen und einer Mitteilung erklärt. Expertin ist nicht vom Wandel überzeugt Ob es der ehemalige Terrorführer mit seiner Wandlung ernst meint, steht nicht fest. Auch die Taliban , deren Ideologie sich mit der der HTS vergleichen lässt, versprachen vor ihrer Machtübernahme im Jahr 2021 eine integrative Regierung und eine stärkere Achtung der Frauenrechte, haben aber seither die Frauen aus dem Berufs- und Bildungswesen verdrängt und sind zu der radikal-islamistischen Regierungsform zurückgekehrt, die sie vor der US-Invasion 2001 etabliert hatten. "Der Wandel von einem kleinen syrischen Dschihadisten im Irak zum Anführer der syrischen Revolution? Ich habe da meine Zweifel", sagte Fabrice Balanche, Syrien-Expertin an der Universität Lyon, dem "Wall Street Journal". "Ja, al-Dschulani ist wahrscheinlich mit dem Alter bürgerlicher geworden und hat vielleicht einen Teil seiner radikalen Ideologie aufgegeben. Aber ich halte es für wahrscheinlicher, dass er 'Taqiya' spielt – also seine wahren Absichten verschleiert."